Moderne Enterprise-Content-Management-Systeme bieten alle Funktionalitäten zur effektiven und schnellen Nutzung von Informationen innerhalb eines Unternehmens. Sie geben Übersicht und Kontrolle über alle Unternehmensdaten und das über den gesamten Lebenszyklus eines Geschäftsvorfalles hinweg. Wer eine ERP-Lösung im Einsatz hat, fragt sich, ob die Funktionalität des integrierten ECM-Moduls ausreicht, um eine solche Rundumsicht auf alle Unternehmensdaten zu gewährleisten. Oder ist die Best-of-Breed-ECM-Lösung hier die bessere Wahl?
Digitale Inhalte effizient verwalten – mit Strategie
Enterprise Content Management (ECM) ist ein wichtiger Bestandteil der digitalen Transformation von Unternehmen. Eine gut durchdachte ECM-Strategie ermöglicht es Unternehmen, ihre digitalen Inhalte effizient zu verwalten, Compliance-Anforderungen zu erfüllen, die Zusammenarbeit zu verbessern, die Auffindbarkeit von Inhalten zu erleichtern und den Gesamtwert ihrer digitalen Ressourcen zu maximieren. Angesichts der wachsenden Flut der zu verwaltenden Inhalte und der zunehmenden Komplexität von Content-Management-Aufgaben, wird die Wahl geeigneter Software-Tools immer wichtiger. Best-Of-Breed oder Generalist – wer hat hier die Nase vorn?
ECM spezial: Maßgeschneiderte Lösung vom Profi
Die Ursprünge von ECM-Systemen reichen zurück bis in die 1980er Jahre, als Unternehmen begannen, digitale Dokumente zu erstellen und zu verwalten. Anfänglich waren diese Systeme auf die Verwaltung von Dokumenten und Dateien spezialisiert, und es gab eine Vielzahl von Spezialanbietern, die sich auf bestimmte Aspekte des ECM, wie Dokumentenmanagement, Workflow-Automatisierung oder Records Management, konzentrierten. Im Laufe der Zeit haben sich ECM-Systeme jedoch weiterentwickelt und bieten nun eine Vielzahl von Funktionen und Integrationen, die es Unternehmen ermöglichen, ihre digitalen Inhalte ganzheitlich zu verwalten und zu nutzen: sie sorgen für die rechtssichere, nachvollziehbare Ablage von Dokumenten aus jeglichen Quellen, steuern die Bearbeitung, ermöglichen digitale Prozesse und interagieren mit anderen Lösungen zum Zweck des Datenaustauschs und Datenabgleichs.
Dabei bedienen sie sich verschiedener Methoden, um unstrukturierte bzw. schwachstrukturierte Daten mit strukturieren Daten und den dazugehörigen betriebswirtschaftlichen Anwendungen zu verbinden. Zu den strukturierten Daten gehören beispielsweise Rechnungen, Verträge, Angebote oder Personalakten. Zu schwach strukturierten Daten können sicherlich E-Mails, weitere schriftliche Korrespondenz und Artikel zählen. Aber auch unstrukturierte Daten wie Gesprächsnotizen können eine sehr hohe geschäftliche Relevanz haben. Als bereichsübergreifendes Verwaltungskonzept bildet ECM die gesamten dokumentenbasierten Prozesse eines Unternehmens ab. Dazu gehören die umfassende Verwaltung, Archivierung und Bearbeitung sämtlicher Unternehmensinformationen. Da diese Unternehmensinformationen einem stetigen Wachstum unterliegen, werden zusätzliche Komponenten wie z. B. ein Workflow- und Input-Management eingesetzt, um dieses „unkontrollierte“ Informationswachstum wieder beherrschbar zu machen.
Das Allround-Talent: ERP mit integriertem ECM-Modul
ERP (Enterprise Resource Planning)-Systeme unterstützen Unternehmen dabei, ihre Geschäftsprozesse zu automatisieren und zu verwalten. Es handelt sich um eine integrierte Suite von Anwendungen, die in der Regel verschiedene betriebliche Bereiche wie Finanzen, Buchhaltung, Vertrieb, Einkauf, Lagerhaltung, Produktion, Personalwesen und viele andere abdecken.
