Mit einem Tritt in den Hintern in die Moderne – immerhin etwas Positives scheint Corona dann doch für deutsche Firmen bewerkstelligt zu haben. Nur noch 12 % der 502 vom Bitkom befragten Unternehmen aus Deutschland gibt in der im Mai veröffentlichten repräsentativen Umfrage an, der wirtschaftliche Nutzen der Digitalisierung für das eigene Unternehmen sei unklar. Im Jahr 2020 waren es noch 27 % der Befragten, 2018 sogar mit 34 % mehr als jedes dritte befragte Unternehmen.
Gleichzeitig sagen aktuell zwei Drittel (64 Prozent), dass digitale Technologien dem Unternehmen helfen, die Pandemie zu bewältigen. Und in fast allen Unternehmen (95 Prozent) hat durch Corona die Digitalisierung von Geschäftsprozessen an Bedeutung gewonnen.
Soweit die guten Nachrichten. Die Realität in den deutschen Unternehmen sieht aber nur für ein Drittel nach eigener Einschätzung halbwegs entspannt aus. Bislang haben zwei Drittel der Unternehmen die Corona-Krise sehr schlecht (38 Prozent) oder eher schlecht (28 Prozent) überstanden. Entsprechend rechnet auch nur ein Viertel damit, gestärkt aus der Corona-Pandemie hervorzugehen. Besonders greifbar ist die Existenzangst in den Bereichen Gastronomie, Modehandel, Tourismus und Kultur – entsprechend sieht mehr als jedes dritte befragte Unternehmen (38 Prozent) die eigene Existenz durch die Pandemie bedroht.
Zwar wird die Anzahl der Digitalisierungs-Zweifler geringer, doch jetzt fehlt manchen Firmen das Geld. So beklagen 57 Prozent einen zu hohen Investitionsbedarf, 55 Prozent fehlt die Zeit, 42 Prozent vermissen externe Beratung und 39 Prozent sehen ganz allgemein Widerstände im Unternehmen gegen die Digitalisierung. Mehr als jeder Zweite musste Digitalisierungsprojekte wegen Corona auf Eis legen, umgekehrt hat in rund der Hälfte (47 Prozent) der Unternehmen Corona längst überfällige Digitalisierungsvorhaben angeschoben. Die größten Hürden, die die Unternehmen für die Digitalisierung des eigenen Unternehmens sehen, sind fehlende Standards (64 Prozent) und zu hohe Anforderungen an den Datenschutz (63 Prozent). Aber auch allgemein rechtliche Bestimmungen behindern Digitalisierungsprojekte (47 Prozent), wie etwa das Schriftformerfordernis.
Zusätzlich hemmen Sicherheitsbedenken die Digitalisierung: 61 Prozent der Unternehmen haben Angst vor unberechtigtem Zugriff auf sensible Unternehmensdaten, 57 Prozent nennen aus Sicht der Unternehmen zu hohe Anforderungen an die IT-Sicherheit und 49 Prozent fürchten Datenverlust.
Digitalisierung – was soll ich machen
Der eher einfache Weg ist die Digitalisierung aktuell nicht digitaler Prozesse. Beispielsweise sagen 93 Prozent der Befragten, dass sie einzelne Lösungen wie CRM, ECM oder ERP nutzen, weitere 4 Prozent planen oder diskutieren zumindest den Einsatz. In anderen Bereichen gibt es noch Luft nach oben. Nur 48 Prozent verwenden Lösungen zur Digitalisierung von Dokumenten, 44 Prozent ein Workflow-Management etwa für Freigabeprozesse und 41 Prozent ein elektronisches Archiv und Dokumentenmanagement. Ein Output-Management etwa zur Erstellung von Dokumenten setzen 35 Prozent ein, 27 Prozent haben digitale Lösungen zur bereichsübergreifenden Recherche von Unternehmensinformationen eingeführt und immerhin jedes fünfte Unternehmen verwendet digitale Signaturen.
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Deutlich komplizierter ist die Digitalisierung des Geschäftsmodells. Für einige Unternehmen hat die Digitalisierung neue Einnahmequellen aufgemacht, beispielsweise wurde der lange aufgeschobene Online-Shop unter Corona-Druck endlich realisiert, Weinverkostungen finden notgedrungen online genauso statt wie Konzerte und Theateraufführungen.
ERP-Systeme feiern ein bisschen ein Aufmerksamkeits-Comeback und spielen bei der Digitalisierung eine gewichtige Rolle. Sie sind die zentrale Datendrehscheibe innerhalb des Unternehmens und verbinden verschiedenste Systeme und Anwendungen, die Produktionsdaten genauso verarbeiten wie Informationen aus der Logistik und dem Marketing. Weiterhin liefern ERP-Systeme die Betriebswirtschaft hinter den digitalisierten Prozessen und stellen den Waren- und Datenflüssen einen entsprechenden Wertefluss, z. B. für Abrechnung, zur Kalkulation oder zum Controlling gegenüber.
Im Kontext der digitalen Transformation ist die technologische Entwicklung der ERP-Lösungen ständig im Fluss. Es kommt einem durchaus so vor, dass ständig eine neue Technologie-Sau durchs Dorf getrieben wird, allerdings erweisen sich einige sich als nicht so relevant oder praktikabel wie erhofft und werden wieder werden. Andere setzen sich schnell durch und werden zur “Commodity” (z. B. webbasierte Benutzeroberflächen in modernen Anwendungen). So lässt Process Mining ein hohes betriebswirtschaftliches Potenzial erwarten, doch der Reifegrad in ERP ist eher gering, während nach Einschätzung des Bitkoms Mobile ERP-Anwendungen nicht nur einen hohen Nutzen versprechen, sondern auch eine entsprechende Reife haben. Beim Nachdenken über neue Geschäftsmodelle und dem Umbau des Unternehmens sollten Werkzeuge wie IoT, Künstliche Intelligenz aber vielleicht auch Blockchain-Ansätze zumindest bedacht werden. Denn eins haben wir aus den letzten 15 Monaten definitiv mitnehmen können: Die Digitalisierung trennt Spreu von Weizen – ohne grundlegende Modernisierung der Abläufe und Werkzeuge wird es ein extrem mühsamer Weg zurück in die Normalität, wenn er denn überhaupt gelingt.
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Über den Autor
Frank Naujoks ist seit August 2021 bei der Avanade als Group Manager Digital Advisory tätig. Davor war er bei der Trovarit als Managing Consultant im Bereich Business Applications beschäftigt. Von 2013 bis 2019 verantwortete er bei Microsoft die Vermarktung von Microsoft Dynamics 365 for Finance and Operations in Deutschland.