Für Künstliche Intelligenz werden im kommenden Jahr wichtige Weichen gestellt. Pegasystems gibt einen Ausblick auf die Anforderungen bei der Auswahl und beim Implementieren der Technologie und erläutert, welche Rolle die gesetzliche Regulierung spielt.
Praxisbezug: Vom Spielzeug innovativer Vorreiterunternehmen entwickelt sich Künstliche Intelligenz mit rasanter Geschwindigkeit zu einem Werkzeug für die Optimierung von Unternehmensprozessen in nahezu allen Branchen. Pegasystems, Anbieter einer Low-Code-Plattform, beschreibt die vier großen Trends dieses Jahres.
1. Output-orientierte Optimierung von Schlüsselprozessen
Künstliche Intelligenz dringt aus der Laborumgebung tief in unternehmerische Anwendungsfelder ein. Wichtig wird dabei das Messen der Wertschöpfungsvorteile. Dazu ist es notwendig, Mehrwerte der Prozessoptimierung quantifizierbar zu machen. Die jüngste Studie des Wirtschaftsprüfers Deloitte State of AI zeigt, dass 79 Prozent der Befragten Künstliche Intelligenz in mindestens drei Anwendungen einsetzen (zuvor 62 Prozent). Kostensenkungen sind die am häufigsten genannten Ergebnisse (78 Prozent). 94 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass Künstliche Intelligenz in den kommenden fünf Jahren den Erfolg stark beeinflusst. Die größte Herausforderung für die Umsetzung entsprechender Projekte bleibt der Nachweis des betriebswirtschaftlichen Nutzens. Er wird über die Skalierung und Integration dieser Technologie in das Daily Business und die Arbeitsprozesse bestimmen.
Die Nutzung von Künstlicher Intelligenz und Automatisierung ist ein Erfolgskriterium für das Business. Viele Unternehmen nutzen intelligente IT-Systeme wohl wie ein autonomes Fahrzeug in der Wildnis, um sich in unübersichtlichem Gelände zurechtzufinden und Echtzeitentscheidungen zu treffen. Im Idealfall berücksichtigen diese Entscheidungen nicht nur wahrscheinliche zukünftige Hindernisse, sondern auch alle möglichen realen Einschränkungen, Regeln und Kompromisse. Dadurch wenden sich mehr Unternehmen dem Konzept der Autonomie zu, um die Effizienz zu steigern, Prozesse zu optimieren und Probleme schneller zu lösen.
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2. Comeback von älteren Elementen ohne Sexappeal
Durch das aktuelle Chaos auf vielen Märkten – nach der Covid-Pandemie und inmitten des Ukraine-Krieges und der Energiekrise – dürften Unternehmen versuchen, Anwendungen und Initiativen rund um Künstliche Intelligenz mit strategischen Makrozielen auf höchster Ebene zu verknüpfen. Beispielsweise, um näher an den Kunden heranzukommen, die Produktivität und Effektivität zu verbessern und agiler zu werden. Aber auch auf der Mikroebene wird IT-gesteuertes Decisioning von Prozessen und Interaktionen eine wichtige Rolle spielen. Künstliche Intelligenz wird dazu genutzt, strategische Entscheidungen zu treffen und Maschinelles Lernen zu steuern. Weitere Einsatzmöglichkeiten finden sich bei den empathischen und persönlichen Zielen der Stakeholder. Um das zu erreichen, dürften auch ältere Elemente der klassischen Künstlichen Intelligenz zum Einsatz kommen. Zum Beispiel Symbolic Reasoning und Business Rules – vielfach auch kombiniert mit modernen Technologien des Maschinellen Lernens.
