Tradition trifft Transformation: Braun Büffel, ein Familienunternehmen aus der Lederwarenbranche, digitalisiert nicht nur den Verkauf, sondern auch Service und Produktentwicklung – mit D2C, KI und einem B2B-Portal. Ein Werkstattbericht über Mut, Herausforderungen und neue digitale Wege im Mittelstand.

Seit über 137 Jahren steht Braun Büffel für feines Leder, handwerkliche Qualität und zeitloses Design. Doch die digitale Transformation im Mittelstand fordert uns heraus: Wie bewahren wir unser Erbe – und öffnen uns gleichzeitig neuen, digitalen Wegen? Wie bleibt der stationäre Fachhandel stark, wenn wir direkt an unsere Kunden verkaufen wollen (Direct-to-Consumer-Ansatz – D2C)?
Vom stationären Handel zur digitalen Black Box
Jahrzehntelang verkauften wir erfolgreich über den stationären Handel. Doch die Regalflächen schrumpften, die Kunden wechselten ins Netz – wir mussten umdenken. Die größte Hürde war unser erster Online-Shop: technisch starr, kaum erweiterbar, unfähig, schnell auf Wünsche zu reagieren oder Neues zu testen. Deshalb wagten wir 2020 den Neustart – zunächst mit Magento, ab 2024 mit Shopify. Unser Ziel: mehr Tempo, mehr Flexibilität, direkter Draht zum Kunden. Der neue Shop sollte mit ERP, Logistik und Produktdatenbank nahtlos zusammenspielen – ein Umbau, der uns intern viel abverlangte. Heute setzen wir neue Funktionen wie Farbvergleich oder Live-Chat in wenigen Tagen um. Früher brauchten wir dafür Wochen.
Aus der Black Box wird Kundenwissen
Der direkte Draht zum Kunden verändert alles: Dank unseres D2C-Ansatzes wissen wir genau, was unsere Kunden suchen, kaufen und zurückschicken. Diese Daten helfen uns täglich, das Sortiment zu verbessern und neue Produkte zu entwickeln. So entstand zum Beispiel unsere Handschuhkollektion – angestoßen durch häufige Suchanfragen im Shop. Direktes Feedback macht auch mutige Ideen möglich. Etwa unsere Gamer-Kooperation: Hochwertige, funktionale Rucksäcke, entwickelt mit dem E-Sport-Team SK Gaming. Noch vor wenigen Jahren hätten wir diese Zielgruppe nicht einmal wahrgenommen.
Neue Zielgruppen gewinnen – direkt, digital, persönlich

