Start Nachrichten DSAG: Viele Anwender misstrauen SAPs Cloud-Strategie

DSAG: Viele Anwender misstrauen SAPs Cloud-Strategie

Die SAP-Budgets in Deutschland, Österreich und in der Schweiz steigen, wie die SAP-Anwendervereinigung DSAG berichtet. Die Investitionen in SAP S/4HANA legen zu. Bei SAPs Strategie in Sachen Cloud sehen die Anwenderunternehmen allerdings Diskussionsbedarf.

 

DSAG
© Panuwat Dangsungnoen, istockphoto.com

Reserviert: „Die Marktbedingungen sind schwierig und unsicher, und daher ist es nachvollziehbar, dass Unternehmen aktuell eher abwarten. Zu empfehlen ist das allerdings nicht, wenn sie langfristig dem Wettbewerb standhalten wollen.“ So kommentiert der DSAG-Vorstandsvorsitzende Jens Hungershausen eines der wichtigsten Ergebnisse der jährlichen Investitionsumfrage: Der Anteil der Unternehmen, deren IT- und SAP-Investitionsbudgets gleichbleiben oder sinken, ist deutlich gestiegen.

Auch steigende IT- und SAP-Investitionsbudgets verzeichnen die Unternehmen 2024 – allerdings weniger als im vergangenen Jahr. Bei 43 Prozent der befragten Betriebe in Deutschland, Österreich und der Schweiz legt das IT-Gesamtbudget zu. 2023 lag dieser Anteil bei 54 Prozent. Gleich bleibt das Budget bei 36 Prozent (2023: 26 Prozent), bei 18 Prozent sinkt es (2023: 15 Prozent). Bei den Investitionen in SAP steigt bei 46 Prozent der befragten Unternehmen das Budget (2023: 52 Prozent), bei 32 Prozent bleibt es unverändert (2023: 31 Prozent) und bei 19 Prozent sinkt es (2023: 15 Prozent).

An der Investitionsumfrage der DSAG haben im Januar und Februar dieses Jahres 228 CIOs, Leiter von SAP-Kompetenzcentern und SAP-Systemarchitekten teilgenommen. Bei den Branchen dominieren der Maschinen-, Geräte- und Komponentenbau mit 12 Prozent, gefolgt vom öffentlichen Sektor mit 11 Prozent sowie der Chemieindustrie mit 7 Prozent. Die Automobilindustrie sowie die Hightech- und Elektronikindustrie stellen jeweils 6 Prozent der Teilnehmer.

SAP Business Suite kommt am häufigsten zum Einsatz

Quelle: DSAG

Gefragt nach den eingesetzten SAP-Lösungen für Enterprise-Resource-Planning (ERP) liegt nach wie vor SAP ERP beziehungsweise die SAP Business Suite mit 68 Prozent (2023: 79 Prozent) deutlich in Führung vor S/4HANA On-Premises mit 44 Prozent (2023: 41 Prozent). Auch die Investitionen in SAP S/4HANA legen zu. Hohe Investitionen sind hier für 38 Prozent relevant (2023: 28 Prozent), mittlere Investitionen für 32 Prozent (2023: 38 Prozent). „Im Hinblick auf das Wartungsende 2027 und dem dadurch sehr knappen Zeitfenster für eine Migration hatte ich allerdings gerade hier höhere Investitionen erwartet.“, erläutert Hungershausen.

Bei SAP S/4HANA Private Cloud und SAP S/4HANA Public Cloud hat die Akzeptanz insgesamt zugelegt. So setzen 11 Prozent (2023: 8 Prozent) auf SAP S/4HANA Private Cloud und 6 Prozent (2023: 3 Prozent) auf SAP S/4HANA Public Cloud. „Die Cloud-Betriebsmodelle für S/4HANA spielen nach wie vor eine untergeordnete Rolle“, erläutert der DSAG-Vorstandsvorsitzende. „Das überrascht mich nicht, denn beim Wechsel in die Cloud stehen Unternehmen vor zahlreichen Herausforderungen. Eine Rolle spielen sicherlich auch strategische Gründe, wie bereits getätigte Investitionen und Sicherheitsbedenken bei kritischen IT-Infrastrukturen.“

