Start Ratgeber IT-Fachkräftemangel: Wie Unternehmen IT-Talente gewinnen

IT-Fachkräftemangel: Wie Unternehmen IT-Talente gewinnen

149.000 unbesetzte IT-Stellen – und die Zahl wächst weiter. Können Unternehmen sich das leisten? Der IT-Fachkräftemangel ist keine Zukunftsprognose mehr – er ist Realität. Unternehmen können aus dieser Erfahrung lernen und die Erkenntnisse dazu nutzen, Talente für sich zu gewinnen.

IT-Fachkräftemangel
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Digitalisierung, Industrie 4.0 und Digitale Transformation sind weiterhin die vorherrschenden Themen über alle Branchen hinweg. IT-Experten sind entsprechend gefragt – mit Blick auf die wachsende Anzahl an Software-Lösungen und den Trend der Künstlichen Intelligenz wird die Nachfrage in Zukunft weiter zunehmen. Doch im IT-Bereich deutscher Unternehmen fehlen rund 149.000 Experten (Studie Bitkom 2023) – das verschärft den Wettstreit um IT-Fachkräfte weiter.

Auf dem Arbeitsmarkt bedeutet das, dass IT-Experten häufig die Wahl haben zwischen verschiedenen Jobangeboten und sich in einer guten Verhandlungsposition befinden.  Das gibt dieser Berufsgruppe die Möglichkeit, genau zu benennen, wie sie sich einen guten Arbeitsplatz vorstellen. Wenn Unternehmen also ITler für sich gewinnen wollen, sollten sie deren Bedürfnisse kennen – und erfüllen.

In der Realität ist jedoch zu beobachten, dass Unternehmen an ihren Gewohnheiten festhalten, statt auf den IT-Fachkräftemangel zu reagieren. Dabei war der jahrelange IT-Fachkräftemangel  doch sehr lehrreich: Wir wissen genau, mit wem wir es zu tun haben und was IT-Fachkräfte sich wünschen. Die Konsequenz daraus lautet: Unternehmen müssen die Attraktivität ihrer Jobangebote hinterfragen, sich ehrlich mit der Konkurrenz vergleichen und die Stellen den Marktverhältnissen anpassen.

IT-Fachkräftemangel: Diese sieben Gründe schrecken IT-Talente ab

Zwischen dem, was IT-Fachkräfte wollen und dem, was ihnen der Arbeitsmarkt anbietet, liegt häufig eine große Kluft. Durch erfolgreiche und auch nicht erfolgreiche Jobgespräche können HRler viel lernen und für künftige Stellenangebote mitnehmen. Schaut man sich die Zielgruppe an, finden sich viele Parallelen und Grundbedürfnisse, die man als Unternehmen berücksichtigen kann. Hier die häufigsten Gründe, warum IT-Fachkräfte sich gegen bestimmte Arbeitgeber entscheiden:

1. Mangel an Flexibilität: New Work ist heute für viele Menschen ein Thema – gerade bei IT-Fachkräften sind zum Beispiel Remote-Verträge sehr beliebt. Das liegt daran, dass viele Aufgaben problemlos digital gelöst werden können. Ein Umzug für einen neuen Arbeitgeber stellt einen großen Eingriff ins Privatleben dar, der aus Sicht der Zielgruppe nicht notwendig ist. IT-Fachkräfte schätzen außerdem möglichst flexible Arbeitszeiten. Unternehmen, die enge Gleitzeitmodelle und starre Kernarbeitszeiten sowie kaum Home-Office-Optionen anbieten, wirken wenig attraktiv.

2. Lange und undurchsichtige Bewerbungsprozesse: Ein langsamer, ineffizienter und wenig persönlicher Recruitingprozess kann abschreckend sein. Digitale Lösungen, die reibungslos funktionieren, sind essenziell – wenn es hier schon technische Schwierigkeiten gibt, wirkt das wenig anziehend. IT-Fachkräfte bevorzugen schnelle, transparente Abläufe mit klarer Kommunikation und zeitnahen Rückmeldungen.

3. Unzureichende Vergütung und Zusatzleistungen: Ein faires Gehalt ist eine Grundvoraussetzung, keine Sonderleistung. In einem Markt mit großer Nachfrage, erklärt sich das von selbst – auch sollten Unternehmen berücksichtigen, was eine unbesetzte Stelle an Kosten verursacht. Neben dem Gehalt spielen Benefits wie Boni, Gesundheitsprogramme, Weiterbildungsbudgets und moderne Arbeitsgeräte eine wichtige Rolle. Vor allem letzteres ist bei technikaffinen Menschen nicht zu vernachlässigen. Wer hier spart, verliert potenzielle IT-Talente.

4. Fehlende Entwicklungsperspektiven: Die Welt wird jeden Tag etwas digitaler, neue Technologien verändern regelmäßig unsere Arbeitswelt. Kontinuierliche Weiterbildung und der Erwerb neuer technologischer Kenntnisse sind für IT-Fachkräfte daher essenziell – sie müssen immer auf dem neusten Stand sein, um ihre Aufgaben gut erfüllen zu können. Unternehmen ohne klare Karrierepfade oder Weiterbildungsangebote verlieren schnell an Attraktivität – und schaden sich selbst.

5. Langweilige Projekte: Wir leben in einer technologisch ereignisreichen Zeit. IT-Experten möchten an innovativen und anspruchsvollen Projekten arbeiten, um Teil dieser Entwicklung zu sein und sich beruflich weiterzuentwickeln. Fehlen solche Projekte, wenden sie sich Arbeitgebern zu, die diese Möglichkeiten bieten.