Um junge Menschen zu erreichen, die viel online sind, setzen wir nicht nur auf neue Produkte. Wir sprechen sie auch auf neuen Wegen an – zum Beispiel über WhatsApp. Der direkte Austausch per Messenger schafft Nähe. Dazu kommt der Einsatz künstlicher Intelligenz: Unsere KI hilft uns, passende Inhalte zu erstellen, das Sortiment zu verbessern und bald auch im Online-Shop individuell zu beraten. Die Texte für Shop und Newsletter entstehen zu einem großen Teil automatisch, mit abschließender menschlicher Endredaktion – in gleichbleibender Qualität und mit wenig Aufwand. Zugleich beantwortet ein KI-gestützter Chatbot einfache Fragen. Dabei achten wir bewusst auf eine klare Rollenverteilung: Die KI unterstützt uns in der Effizienz und Datenanalyse, während kreative Entscheidungen, Textfreigaben und persönliche Kommunikation stets durch Menschen erfolgen. Auch Datenschutz und Transparenz sind uns wichtig – insbesondere beim Einsatz KI-basierter Tools im Kundenkontakt. So wird unser Kundenservice schneller und besser.
Erfolgsfaktoren für die digitale Transformation im Mittelstand
Aus der eigenen Erfahrung heraus hat Braun Büffel fünf zentrale Erfolgsfaktoren identifiziert, die anderen Mittelständlern den Einstieg in die Digitalisierung erleichtern können. Am Anfang steht eine ehrliche Analyse: Nur wer weiß, wo die Stärken und Schwächen liegen, kann gezielt handeln. Ebenso wichtig ist es, alle Beteiligten ins Boot zu holen – denn Digitalisierung ist Teamarbeit. Ohne offene Kommunikation und eine gemeinsame Ausrichtung drohen Reibungsverluste.
Ein weiterer Erfolgsfaktor liegt in der klaren Priorisierung: Statt jedem Trend hinterherzulaufen, sollte man in das investieren, was dem Kunden tatsächlich nützt. Braun Büffel setzt dabei auf flexible, aber gezielte Entwicklungen. Gleichzeitig gehört auch der Mut dazu, neue Wege zu gehen. Nicht immer sind Standardlösungen der beste Weg – vielmehr lohnt es sich, eigene Ideen zu testen und kontinuierlich weiterzuentwickeln.
Schließlich zeigt die Erfahrung: Starke Partner sind entscheidend. Ob in der Technologie, im E-Commerce oder in der Beratung – ohne verlässliche Mitspieler wird der Wandel unnötig kompliziert. Für Braun Büffel war beispielsweise der Wechsel zu Shopify Plus ein echter Beschleuniger.
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Ab sofort heißt es wieder: Wie zufrieden sind Unternehmen mit ihrer CRM-Software? Welche Potenziale schöpfen sie aus dem Einsatz? Und wie gut sind sie auf kommende Herausforderungen vorbereitet? Die CRM-Anwenderstudie „CRM in der Praxis“ ist in die 7. Runde gestartet.
Typische Stolperfallen – und wie man sie vermeidet
Im Laufe der digitalen Transformation im Mittelstand ist Braun Büffel auf zahlreiche Hürden gestoßen, die auch anderen Unternehmen vertraut vorkommen dürften. Eine der größten ist der Anspruch auf Perfektion. Wer wartet, bis alles zu 100 Prozent ausgereift ist, riskiert den Stillstand. Besser ist es, mit einem Minimum Viable Product (MVP) zu starten und schrittweise zu verbessern.
Auch mangelnde Abstimmung im Unternehmen kann den Wandel ausbremsen. Gute Ideen entfalten ihre Wirkung nur dann, wenn sie von der gesamten Organisation getragen werden – vom Management bis zu den Mitarbeitenden. Technische Herausforderungen wie nicht miteinander kompatible Systeme oder fehlende Schnittstellen sind ebenfalls häufige Ursachen für Frust.
Ein weiteres Hindernis ist das Silodenken: Wer nur auf die eigene Abteilung schaut, verliert leicht die Perspektive für den Kunden und dessen gesamte Reise. Die Usability darf bei aller Technik nicht in den Hintergrund geraten – sonst verliert man Nutzer trotz ausgefeilter Funktionen.
Last but not least: Daten sind der Schlüssel. Ohne Erkenntnisse über das Verhalten und die Bedürfnisse der Zielgruppe entstehen schnell Maßnahmen, die ins Leere laufen – oder Produkte, die niemand wirklich braucht.
Digitale Transformation im Mittelstand: B2B als strategischer Wachstumspfad
Unsere B2B-Strategie verbindet die Stärken des Fachhandels mit den Chancen der Digitalisierung. Wir arbeiten bereits am offiziellen B2B-Shop, ausgewählte Partner testen bereits die Vorabversion unseres Händlerportals. Es bietet Produktverfügbarkeiten, Marketingmaterialien, Schulungen, ein Händlerforum – und exklusive Einblicke in unser D2C-Geschäft. Ziel ist es, den Fachhandel mit klaren, datenbasierten Informationen zu versorgen, damit er sein Sortiment besser planen kann.
Parallel bauen wir unser B2B-Angebot aus: Taschen und Accessoires mit individuellem Branding – maßgeschneidert für die Bedürfnisse unserer Kooperationspartner, etwa bekannte Automarken, Fluggesellschaften, Hotels und Luxusmarken. Der vollständige Start des Händlerportals ist für Anfang 2026 geplant.
Digitale Transformation heißt nicht, Traditionen aufzugeben
Wir kommen aus dem Lederhandwerk – und zeigen das. Mit unserem Motto „Leather Goods with a Story“ erzählen wir die Herkunft jedes Stücks: vom ersten Schnitt bis zur letzten Naht. Und jedes Stück schreibt seine eigene Geschichte im Leben des Kunden. Deshalb gehört für uns ein lebenslanger Reparaturservice dazu. Denn Fortschritt heißt für uns: „Bewährtes bewahren und Neues wagen“. Digitale Transformation bedeutet daher nicht, unsere Wurzeln zu kappen.
Der Autor

Artur Wagner ist Chief Digital Officer bei Braun Büffel.