Lediglich 13 Prozent der Befragten loben SAPs Cloud-Pläne

Erstmals haben die Anwendervertreter ihre Mitgliedsunternehmen in diesem Jahr danach gefragt, wie sie die S/4HANA-Cloud-Strategie von SAP beurteilen. Das Ergebnis ist für SAP wenig schmeichelhaft: Lediglich 13 Prozent der Befragten fällen ein positives, knapp die Hälfte ein negatives Urteil. Als positive Aspekte einer Cloud-Migration bewerten die Befragten laut Hungershausen Themen wie eine höhere Standardisierung, mehr Flexibilität und eine höhere Security. Sie möchten allerdings auch als On-Premises-Kunde die strategischen Innovationen in vollem Umfang bekommen.“

Bei dieser Kritik sei zu berücksichtigen, dass die DSAG-Befragung teilweise bereits vor dem Launch des neuen SAP-Programms RISE with SAP Migration & Modernization stattgefunden hat, das Incentive-Maßnahmen beim Wechsel in die Cloud beinhaltet, ordnet Hungershausen die Zahlen ein. Ende Januar 2024 hat SAP mit dem Programm ‚RISE with SAP Migration and Modernization‘ auf die Cloud-Skepsis der Anwender reagiert. Dieses sieht unter anderem vor, bereits geleistete Investitionen anzurechnen. „Transformationen sind umfangreich und in den Unternehmen herrschen oft unterschiedlichste Release-Stände und Ausbaustufen“, erläutert Hungershausen. „SAP muss anerkennen, dass es keinen One-Size-fits-all-Ansatz gibt. Es wird spannend sein zu beobachten, ob sich das Blatt für SAP durch das neue Cloud-Programm wendet.“ Konkret fordern die Anwender qualitativ hochwertige Cloud-Lösungen, die den gestiegenen Anforderungen an Betrieb und Sicherheit gerecht werden und ein funktionales Äquivalent zu bisherigen On-Premises-Lösungen bieten.


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Rise with SAP überzeugt bislang erst wenige Anwender

Nach der Rolle von RISE with SAP für die Unternehmen gefragt, geben 16 Prozent der Befragten an, das sie das Angebot bereits nutzen oder dies planen. Acht Prozent kennen dieses Angebot nach eigener Aussage nicht, 61 Prozent wollen es nicht wahrnehmen. Bereits im DSAG-Investitionsreport von 2022 haben 57 Prozent der Befragten angegeben, dass es eher oder sogar sehr unwahrscheinlich ist, dass sie RISE with SAP in Betracht ziehen. „Viele Unternehmen möchten mit ihren SAP-ERP-Systemen On-Premises bleiben“, berichtet Hungershausen. „Sie sehen aktuell keine Vorteile einer Migration in die Cloud, zudem fehlt teilweise das Vertrauen in SAPs Strategie.“ Als weitere Gründe für die Cloud-Skepsis benennen die Befragten ein ungünstiges Kosten-Nutzen-Verhältnis, erhöhte Testaufwände eingeschränkte Erweiterungsmöglichkeiten sowie die hohe Abhängigkeit von SAP inklusive fehlender Ausstiegs-Möglichkeiten.

Auch das Public-Cloud-Angebot GROW with SAP spielt in der DSAG-Community keine große Rolle. 55 Prozent der Befragten wollen dieses Angebot nicht nutzen. „GROW with SAP“ betrachten unsere Mitglieder eher als ein Angebot für Neukunden, die mit einem Greenfield-Ansatz in die SAP-Welt starten“, erläutert Hungershausen.

Die Business Technology Platform führt die Cloud-Investitionen an

Mit Blick auf die Relevanz von SAP-Cloud-Anwendungen für Investitionen in diesem Jahr liegt die Business Technology Platform mit hohen und mittleren Investitionen von 33 Prozent (2023: 24 Prozent) vor SAP SuccessFactors auf Platz 1. Für SuccessFactors planen 21 Prozent (2023: 17 Prozent) hohe und mittlere Investitionen. Auf Platz 3 folgt SAP Customer Experience mit 12 Prozent (2023: 9 Prozent).

