Eine aktuelle Studie zeigt: Die Anwenderzufriedenheit mit ERP-Systemen bewegt sich zwischen „Top-Bewertung“ und „Ernüchterung“. Über 1.700 Unternehmen haben ihre ERP-Lösungen bewertet und dabei Licht und Schatten auf den ERP-Markt geworfen. Welche Systeme können die Erwartungen der User erfüllen und wo bleiben sie hinter den Anforderungen zurück?
Die aktuelle Trovarit-Studie „ERP in der Praxis: Anwenderzufriedenheit, Nutzen & Perspektiven“ bietet interessante Einblicke in die Zufriedenheit von Unternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz mit ihren ERP-Systemen. Mehr als 1.700 Unternehmen haben die Leistung ihrer ERP-Lösungen anhand von 39 Merkmalen bewertet – von Funktionalität über Ergonomie und Performance bis hin zu den Dienstleistungen ihrer Wartungspartner. Der Blick auf verschiedene Marktsegmente – von Großinstallationen bis hin zu spezialisierten Lösungen für kleinere Unternehmen – gibt Aufschluss darüber, welche Anbieter und Lösungen 2024 die Nase vorn haben.
Ein differenzierter ERP-Markt
Während die Zufriedenheit insgesamt hoch ist, gibt es im ERP-Markt deutliche Unterschiede, besonders bei komplexeren Installationen. Die Analyse zeigt, dass es auch 2024 „Gewinner“ und „Verlierer“ gibt. Die Bandbreite in den Bewertungen der Softwareanbieter liegt bei rund 1,5 Schulnoten, während sich bei den Softwarelösungen selbst eine Spanne von einer Schulnote zeigt.
Im Vergleich zur Studie von 2022 gibt es einige bemerkenswerte Entwicklungen. Zum Beispiel konnten bestimmte Anbieter ihre Kundenzufriedenheit deutlich steigern, während andere rückläufige Bewertungen aufweisen. Ein wichtiger Faktor für die Vergleichbarkeit der Systeme ist die Komplexität der ERP-Installation, die je nach Anzahl der Arbeitsplätze, unterstützten Prozesse und der Internationalität der Lösung variiert.
Die Schwergewichte: Herausforderungen für große ERP-Installationen
In großen Unternehmen, die komplexe ERP-Lösungen mit mehreren Standorten, Sprachen und Rechtskreisen benötigen, fällt die Gesamtzufriedenheit etwas geringer aus als im ERP-Markt insgesamt. Die durchschnittliche Bewertung liegt hier bei 1,89, und die Top-Anbieter befinden sich in diesem Segment mit relativ geringen Unterschieden nahe beieinander. Infor Cloud Suite etwa konnte in Bereichen wie „Formulare & Auswertungen“ punkten, während die IFS Cloud in der Bewertung ihres Wartungspartners erheblich zulegte. SAP S/4HANA liegt in der Zufriedenheit mit einem „gut“ leicht hinter den anderen Anbietern zurück, jedoch ohne signifikante Abweichung.
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Die Mittelgewichte: Flexibilität und Support sind entscheidend
Bei mittleren ERP-Installationen mit 25 bis 100 Arbeitsplätzen zeigt sich ein gemischtes Bild: Während die Zufriedenheit mit der Flexibilität und Anpassungsfähigkeit der Lösungen überdurchschnittlich ist, gibt es Kritik an der Performance bei der Implementierung, insbesondere bei der Einhaltung von Terminen und Budgets. Einige weniger bekannte ERP-Lösungen wie CATUNO.pro und Opacc ERP konnten sich hier durch eine hohe Servicequalität und engagierte Kundenbetreuung auszeichnen, was sie an die Spitze der Zufriedenheitsbewertungen bringt.
Die Leichtgewichte: Benutzerfreundlichkeit für kleinere Unternehmen
Für kleinere ERP-Installationen mit weniger als 25 Arbeitsplätzen fällt das Zufriedenheitsniveau insgesamt höher aus, was vor allem auf die geringere Komplexität zurückzuführen ist. Lösungen wie work4all und ISSOS PRO führen die Liste an und erhalten Bestnoten für die an die Zielgruppe angepasste Funktionalität sowie für die hervorragende Kundenbetreuung. Einige Anbieter punkten hier mit einem guten Schulungs- und Informationsangebot, was den Anwendern zugutekommt. Am Ende des Feldes liegt, wie auch in der Studie von 2022, die Lösung TopM net7, die vor allem in den Bereichen Performance und Schnittstellen kritisch bewertet wird.
Fazit: Wichtige Trends und Entwicklungen im ERP-Markt
Die Studie zeigt, dass die Zufriedenheit der Anwender stark vom ERP-Segment und den spezifischen Anforderungen abhängt. Während große Installationen komplexer und anspruchsvoller sind, profitieren kleine und mittelständische Unternehmen oft von einfacheren, spezialisierten Lösungen. Diese Differenzierung ist entscheidend, um die passende ERP-Lösung zu finden und die Kundenzufriedenheit langfristig zu sichern. Die nächsten Jahre könnten weitere Verschiebungen bringen, besonders in Bezug auf Benutzerfreundlichkeit und Flexibilität, die zunehmend in den Fokus rücken.
Der Autor
Dr. Karsten Sontow ist Mitgründer und Vorstandsvorsitzender des auf Digitalisierungsprojekten spezialisierten Consultinghauses Trovarit AG.
Im Rahmen seiner Aufgaben in den Bereichen Research und Anbieter-Management setzt er sich insbesondere auch mit der Rolle von ERP-Software und ERP-Anbietern auseinander: sowohl bezüglich des ERP-Einsatzes im Unternehmenskontext als auch im Hinblick auf ihre Bedeutung als Treiber von Innovationen.
Dr. Sontow ist einer der Initiatoren der Anwender-Studie „ERP in der Praxis“, die alle zwei Jahre Erkenntnisse zu Zufriedenheit, Nutzen und Perspektiven des ERP-Einsatzes liefert. Er ist außerdem Vorsitzender des Arbeitskreises ERP des BITKOM.
Über die Studie „ERP in der Praxis“
Mit bisher insgesamt mehr als 21.000 Teilnehmern ist die Studie „ERP in der Praxis – Anwenderzufriedenheit, Nutzen & Perspektiven“ der größte anbieterunabhängige Erfahrungsaustausch unter ERP-Anwendern. Die Studie wurde seit 2004 im Zweijahres-Rhythmus in Deutschland, Österreich und der Schweiz durchgeführt. Das Trovarit-Research-Team wird dabei von einer internationalen Expertengruppe unterstützt. In dieser sind u. a. das Forschungsinstitut für Rationalisierung (FIR) an der RWTH Aachen, das Center Integrated Business Applications (CIBA), die 2BCS AG (Schweiz) und Der ERP-Tuner (Österreich) vertreten.
Folgende Sponsoren haben die Studie in diesem Jahr unterstützt: abas Software GmbH | ams.Solution AG | Asseco Solutions AG | AZTEKA Consulting GmbH | FLEXiCODE GmbH | IFS Deutschland GmbH | Infor (Deutschland) GmbH | myfactory International GmbH | proALPHA Business Solutions GmbH | PSI Automotive & Industry GmbH
Die Studie wurde in diesem Jahr durch folgende Medienpartner unterstützt: Produktion, Logistik Heute, COMPUTERWELT, isReport, IT & Production, und Line-of.biz.