Im Gegensatz zu einem ECM verwaltet ein ERP-System vorwiegend strukturierte Daten. Daten also, die in Feldern innerhalb von entsprechenden Tabellen einer Datenbank gespeichert sind. Diese werden zentral verwaltet und bereichsübergreifend bereitgestellt. Geschäftliche Abläufe können damit überblickt, kontrolliert und koordiniert werden. So lassen sich recht schnell über integrierte Reporting-Tools Geschäftsberichte erstellen, die entsprechend zu weiteren Analysen herangezogen werden können. Über integrierte ECM-Funktionalitäten können auch Dokumente, wie z. B. Lieferscheine, Angebote und Rechnungsbelege, mit einem ERP verwaltet werden.
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ECM vs. ERP – wer macht das Rennen?
Grundsätzlich können sowohl ERP- als auch ECM-Lösungen zum IT-technischen Kern von Digitalisierungsstrategien/-Projekten in Unternehmen gerechnet werden. Beides sind Lösungen, die unternehmensweit Daten / Inhalte und Prozesse verwalten bzw. steuern können. Ein wesentlicher Unterschied besteht darin, dass im Zentrum des ERP-Systems die Auftragsabwicklung steht, während ein ECM-System den gesamten Lebenszyklus von Dokumenten im weitesten Sinne verwaltet.
Unabhängig von individuellen Anforderungen des Unternehmens, das die Umsetzung einer ECM-Strategie plant, gibt es einige „allgemeingültige“ Argumente, die bei der Abwägung zwischen „Best of Breed“ oder „ERP-Modul“ (bzw. auch „Best of Suite“) immer wieder zitiert werden: so z. B. die Reduzierung von Schnittstellen bei Nutzung des ERP-Moduls gegenüber der tieferen ECM-spezifischen Funktionalität bei der Spezialsoftware. Allerdings ist insbesondere das letztere Argument längst nicht mehr das scharfe Schwert, das es einmal war, denn die ERP-Anbieter rüsten ihre ECM-Module stetig weiter auf und bieten mittlerweile zumindest in einigen Bereichen eine vergleichbare Funktionstiefe.
Um sich weiterhin als eigenständige Anwendungsdomäne behaupten zu können, ziehen die ECM-Lösungen nach – bzw. vor: Moderne ECM-Lösungen können weit mehr sein als nur ein digitales Archiv. Viele dieser Lösungen, die mittlerweile auch unter der Bezeichnung EIM (Enterprise Information Management) beziehungsweise CSP (Content Services Plattformen) laufen, verwalten Dokumente oder Content nicht nur einfach, sondern können komplette Geschäftsprozesse digital abbilden. Integrierte Module von ERP-Lösungen konzentrieren sich hauptsächlich und meist auch ausschließlich auf die Automatisierung der in einem ERP abgebildeten Geschäftsprozesse.
Fazit:
Klar ist, „Best-of-Breed-ECM“ ist nicht das Maß der Dinge: tatsächlich gibt es keinen Königsweg bei der Wahl des Lösungsansatzes für die Verwaltung digitaler Inhalte. Zu verschieden sind die einzelnen Unternehmen, deren Strukturen und nicht zuletzt deren Anforderungen. Und der überaus vielfältige und damit auch nicht gerade transparente Markt tut sein Übriges. Die Entscheidung für ein ECM-System oder doch eher ein integriertes Modul ist darum immer eine sehr individuelle. Und spätestens ab hier ist der Blick auf die eine passende Lösung nachhaltig verstellt.
Darum ist es hilfreich, im Vorfeld nicht nur die notwendigen Anforderungen zu definieren, sondern auch die eigene Infrastruktur und die eigenen Arbeitsprozesse kritisch unter die Lupe zu nehmen.
Der Autor
Marc Müller ist Senior Consultant und Leiter des Competence Centers ECM/DMS bei der Trovarit AG.