Für die Analyselösungen in der Business Technology Platform planen 34 Prozent der Befragten (2023: 38 Prozent) hohe und mittlere Investitionen. An zweiter Stelle folgen Integrations-Lösungen mit 27 Prozent (2023: 17 Prozent). Für Anwendungsentwicklung und -automatisierung auf der Business Technology Platform fassen 17 Prozent der Befragten (2023: 17 Prozent) hohe und mittlere Investitionen ins Auge.

Cybersecurity dominiert die allgemeinen IT-Ausgaben

Neben den SAP-Themen beschäftigt sich die Umfrage mit der Relevanz von übergreifenden Themen für die Investitionsplanung. Cybersecurity steht hier mit 88 Prozent (2023: 88 Prozent) hoher und mittlerer Relevanz an erster Stelle, gefolgt von der Prozessautomatisierung mit 75 Prozent (2023: 68 Prozent) und der Digitalen Kompetenz 63 Prozent (2023: 50 Prozent). „Die ungebrochen große Bedeutung der Cybersecurity überrascht mich nicht“, erläutert Hungershausen. „Auch durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz werden die Gefahren immer größer. Umso erfreulicher ist es, dass SAP der langjährigen DSAG-Forderung nachgekommen ist und ein SAP-Security-Dashboard vorgestellt hat.“

Das Thema IT-Governance spielt für 56 Prozent der Befragten eine Rolle (2023: 44 Prozent), das Thema Nachhaltigkeit für 51 Prozent (2023: 48 Prozent). Nachhaltigkeit bleibt damit ein wichtiges Thema. „Aus DSAG-Sicht würde sich SAP eher als Nachhaltigkeits-Enabler positionieren, wenn der Green Ledger allen Kunden von SAP S/4HANA zur Verfügung gestellt würde und nicht nur solchen mit einem Rise-Vertrag“, so Hungershausen.

Die Digitale Transformation scheint zu stagnieren

Quelle: DSAG

Auch nach den Fortschritten der Unternehmen in der digitalen Transformation haben die Anwendervertreter gefragt. Hier sind die Unternehmen nicht weitergekommen. Aktuell geben lediglich vier Prozent (2023: 5 Prozent) der Befragten an, bei der digitalen Transformation sehr weit zu sein. Als weit bezeichnen sich 40 Prozent (2023: 39 Prozent). Nicht sehr weit sehen sich 48 Prozent, ein Rückgang um vier Prozentpunkte im Vergleich zum DSAG-Investitionsreport 2023.  Hungershausen hält diesen Befund für problematisch: „Keine Transformation bedeutet Stillstand und einen sich stetig vergrößernden Abstand zu den Wettbewerbern. Wer hier zu lange wartet, der gerät schnell ins Hintertreffen.“

Auch die Relevanz von Künstlicher Intelligenz beleuchtet die Umfrage. Sie hat zugelegt, aber nur leicht: Im Investitionsreport von 2022 planten 12 Prozent der Befragten in Künstliche Intelligenz/Machine-Learning zu investieren. Knapp zwei Jahre später weisen 28 Prozent der Befragten dieser Technologie eine hohe und mittlere Relevanz für ihre IT-Investitionen zu. Für 65 Prozent ist sie nur geringfügig oder gar nicht relevant. Vorteile sehen die Befragten vor allem für die Bereiche IT, Finanzwesen, Service, Beschaffung sowie Vertrieb und Marketing. „Wegen der hohen Dynamik und der damit verbundenen Entwicklung des Marktes agieren viele Unternehmen bei Künstlicher Intelligenz noch zurückhaltend“, ordnet Hungershausen die Zahlen ein. „Hier sind wir als DSAG gemeinsam mit SAP gefordert, Meilensteine für die Orientierung zu setzen.“ Jürgen Frisch