Eine vollautomatisch ablaufende betriebswirtschaftliche Software, die eng am Herstellerstandard läuft, sich dialogorientiert bedienen lässt und nach Durchsatz berechnet wird – das prognostiziert Claus Jepsen, Chief Product and Technology Officer, bei Unit4 für das kommende Jahr.
1. ERP-Systeme laufen automatisch
Enterprise Resource Planning (ERP) wird stärker automatisiert und sich zum sogenannten allgegenwärtigem System entwickeln, das intuitiv und rollenbasiert zu bedienen ist. Die Benutzer können Aktivitäten an digitale Assistenten abgeben. Der Vergleich mit Datenbanken liegt nahe: Früher gab es sehr konkrete Vorstellungen bezüglich der zu verwendenden Datenbank, der Marke oder den zugehörigen Tools. Heute interessiert dies niemanden mehr. Die gleiche Entwicklung war bei der Cloud zu beobachten und ist nun auch beim ERP-System zu erwarten. ERP wird zu einer Technologie, die alle brauchen, wobei jeder abhängig von seinen Zielsetzungen verschiedene Parameter nutzt. Ausgewählt wird die Lösung, die das beste erhoffte Ergebnis liefert. Wie dieses Ergebnis erzielt wird, ist dabei nebensächlich. Ein ERP-System ist im Prinzip eine Datenbank mit einer vordefinierten Struktur. Daher überrascht es nicht, dass die Wahrnehmungen und Ansichten zum ERP in die gleiche Richtung gehen wie bei Datenbanken.
2. Durchsatz, Volumen und Transaktionen machen den Preis
Die Preisgestaltung für Enterprise Resource Planning (ERP) wird in Zukunft – wenn auch nicht unbedingt gleich im Jahr 2024 – auf Durchsatz, Volumen und Anzahl der Transaktionen basieren sowie auf dem Mehrwert, den die Software dem Unternehmen bietet.
3. Implementierungen bleiben eng am Standard
Unternehmen setzen künftig auf eine standardisierte Einrichtung, um einen schnelleren Return on Investment zu erzielen. Sie erkennen derzeit, dass es sich nur sehr selten empfiehlt, ein ERP-System auf Biegen und Brechen an die hauseigenen Prozesse anzupassen. Wichtig ist das Produkt oder der Service, den ein Unternehmen seinen Kunden anbietet, und nicht die Art und Weise, wie seine Software konfiguriert ist.
4. Maschinelles Lernen erfordert Datenqualität
Machine Learning ist ein interessantes Thema. Allerdings vergessen viele, dass diese Technologie nur funktioniert, wenn vorab das Datenmanagement richtig konfiguriert wurde. Hochwertige Daten, überzeugendes Datenmanagement und die Verwaltung von Stammdaten sind die Voraussetzung für automatisiertes ERP in Kombination mit maschinellem Lernen. Nur dann kann optimale Wertschöpfung erreicht werden.
5. In Benutzeroberflächen dominieren Dialoge
In Sachen dialogorientierte Benutzeroberflächen werden wir einen Durchbruch erleben. Bis zum Einzug von ChatGPT standen viele der Nutzung von Technologien mit dialogorientierten Benutzerflächen zurückhaltend gegenüber, weil sie entweder Angst davor hatten oder die Technologie nicht richtig verstanden oder aber nicht über die nötigen Fähigkeiten verfügten.
Mittlerweile ist jedoch klar, dass eine dialogorientierte Erfahrung viele Vorteile bietet. ChatGPT ist im Prinzip die nächste Generation von Chatbots, ermöglicht jedoch auch eine glattere, natürlichere Erfahrung bei Enterprise-Software. Dank einer besseren Engine ist leichter zu ermitteln, was der Benutzer möchte, und dies ebnet den Weg für flüssige Gespräche bezüglich der Unternehmensanforderungen.
Anzeige | Kostenloses Webinar der Trovarit-Academy
6. CIOs achten auf Wertschöpfung
Die Rolle des CIO durchläuft einen Wandel, denn vor der Cloud bestand die Hauptaufgabe darin, den Softwarebestand zu verwalten. Während CIOs derzeit eine betriebliche Aufsichtsfunktion haben, werden sie sich in Zukunft stärker mit der Wertschöpfung beschäftigen, indem sie abteilungsspezifische oder unternehmensweite Technologiepakete erstellen. Low-Code- und No-Code-Tools sowie Citizen Developers erfreuen sich zunehmender Beliebtheit und entlasten die CIOs, sodass diese direkteren Einfluss auf Strategie, Wachstum, Rentabilität, Berichterstattung und mehr nehmen können.
7. Sicherheit bleibt wichtig
Die Bedeutung der Sicherheit dürfte weiter steigen. Wenn Sie Software von einem Cloud-Anbieter kaufen, sollten Sie konkrete Fragen zu zahlreichen Aspekten stellen: nicht nur zu Produkt-Roadmaps und Compliance, sondern auch dazu, wie die Sicherheit integriert ist und wer Zugriff auf welche Daten hat.
8. Künstliche Intelligenz ist nicht immer nötig
Das Thema Künstliche Intelligenz ist derzeit in aller Munde. Allerdings wird diese Technologie für viele der Use Cases gar nicht benötigt. Es gilt die 80/20-Regel, nach der 80 Prozent der ERP-Automatisierung ohne Künstliche Intelligenz möglich sind. Statt sich auf Künstliche Intelligenz zu versteifen, sollten Unternehmen vielmehr überlegen, was Sie erreichen möchten und welche Fragen Sie den Technologieanbietern stellen. Es kommt nicht auf Big Data an, sondern auf die richtigen Daten. Sie können nicht einfach einen Algorithmus auf einem Computer ausführen und hoffen, dass dabei etwas für Sie Neues herauskommt. Schließlich sind Computer keine Menschen und funktionieren einfach nicht so.
9. Integration-as-a-Service hat einen schweren Start
Integration-as-a-Service steckt derzeit noch in den Kinderschuhen. Diese Art der Integration ist Cloud-basiert und wird als Service bereitgestellt, der Daten und Prozesse verknüpft. Damit die Kunden sich dieser Technologie zuwenden, müssen sie zunächst das dazugehörige Wertversprechen verstehen. jf
Der Autor
Claus Jepsen ist Chief Product and Technology Officer beim Standardsoftwerker Unit4.