3. Vertrauen, Compliance und Technologie-Regulierung
Der verantwortungsvolle und vertrauenswürdige Einsatz von Künstlicher Intelligenz ist ein komplexes Thema. Die EU und China übernehmen hierbei die Führung, während die USA und das Vereinigte Königreich hinterherhinken. Der verantwortungsvolle Einsatz von dieser Technologie sollte allerdings kein Wettlauf sein, denn in einem zunehmend vernetzten globalen Markt kann es dabei keine Gewinner geben. Die Realität ist allerdings auch, dass derjenige, der als Erster über die weiche Ethik und Selbstregulierung hinaus zu harten Gesetzen übergeht, die Standards setzt. Der Europäische Rat hat vor kurzem den Vorschlag für ein detailliertes EU-AI-Gesetz angenommen. Im kommenden Jahr dürfte dieser Entwurf finalisiert werden.
Unternehmen stehen vor der Herausforderung, Compliance-Anforderungen zu operationalisieren und sie mit guten Absichten in Einklang zu bringen. Intelligente IT-Systeme müssen inventarisiert und gerade risikoreiche Entscheidungen genau geprüft werden. Die Einbeziehung der Interessengruppen wird dabei auf alle Beteiligten ausgeweitet und beschränkt sich nicht mehr auf Technologen und Data Scientists. Systeme, die mit Künstliche Intelligenz arbeiten, müssen kontinuierlich – und nicht nur bei ihrer Entwicklung – auf Leistung, Robustheit und Fairness überwacht werden. Stakeholder fordern Transparenz und Erklärungen ein, wenn sie mit UT-gestützten Entscheidungen konfrontiert sind, die sich zum Beispiel auf ihren Hypothekenantrag, ihr Stellenangebot oder ihren Versicherungsanspruch beziehen. Aus Kontrollgründen wird dabei eine Zentralisierung der Prozesse nötig.
4. Eine Lösung auf der Suche nach einem Problem
Im Jahr 2022 hat es eine rasante Entwicklung großer und grundlegender Modelle für Künstliche Intelligenz gegeben. Zum größten Teil geht es hier um Algorithmen, die Inhalte wie beispielsweise Quellcode, Bilder oder Videos erzeugen. So hat beispielsweise OpenAI Ende November 2022 die Anwendung ChatGPT auf den Markt gebracht, das in den ersten fünf Tagen mehr als eine Million Nutzer angezogen hat. Man kann mit dieser Lösung Unterhaltungen in natürlicher Sprache führen und Quellcode generieren. Das Jahr 2023 wird wohl zum Testfeld für diese Modelle von OpenAI, Google, DeepMind, Meta und dem BigScience-Konsortium. Die mehrsprachigen Algorithmen sind wesentlich umfangreicher als das Sprachverarbeitungsmodell GPT-3 und können für Forschungszwecke heruntergeladen werden. Im Falle von Bloom sind sie sogar vollständig frei zugänglich. Dies hat zu einer Flut von Demos von Text-zu-Video-, Sprache-zu-Text- und Übersetzungs-Apps geführt.
Ein Video zu generieren, in dem ein Hund mit einem Superheldenumhang durch die Luft fliegt, ist allerdings kein hochwertiger Anwendungsfall für Unternehmen. Es gibt einige schnell nutzbare Bereiche wie Sprache-zu-Text im Marketing, Kundenservice oder Codierungs-Support. In diesem Jahr erwarten wir, dass einige Start-ups auf den Plan treten, um sehr spezifische Anwendungsfälle zu monetarisieren. Da der Aufbau und die Ausführung der Kernmodelle sehr teuer sind, fließen erhebliche Mittel in Unternehmen, die den Zugang zu diesen generischen Modellen anbieten. Die großen Akteure lassen sich dabei nicht in die Karten schauen. Sie behaupten entweder, dass sie zunächst die Sicherheit Künstlicher Intelligenz erforschen oder dass es sich um grundlegende Technologien für den langen und kurvenreichen Weg zu einer allgemeineren Künstlichen Intelligenz handelt. Im Business geht es allerdings darum, die richtigen Anwendungsfälle von KI zu finden und zu vermarkten, bevor es die anderen tun. jf
Der Autor
Peter van der Putten ist Director AI Lab bei Pegasystems.