6. Geringe Innovationsbereitschaft: Technologieaffine IT-Fachkräfte bevorzugen Unternehmen, die moderne Technologien und Arbeitsweisen fördern. Arbeitgeber, die an veralteten Prozessen und Technologien festhalten, wirken wenig attraktiv.

7. Schwache Unternehmenskultur: Jeder Mitarbeitende schätzt eine unterstützende und wertschätzende Unternehmenskultur – für viele IT-Experten ist das essenziell. Sie legen großen Wert auf ein positives Arbeitsklima, gute Teamarbeit und respektvolle Kommunikation. Unternehmen mit fehlender Kultur haben es schwer, Talente zu binden.

IT-Fachkräftemangel überwinden – Tipps für ein attraktives Recruiting

Mit diesem Wissen können Unternehmen entsprechende Maßnahmen ergreifen, um ihre Attraktivität für IT-Fachkräfte deutlich zu steigern und somit erfolgreicher im Wettbewerb um die besten Talente sein.

Jobangebot vs. Stellenanzeige: Schaut ein Talent sich auf dem Arbeitsmarkt um, begegnen ihm zahlreiche Stellenanzeigen, die sich wie ein Anforderungskatalog an den perfekten Mitarbeitenden lesen. Das entmutigt und ist wenig einladend. Auf einem Arbeitnehmermarkt sind es zunächst die Unternehmen, die sich bei den Fachkräften bewerben – das sollte sich auch im Jobangebot spiegeln. Das Unternehmen sollte sich, seine Werte und seine Benefits vorstellen und übermitteln, warum es sich für ein Talent lohnt, Teil genau dieses Teams zu werden – auch echte Transparenz bei Gehalt und Arbeitsbedingungen sind wichtig.

Moderner Bewerbungsprozess: Ein Unternehmen sollte jeden Schritt seines Bewerbungsprozesses genau analysieren und abwägen, ob er erstens notwendig ist und zweitens reibungslos funktioniert. Der Prozess ist die erste Begegnung mit der Arbeitsweise des Unternehmens. Treten hier Wartezeiten, Missverständnisse oder technische Fehler auf, steht das repräsentativ für die zukünftigen Erfahrungen im Unternehmen. Das heißt: Ein möglichst schlanker, digitaler Ablauf mit kurzen Wartezeiten, klarer Kommunikation und einem wertschätzenden Umgang begeistert Fachkräfte.

Einsatz von HR-Software: Bei der Ansprache von IT-Fachkräften, einer technologisch interessierten und offenen Zielgruppe, ist der Einsatz von HR-Software sinnvoll. Beispielsweise hilft datengetriebenes Recruiting dabei, passende Kandidaten zu identifizieren. Active Sourcing ermöglicht eine individuelle und persönliche Ansprache und ChatBots gewährleisten eine 24h-Erreichbarkeit, wenn es um Fragen zur Stelle geht. HR-Tools entlasten die Personalabteilung und helfen gleichzeitig dabei, die Qualität der Bewerber zu gewährleisten und eine positive Candidate Journey zu schaffen.


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Artikel
HR-Software: Best-of-Breed oder Generalist
Welche Lösung passt zu Ihrem Unternehmen?
Autor: Berthold Lütticke und Nathalie Weng, Trovarit AG
Erschienen: 2024-10-23
Schlagworte: All-in-One-Lösung, Auswahlberatung, Best of Breed, Human Resource Management (HR), Software-Auswahl
Die Auswahl der richtigen Softwarelösung für das Human Resource Management (HRM) gehört zu den zentralen strategischen Entscheidungen, denen Unternehmen heute gegenüberstehen. Dabei stellt sich häufig die Frage, ob spezialisierte Best-of-Breed-Softwarelösungen, die auf bestimmte HR-Prozesse fokussiert sind, die beste Wahl sind, oder ob die umfassendere Funktionalität eines integrierten ERPSystems ausreicht.
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Employer Branding und Unternehmenskultur: Um sich gegenüber der Konkurrenz abzugrenzen, muss ein Unternehmen seine USPs kennen – das gilt nicht nur im wirtschaftlichen Wettbewerbsumfeld, sondern auch auf dem Arbeitsmarkt. Die authentische Außendarstellung einer gelebten Unternehmenskultur ist heute unverzichtbar – die Kandidaten möchten wissen, mit wem sie in Zukunft zusammenarbeiten, wie die Stimmung ist und ob die Unternehmenskultur zu den eigenen Erwartungen passt.

Mitarbeiterzufriedenheit: Doch Employer Branding darf kein Mittel zum Zweck sein – wenn eine Kultur nicht von innen heraus gelebt wird, fliegt das schnell auf. Es ist eklatant wichtig, die eigenen Mitarbeitenden hier einzubeziehen. Verliert man die Belegschaft aus den Augen, trägt sich das schnell nach außen – sei es über Social Media, Bewertungsportale oder einfach, weil man sich in der Branche kennt. Zufriedene Mitarbeitende sind treue und leistungsstärkere Mitarbeitende und gute Botschafter, wenn es ums Recruiting geht.

Fazit – Arbeitgeber müssen Recruiting anpassen

IT-Fachkräfte machen kein Geheimnis aus dem, was sie von einem Arbeitgeber erwarten. Es wird Zeit, dass Unternehmen diese Bedürfnisse ernst nehmen und ihr Recruiting und ihre Angebote danach ausrichten, um dem IT-Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Die Anforderungen der Talente als überzogen abzutun oder gar eine Haltung wie „Das machen wir schon immer so“ kann Unternehmen schaden. Denn dieses Problem lässt sich nicht aussitzen: Die Zukunft ist digital und IT-Fachkräfte werden immer entscheidender für den Unternehmenserfolg.


Die Autorin

Stephanie Krüger ist Head of Talent Acquisition bei HRtbeat.