Lizenzbedingungen, Vertragsgestaltung, Lock-In-Gefahren, individuelle Anforderungen und der Datenschutz: Wer diese Punkte bei der Wahl des Cloud-Providers nicht beachtet, tappt schnell in die Kostenfalle, warnt die Cloud-Anbieter-Vereinigung CISPE.
Die Migration von Anwendungen in die Cloud bringt viele Vorteile. Versteckte Kosten und manch eigenwillige Lizenzpraxis der Anbieter können allerdings schnell ins Geld gehen. Unternehmen sollten bei der Wahl ihres Cloud-Dienstleisters dementsprechend auch die weniger offensichtlichen strategischen Kostenfaktoren berücksichtigen, rät CISPE, eine Vereinigung von Cloud-Infrastruktur-Anbietern in Europa.
Aufgrund geringen Wettbewerbs in ihren angestammten Märkten konnten einzelne Anbieter vertragliche, finanzielle und technische Umstände schaffen, die den Wechsel zu alternativen Anbietern in der Cloud erschweren. Fünf Beispiele verdeutlichen, worauf Unternehmen bei der Cloud-Transformation achten sollten:
1. Unklar formulierte Lizenzbestimmungen
Der Umzug in die Cloud verursacht Kosten – das überrascht nicht. Das gilt nicht nur, wenn es um die eigentliche Migration geht. Auch die laufenden Kosten für Dienste und Lizenzen summieren sich. Macht der Cloud-Anbieter die Lizenzbestimmungen transparent und kommuniziert er sie verständlich, sollten Unternehmen hier stets den Überblick behalten. Die Komplexität der Lizenzmodelle bestimmter Cloud-Dienstleister macht es unter Umständen schwer, die Kosten zu kalkulieren. Immerhin fallen Gebühren an, sobald die Bestimmungen nicht eingehalten werden.
2. Lock-in-Fallen
Lock-in-Fallen können die Wahlfreiheit eines Kunden beschneiden. Wer etwa heute ein Office-Dokument erstellt oder mit Windows arbeitet, kommt oftmals an der Microsoft-Cloud-Lösung OneDrive nicht vorbei. Dahinter steckt die Strategie, Anwendern weitverbreiteter Produkte eine zusätzliche Lösung anzubieten, die sie zunächst für nur geringe Zusatzkosten mitbenutzen können. Diese Taktik führt jedoch dazu, dass viele Unternehmen bessere und langfristig günstigere Lösungen gar nicht erst in Erwägung ziehen. Was zunächst als nützliches Zusatzangebot gilt, kann schnell die Freiheit und Flexibilität der Unternehmen einschränken.
3. Knebel-Verträge
Eine weitere Taktik, um Unternehmen an die eigene Cloud zu binden, ist der Ausschluss von anderen Anbietern in Kombination mit günstigen Einstiegskonditionen. So verspricht beispielsweise Microsoft seinen Kunden hohe Einsparungen, wenn sie ihre zuvor auf lokaler Hardware gespeicherten Software-Lizenzen in die Azure Cloud migrieren. Gleichzeitig sind bestimmte Clouds von Drittanbietern ausgeschlossen. Damit können die Unternehmen ihre Software-Lizenzen nicht dorthin verlagern, wohin sie wollen. Sie müssen sich auf Microsoft Azure oder eine Hand voll spezifisch festgelegter Clouds beschränken. Für Kunden bedeutet dies konkret: Wer zum Beispiel ein Office-Paket lizenziert hat, kann damit nicht zu jedem beliebigen Cloud-Anbieter wechseln. Damit ist er künftigen Preiserhöhungen alternativlos ausgesetzt. Bedenkt man die von Microsoft angekündigten Preisanpassungen im Halbjahresrhythmus, müssen Firmen mit langsam, aber stetig steigenden Kosten rechnen, die sie am Beginn ihrer Cloud-Partnerschaft gar nicht mitbedenken konnten.
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4. Stangenware statt Schneiderkunst
In die Cloud zu gehen ist keine ‚one-size-fits-all‘-Lösung. Je nach spezifischen Anforderungen eines Unternehmens kann es sein, dass die Standardangebote der großen Anbieter nicht ausreichen und eine maßgeschneiderte Variante erforderlich ist. „Freien“ Unternehmen stehen verschiedene Möglichkeiten offen: Sie können eine Multi-, Hybrid- oder Private-Cloud-Strategie fahren oder sich bei den Open-Source-Technologien umsehen. Ist man aber bereits an eine Cloud gebunden, bleibt einem nur die Möglichkeit, selbst mit dem Cloud-Anbieter zu verhandeln, um flexiblere Bedingungen oder individualisierte Lösungen zu erreichen. Diese Verhandlungen können schwierig und zeitaufwändig sein, und es gibt keine Garantie, dass der Cloud-Betreiber in der Lage oder willens ist, die gewünschten Anpassungen vorzunehmen.
5. Herausforderung: Datenschutz
Aufgrund der globalen Natur der Cloud gestalten sich Datenschutz und Compliance nicht ganz einfach. Schon mehrere große Player haben wegen Datenschutzbedenken und der Einhaltung regionaler Gesetze in der Vergangenheit Kontroversen ausgelöst. Unternehmen laufen Gefahr, gegen Datenschutzgesetze wie die DSGVO zu verstoßen, wenn sie nicht kontrollieren können, wo ihre Daten gespeichert werden. Dies birgt erhebliche rechtliche Risiken und kann zu Strafen führen. Entscheider sollten daher stets ein Auge auf die Datenschutzstandards der Cloud-Dienstleister haben und darauf achten, die Kontrolle über den Speicherort ihrer Daten zu behalten.
Diese Fallstricke zeigen, dass die Entscheidung für einen Cloud-Dienstleister sorgfältig abgewogen werden sollte. Es gilt, einen Anbieter zu finden, der Transparenz, Flexibilität und Compliance in den Mittelpunkt seiner Angebote stellt. Denn er kann den Unterschied ausmachen zwischen einem glatten Übergang in die Cloud oder einem kostspieligen Nachspiel. Unterstützung können beispielsweise die 10 Grundsätze einer fairen Software-Lizenzierung bieten. Sie dienen als Best Practice für Unternehmen, die Wachstum, Innovation und Flexibilität in der Cloud suchen. So profitieren Firmen in vollem Umfang von der Anpassungsfähigkeit und Skalierbarkeit der Cloud, während sie teure Lizenz- und Datenschutzfallen umschiffen. Jürgen Frisch
Der Experte
Francisco Mingorance ist Generalsekretär von CISPE, eine Vereinigung von Cloud-Infrastruktur-Anbietern in Europa.