Autonomes Fahren, Empfehlungs-Algorithmen auf Websites, Gesichtserkennung, Smart Home: Die rasante Entwicklung der künstlichen Intelligenz (KI) transformiert nicht nur unseren Alltag, sondern wirft auch eine Vielzahl von rechtlichen Fragen auf – gerade mit Blick auf das Patentrecht.
Unternehmen setzen Künstliche Intelligenz nicht nur verstärkt bei der Erstellung von Inhalten ein (Stichwort ChatGPT), sondern auch im Bereich von Forschung und Entwicklung. Doch können Firmen ein Patent auf KI-generierte Erfindungen anmelden? Wie kann ich diese sonst noch schützen? Welche rechtlichen Risiken ergeben sich beim KI-Einsatz?
Wie können durch KI generierte Erfindungen geschützt werden?
KI-basierte Systeme sind in der Lage, potenzielle Erfindungen zu generieren. Das Europäische Patentamt hat klargestellt, dass die KI selbst nicht als Erfinder gilt, KI-generierte Erfindungen aber sehr wohl patentierbar sind. Auch kann eine KI in bestimmten Fällen selbst zum Patent angemeldet werden. Allerdings sind die Hürden hierfür sehr hoch: Eine KI-Erfindung kann beim Europäischen Patentamt und auch beim Deutschen Patent- und Markenamt nur dann patentiert werden, wenn durch die Erfindung ein technisches Problem mit technischen Mitteln gelöst wird. Dies ist ebenso bei der Rechtsdurchsetzung und den zugehörigen Bestandsverfahren vor dem Bundespatentgericht und dem neuen einheitlichen Patentgericht von hoher Relevanz. Damit soll verhindert werden, dass allgemeine Algorithmen, Geschäftsmethoden und sonstige rein gedankliche Tätigkeiten durch Patente monopolisiert werden.
Doch KI ist eine Basistechnologie, die in allen möglichen Domänen verwendet werden kann. Ob also eine technische Lösung für ein technisches Problem vorliegt, ist bei KI-Erfindungen entsprechend schwierig festzustellen. Zum Beispiel kann KI auch zur Vorhersage von Aktienkursen eingesetzt werden, was nicht als technisches Problem anerkannt ist. An der Frage, ob ein technisches Problem vorliegt, scheiden sich mitunter die Geister. Umso wichtiger ist es, hier einen technisch versierten Patentanwalt ins Boot zu holen, der diese Frage beantworten und seine Einschätzung auch vor dem Patentamt und dem Patentgericht glaubwürdig und kompetent vertreten kann.
Keine Chance auf Patentanmeldung – und was nun?
Erfindungen mit Bezug zur KI, die nicht für eine Patentanmeldung taugen, können natürlich dennoch aus Sicht des Unternehmens äußerst schützenswert sein. Patent- und Rechtsanwälte prüfen dann gemeinsam mit ihren Mandanten wirksame Alternativen – etwa im Urheber- oder Wettbewerbsrecht. Alternativ können Unternehmen ihre KI-generierten Erfindungen auch durch Geheimhaltung schützen, wodurch dem Wettbewerb eine Nachahmung von Teilen des Verfahrens schwer gemacht wird. Eine weitere Möglichkeit, ein registriertes Schutzrecht zu erhalten, ist das Gebrauchsmuster. Der Prüfungsprozess ist deutlich kürzer, allerdings können Verfahren – anders als Produkte – durch ein Gebrauchsmuster nicht geschützt werden.
Kann KI selbst kopiert werden – und wie gefährlich ist das?
Unternehmen sollten den Schutz ihres geistigen Eigentums beim KI-Einsatz nicht auf die leichte Schulter nehmen. Das gilt vor allem für KI-Erfindungen. Das Kopieren von KI, sei es von Algorithmen oder Modellen, birgt weitreichende Risiken. Plagiate im Bereich der KI sind prinzipiell möglich, auch wenn der Aufwand, KI-Algorithmen nachzubauen, groß ist. Trotzdem ist anzunehmen, dass auch solche Betriebsgeheimnisse in Einzelfällen kopiert werden.
Somit besteht aber auch die Möglichkeit eines immensen wirtschaftlichen Schadens, da für das Erstellen funktionierender KI-Modelle große Investitionen notwendig sind. Im schlimmsten Fall kann ein KI-Plagiat gar zu Lasten der Allgemeinheit gehen – etwa beim autonomen Fahren: Nehmen wir einmal an, die Algorithmen der KI sind nicht gut trainiert. Dann wäre es beispielsweise nicht ausgeschlossen, dass der Roboter das Fahrzeug irgendwohin steuert, wo es definitiv nichts zu suchen hat und sogar Schaden anrichten kann. Hier stellt sich dann die Haftungsfrage – ein kompliziertes Themenfeld, das mit Blick auf die KI noch in den Kinderschuhen steckt.
Was müssen Unternehmen also bei der Nutzung von KI beachten?
Die Integration von KI in geschäftliche Prozesse birgt immense Potenziale. Damit sich am Ende die eigenen Anstrengungen im Einsatz von KI auch auszahlen, sollten sich Unternehmen jetzt unbedingt auch mit dem Schutz ihres geistigen Eigentums befassen, sei es mit dem patentrechtlichen Schutz der KI selbst oder der von der KI generierten Erfindungen. Die Kommerzialisierung von Software-Erfindungen setzt meist erst viele Jahre nach ihrer Entwicklung ein. Zu Patentstreitigkeiten kommt es derzeit im Bereich der KI also noch recht selten – dies wird sich aber sicherlich ändern. Erste Fälle sehen wir bereits. Daher sollten vor allem solche Unternehmen, die KI verstärkt und im F&E-Bereich einsetzen, gemeinsam mit geschulten Patentanwälten, eine entsprechende Schutzstrategie entwickeln.
Der Autor
Florian Meyer ist Partner und Patentanwalt bei der IP-Kanzlei Meissner Bolte.