Auch die Benutzeroberfläche entscheidet über die Akzeptanz betriebswirtschaftlicher Software (ERP). Idealerweise können Anwender Felder nach persönlichem Bedarf bewegen. Das steigert die Produktivität und die Datenqualität, während sich Schulungszeiten verkürzen.
ERP System wie App: Anwender beurteilen berufliche Software längst nicht mehr ausschließlich im Vergleich mit Konkurrenzprodukten. Der Maßstab ist das tägliche Nutzungserlebnis all jener Apps, die wir privat einsetzen: News-Feeds reagieren ohne merkbare Ladezeit, Dashboards lassen sich per Fingertipp neu arrangieren, Themes passen sich spontan an Lichtverhältnisse und persönlichen Geschmack an. Genau dieses intuitive, individuell formbare Handling erwarten Mitarbeiter inzwischen auch von Anwendungen, die Geschäftsprozesse steuern. Wenn am Mittag Freigaben auf dem Smartphone erteilt und am Abend Projektfortschritte am Tablet analysiert werden, darf das ERP-System keine starre Verwaltungsmaske sein, sondern muss sich anfühlen wie eine vertraute Lieblings-App.
Ein modernes ERP-System macht deshalb die Oberfläche zur Privatsache. Jeder Nutzer verschiebt Registerkarten dorthin, wo sie im persönlichen Arbeitsablauf sinnvoll sind, blendet selten benötigte Module aus und wählt aus drei Navigationsformen – kompakte Symbolleiste, klassischer Ribbon oder schlanke Seitenleiste. Routinen, die mehrmals täglich aufgerufen werden, lassen sich als Favoriten direkt fixieren, sodass der Sprung in die Chargenverfolgung, den Produktionskalender oder die Projekt-Gantt nur einen Klick entfernt ist. Nach kurzer Zeit entsteht so eine Arbeitsumgebung, in der nur die Funktionen sichtbar sind, die zur täglichen Aufgabe gehören – ganz ohne Unterstützung der IT-Abteilung.
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ERP System wie App: vom Smartphone-Bildschirm bis zum Industrie-Panel
Auch das Erscheinungsbild richtet sich nach individuellen Vorlieben. Ein Wechsel zwischen hellem und dunklem Farbschema geschieht augenblicklich, sodass Blendungen am Industrie-Panel ebenso vermieden werden wie Augenbelastung bei Nachtschichten. Schriftgrößen lassen sich stufenlos anpassen, wodurch sich das System auf hochauflösenden Notebooks ebenso gut lesen lässt wie auf Hallendisplays. Führungskräfte konfigurieren ihr Management-Cockpit mit derselben Leichtigkeit: Sie definieren per Drag-and-Drop Diagrammtyp, Farbskala und Schwellwerte, und die Kennzahlen aktualisieren sich in Echtzeit. Die Oberfläche ist damit nicht nur ergonomisch, sondern erfüllt auch Barrierefreiheitsstandards, weil Kollegen mit Sehbeeinträchtigung ohne Zusatzsoftware arbeiten können.
Individuelle Masken sind allerdings nur dann sinnvoll, wenn auch die zugrunde liegenden Datenstrukturen flexibel sind. Idealerweise lassen sich neue Felder ohne Programmieraufwand anlegen, vorhandene Werte an eine andere Stelle verschieben oder überflüssige Informationen ausblenden. Benötigt beispielsweise der Vertrieb eine speziellen Nachhaltigkeitskennzahl, wird diese innerhalb von Minuten eingefügt. Muss die Produktionssteuerung die Seriennummer schon im Fertigungsauftrag sehen, landet das Feld per Drag-and-Drop genau dort. Darüber hinaus lassen sich Lese- und Schreibberechtigungen bis auf Feldebene differenzieren. Manche Rollen dürfen sensible Deckungsbeiträge lediglich einsehen, andere sie bearbeiten, während wieder andere das Feld überhaupt nicht sehen. All das geschieht über grafische Dialoge, ohne Release-Zyklen, ohne externe Entwickler und ohne Risiken für die Datenbankintegrität.
Anpassungen erledigen die Anwender selbst
Die wirtschaftlichen Effekte dieser Freiheit sind beträchtlich. Prozesse beschleunigen sich, weil Benutzeroberflächen ausschließlich relevante Felder anzeigen. Fehlerquoten sinken, weil Informationen dort gepflegt werden, wo sie entstehen, statt aus parallelen Tabellen herauskopiert zu werden. Schulungszeiten reduzieren sich, weil die Bedienlogik an aus dem Privatleben bekannte Muster erinnert und neue Mitarbeiter schnell produktiv sind. Schließlich steigt die Datenqualität, weil jede Abteilung Felder ausblendet, die sie nicht braucht, und fehlende Informationen selbst hinzufügt. Anpassungen, die einst als kostspielige IT-Projekte galten, werden zur unkomplizierten Konfiguration. Dabei entsteht für jeden Nutzer eine Arbeitsumgebung, die sich anfühlt wie seine persönliche Lieblings-App – und die dennoch durch ein zentrales Datenmodell verbunden bleibt. jf
Der Autor

Marco Mancuso ist Chief Financial Officer beim Standardsoftwerker SOU AG.