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ERP in der Cloud: Warum die Private Cloud immer öfter die Nase vorn hat

Während viele ERP-Hersteller die Public Cloud als zukunftsfähigsten Betriebsweg propagieren, zeigt ein genauerer Blick in die Praxis: Für viele Unternehmen kommt ein vollständiger Umstieg auf Public-Cloud-ERP nicht infrage. Die Gründe dafür sind vielfältig – sie reichen von Sicherheitsbedenken über mangelnde Individualisierbarkeit bis hin zu intransparenten Kostenmodellen.

ERP Private Cloud
Quelle: ©PhonlamaiPhoto | istockphoto.com

Die aktuelle ERP-Praxis-Studie belegt: Nur rund 11 % der Unternehmen können sich überhaupt einen ERP-Betrieb in der Public Cloud vorstellen. Die Mehrheit bevorzugt alternative Modelle – und insbesondere die Private Cloud gewinnt dabei an Bedeutung.

ERP Private Cloud als strategische Betriebsform

Die Private Cloud wird häufig als Kompromisslösung zwischen klassischem On-Premise-Betrieb und Public-Cloud-Modell beschrieben – aber das greift zu kurz. Denn in vielen Fällen ist die Private Cloud weit mehr als nur ein Mittelweg: Sie verbindet moderne Betriebsformen mit dem Wunsch nach Kontrolle, Flexibilität und Sicherheit.

Technisch gesehen wird das ERP-System in einer Cloud-Umgebung betrieben, allerdings als dedizierte, nicht-öffentliche Instanz. Der Betrieb erfolgt oft über einen externen Dienstleister oder in einem unternehmenseigenen Rechenzentrum. Im Gegensatz zur Public Cloud, bei der alle Kunden eine standardisierte Plattform nutzen, erlaubt die Private Cloud ein höheres Maß an individueller Konfiguration – ein geschäftskritischer Aspekt für viele Unternehmen.

Kontrolle über Daten und Releases

Ein zentrales Argument für die Private Cloud ist die bessere Kontrolle über Daten und Prozesse. Unternehmen entscheiden selbst, wo ihre Daten gespeichert werden und wie sie abgesichert sind. Das ist insbesondere in regulierten Branchen mit hohen Anforderungen an Datenschutz und Compliance ein wichtiges Kriterium.

Auch in puncto Release-Management und Update-Zyklen bietet die Private Cloud Vorteile. Anders als bei der Public Cloud, wo Updates häufig automatisch und ohne Einflussmöglichkeit erfolgen, behalten Unternehmen hier die Hoheit über Änderungen am System – inklusive zeitlicher Steuerung und Qualitätssicherung. Für viele IT-Abteilungen ist das ein beruhigender Faktor in einer zunehmend dynamischen Softwarewelt.

Hybridmodelle auf dem Vormarsch

Immer häufiger entstehen im ERP-Umfeld hybride Betriebsmodelle, die die Vorteile aus beiden Welten kombinieren. Neben der klassischen Variante – On-Premise-ERP mit Cloud-Zusatzdiensten – etablieren sich zunehmend auch Public-Cloud-Kernsysteme, die über Private-Cloud-Komponenten individuell erweitert werden. Besonders im SAP-Kosmos ist dieses Modell mit der SAP Business Technology Platform (SAP BTP) immer häufiger anzutreffen. Solche Architekturen ermöglichen Innovation und Individualisierung gleichermaßen – und bieten einen gangbaren Weg für Unternehmen, die sich schrittweise in Richtung Cloud bewegen möchten. Sie eignen sich auch für Unternehmen, die langfristig in bestimmten Bereichen auf die Vorteile der Cloud setzen möchten, während sie für andere – etwa sicherheitskritische Prozesse – weiterhin gezielt die Stärken von On-Premise-Lösungen nutzen.

Wirtschaftlich interessant – bei genauer Betrachtung

Auch wirtschaftlich kann die Private Cloud eine interessante Option sein. Zwar wirken die reinen Betriebskosten auf den ersten Blick oft höher als bei der Public Cloud. Doch die tatsächliche Kostenstruktur hängt stark vom jeweiligen Anbieter, dem Leistungsumfang und den Anforderungen des Unternehmens ab.

Die ERP-Praxis-Studie zeigt: Public-Cloud-Kunden profitieren zwar von einem niedrigeren Einstiegspreis, zahlen langfristig jedoch häufig das Doppelte bis Dreifache der ursprünglichen Softwarekosten – ohne Eigentum an der Lösung zu erwerben.

Private-Cloud-Modelle können hier ein ausgewogeneres Verhältnis zwischen Kosten und Nutzen bieten – besonders wenn sie effizient betrieben und auf die Unternehmensbedürfnisse zugeschnitten sind.

Fazit: Flexibilität trifft Kontrolle

Die Private Cloud bietet Unternehmen eine moderne und flexible Betriebsform für ERP-Systeme – ohne auf Individualisierung, Kontrolle oder Datensouveränität verzichten zu müssen. In einer Zeit, in der Cloud-Strategien nicht nur technologische, sondern auch wirtschaftliche und organisatorische Konsequenzen haben, ist die Private Cloud eine ernstzunehmende Option. Sie erlaubt einen Cloud-gestützten ERP-Betrieb auf Augenhöhe – mit Raum für Anpassung, Integration und Wachstum.

Gerade für mittelständische Unternehmen mit anspruchsvollen Anforderungen kann die Private Cloud somit die passende Antwort auf die Frage nach dem „richtigen“ ERP-Betriebsmodell sein – nicht nur ein Kompromiss, sondern eine bewusste, strategische Entscheidung mit Zukunft.

→ Dies ist ein Auzug aus unserem Fachbeitrag: „ERP aus der Public Cloud – Fortschritt mit Nebenwirkungen?“. Sie finden den kompletten Beitrag zum kostenlosen Download auf unserer Website.


Der Autor

Dr. Karsten Sontow ist Mitgründer und Vorstandsvorsitzender des auf Digitalisierungsprojekten spezialisierten Consultinghauses Trovarit AG.