Von der Materialplanung bis zur Fehlererkennung in der Produktion – Künstliche Intelligenz ist längst ein Faktor für Effizienz, Resilienz und Nachhaltigkeit. Viele Betriebe investieren – doch oft fehlt ihnen der Überblick. Acht Einsatzfelder zeigen Nutzenbeispiele auf.

Anwendungsfälle für Industrial AI in deutschen Unternehmen: Künstliche Intelligenz entwickelt sich zunehmend zur Schlüsselressource für die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie. Laut einer aktuellen Bitkom-Befragung setzen bereits 42 Prozent der Industrieunternehmen des verarbeitenden Gewerbes in Deutschland diese Technologie in ihrer Produktion ein – ein weiteres Drittel (35 Prozent) plant entsprechende Projekte.
Ein ähnliches Bild ergibt sich aus einer VDMA-Studie, die speziell auf den Maschinen- und Anlagenbau und auf den Einsatz von Generativer Künstlicher Intelligenz im DACH-Raum blickt. Hier zeigt sich, dass 79 Prozent der Unternehmen bereits Generative Künstliche Intelligenz nutzen oder den Einsatz planen. 89 Prozent sehen darin einen wichtigen Hebel für künftige Rentabilität.
Warum viele Unternehmen bei Industrial AI noch zögern
Vielen Unternehmen fehlt bislang ein klarer Fokus auf wirksame Anwendungen. Laut Bitkom geben 42 Prozent der Betriebe an, dass es ihnen an Know-how mangelt, um Künstliche Intelligenz sinnvoll in bestehende Prozesse zu integrieren. Rund die Hälfte wartet daher ab, welche Erfahrungen andere Unternehmen machen. Ein deutliches Zeichen für Unsicherheit und fehlendes Vertrauen bei der praktischen Umsetzung.
Generell kann Industrial AI, also Künstliche Intelligenz in der Industrie, überall dort zum Einsatz kommen, wo Daten fließen, Entscheidungen getroffen werden und Prozesse ineinander greifen, also entlang der gesamten industriellen Wertschöpfungskette.
Acht Anwendungsfälle für Industrial AI in deutschen Unternehmen
Die folgenden acht Einsatzszenarien zeigen, in welchen Bereichen Unternehmen mit Künstlicher Intelligenz konkrete wirtschaftliche Vorteile erzielen – und wo die Hebel für zukünftige Wertschöpfung liegen:
1. Datenqualität und -verständnis verbessern
Eine saubere, konsistente Datenbasis ist die Grundlage für jegliche intelligente Anwendung. Künstliche Intelligenz erkennt und bereinigt fehlerhafte, doppelte oder unvollständige Datensätze – strukturiert wie unstrukturiert. Analyse- und Visualisierungstools ermöglichen auf dieser Basis ein tiefes Verständnis der Datenlandschaft. Muster, Anomalien und Schwachstellen lassen sich in Echtzeit erkennen, was Transparenz schafft und fundierte Entscheidungen über Abteilungen hinweg fördert.
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2. Bestandsoptimierung und Materialplanung
Intelligente IT-Systeme analysieren historische Verbrauchsdaten und identifizieren saisonale Trends sowie Nachfrageschwankungen. So lassen sich Wiederbeschaffungszyklen und Bestellmengen planen sowie Überbestände und Engpässe reduzieren. Das Ergebnis sind sinkende Lagerkosten, eine steigende Versorgungssicherheit sowie eine bessere Liquidität. Ein Erfolgsbeispiel liefert der Hausgerätehersteller emz Hanauer. Das Unternehmen nutzt die Proalpha Industrial AI Platform, um die Lagerbestände schlank zu halten. Das System hat für über 1.000 Teile Verbrauchsmuster analysiert und optimale Bestellzeitpunkte berechnet – mit messbarem Effekt auf Kapitalbindung und Versorgungssicherheit.
3. Produktionsoptimierung
In der Fertigung erkennt Industrial AI ineffiziente Prozesse und Engpässe. Durch die Analyse von Maschinendaten, Auslastung und Taktzeiten lassen sich Durchlaufzeiten verkürzen und die Ressourcennutzung verbessern. Dashboards konsolidieren Produktionsdaten und ermöglichen es Mitarbeitern, gezielt zu reagieren – für mehr Flexibilität, weniger Stillstand und eine gesteigerte Produktqualität.
4. Lieferperformance
Eine stabile Supply Chain ist nur so gut wie ihre Vorhersagbarkeit. Industrial AI hilft dabei, Störungen entlang der Lieferkette frühzeitig zu erkennen und Maßnahmen proaktiv einzuleiten. Die Systeme analysieren Daten aus Logistik, Beschaffung und Partnernetzwerken und unterstützen Betriebe bei der Kapazitätsplanung. Das verbessert die Liefertreue, reduziert Verspätungen und stärkt die Resilienz der Lieferkette.
5. Dynamisches Supply-Chain-Monitoring
Künstliche Intelligenz analysiert nicht nur interne Daten, sondern auch unstrukturierte externe Informationen – etwa aus News-Feeds, Wetterdaten oder sozialen Medien. So erkennen Unternehmen Nachfrageschwankungen, Transportprobleme oder geopolitische Risiken frühzeitig und können Handlungsempfehlungen in ihre Planung einfließen lassen.
6. Vorausschauende Wartung
Anhand von Maschinendaten wie etwa Temperatur und Laufzeiten erkennt Künstliche Intelligenz Anzeichen für Verschleiß oder Ausfälle. So lassen sich Wartungen zustandsabhängig planen. Betriebe minimieren Ausfallzeiten und ungeplante Stillstände und verlängern die Lebensdauer von Anlagen. Das steigert die Produktivität in der Fertigung.
7. Den CO₂-Fußabdruck analysieren
Mit Künstlicher Intelligenz analysieren und steuern Betriebe Umweltwirkungen entlang der Wertschöpfungskette in Echtzeit. Energie- und Ressourcendaten machen Emissionen sichtbar, identifizieren Einsparpotenziale und ermöglichen fundierte Nachhaltigkeitsentscheidungen. Die Analysen umfassen die Berechnung von CO₂-Fußabdrücken, das Erkennen von Energieverbrauchern. Sie liefern die Basis für die Optimierung einzelner Prozessschritte. Unternehmen profitieren von regulatorischer Sicherheit und einer verbesserten Außenwirkung.
8. Intelligenter Kundenservice
Standardanfragen von Kunden zum Lieferstatus oder zu Rücksendungen lassen sich automatisiert bearbeiten, weil Natural-Language-Processing Kundenanliegen versteht, kategorisiert und an die richtigen Stellen weiterleitet. Die Bearbeitungszeit sinkt, gleichzeitig steigt die Präzision. Zudem erkennt Künstliche Intelligenz Kundenbedürfnisse, liefert die Basis für personalisierte Empfehlungen und einen proaktiven Service: ein Wettbewerbsvorteil in serviceintensiven Märkten.
„Nur wer über Pilotprojekte hinausgeht und Künstliche Intelligenz gezielt dort einsetzt, wo sie echten Mehrwert stiftet, wird langfristig profitieren,“ so Christoph Kull, President Business Applications bei Proalpha. „Industrial AI verknüpft Datenintelligenz mit operativer Exzellenz – von der Lieferkette über die Produktion bis hin zur Nachhaltigkeit. Unternehmen können damit bereits heute ihre Produktivität und ihre Resilienz steigern und sich zukunftsfähig ausrichten.“ Wichtig sei es, jetzt, ins Handeln zu kommen – gezielt, integriert und mit einem klaren Blick auf den konkreten Nutzen. Jürgen Frisch