Softwarebasierte Automatisierung kann sehr viel, allerdings ranken sich auch viele Mythen um diese Technologie. Alexander Steiner, Chief Solution Architect der meta:proc GmbH, trennt Wunsch und Wahrheit.
In Bezug auf die Einsatzdauer und die Arbeitsgeschwindigkeit hat ein Software-Roboter Vorteile gegenüber seinen menschlichen Kollegen. Den wenigsten Unternehmen ist bislang allerdings klar, wo die typischen Einschränkungen der virtuellen Helfer liegen. Anwender erhoffen sich von Robotern meist 100 Prozent Automatisierung, eine superkurze Laufzeit und null Fehler. Die Erwartungen sind groß – aber der Realität entkommt niemand.
Viele Vorstellungen sind schlicht falsch
Ist die Rede von Robotern, haben viele Menschen ein Bild von HAL, R2-D2 oder dem Terminator im Kopf. Ganz schnell verschwimmen die Grenzen zwischen regelbasierter Automatisierung und künstlicher Intelligenz. Die Realität sieht anders aus: anders als oft gedacht lassen sich unstrukturierte Aufgaben nicht so einfach durch Robotic Process Automation ausführen.
Um die Sicherheit aller Geschäftsprozesse zu gewährleisten sowie die erfolgreiche Implementierung und Anbindung an bestehende ERP-Systeme sicherzustellen, sollten Unternehmen in Automatisierungsprojekten von Beginn die IT-Abteilung einbeziehen. Bestehende Systeme sind weiterhin nötig und sollten eng mit der Automatisierungslösung verknüpft werden, um optimale Ergebnisse zu erzielen.
In den meisten bisherigen Projekten zur Automatisierung stehen Kosteneinsparungen im Fokus. Das ist nicht notwendigerweise der beste Einsatzzweck für diese Technologie. Die großen Benefits der Automation liegen vielmehr in einer verbesserten Customer Experience, der erhöhten Compliance sowie Verarbeitungsqualität, der einfachen Skalierbarkeit und in der Entlastung von Mitarbeitern. Zu klären ist jedoch vor jedem Projekt die Frage der Akzeptanz. Gerade am Anfang begegnen Arbeitskräfte den Robotern oft mit Skepsis und sehen ihren Arbeitsplatz in Gefahr. Eine offene und frühzeitige Kommunikation bildet die Grundlage zur Einführung der Technologie. Das gilt für alle beteiligten Stakeholder.
Roboter tun nur das, was man ihnen antrainiert hat
Software-Roboter können nicht selbst lernen, denn ihnen fehlen künstliche Intelligenz und Machine Learning. Anwender müssen sich darüber im Klaren sein, dass die Roboter nur genau die Prozesse ausführen, die ihnen zuvor antrainiert wurden. Fehler in der Programmierung oder nachträgliche Veränderungen im übergeordneten Prozess können dazu führen, dass ein Bot seine Aufgabe tausendfach falsch abwickelt. Hier zeigen sich die Grenzen von Robotic Process Automation. Bereits im Vorfeld sollte der zu automatisierende Vorgang genau analysiert und gegebenenfalls Fehler in der Prozessabarbeitung eliminiert werden. Schließlich macht Automatisierung einen mangel- oder gar fehlerhaften Ablauf nicht besser.
Ein weiteres Problemfeld sind die blind spots, die nahezu jede Prozessbeschreibung aufweist. Die Anweisungen sind in einem solchen Fall nicht eindeutig genug. Für den Roboter müssen diese blind Spots in klare Anweisungen übersetzt werden. Schließlich kennt er so etwas wie ein Bauchgefühl nicht, sondern handelt grundsätzlich strikt nach Anweisung.
Vor jedem Projekt müssen Unternehmen daher die Fragen klären, wo sich der Einsatz von Software-Robotern lohnt, und wo es Einschränkungen gibt. In ihrer Reinform kann die Automation nur mit strukturierten Daten arbeiten. Um Informationen in ausreichender Qualität aufzubereiten, entsteht möglicherweise ein erhöhter Aufwand. Da die Automation sich in erster Linie für repetitive Tätigkeiten und Standardprozesse eignet, lässt sie sich nicht in jedem Unternehmen gleichermaßen sinnvoll anwenden. Unternehmen müssen zudem sicherstellen, dass stets ein Mitarbeiter die Aufsicht über die automatisierten Prozesse behält, beispielsweise die IT-Abteilung. Dazu gehören regelmäßige Überwachungen und Prüfungsprozesse. Für die Mitarbeiter der technischen Sparte bedeutet das möglicherweise eine Umverteilung der eigenen Kapazitäten.
Buchhaltung, Controlling, Personalwesen und Kundensupport
Allgemein gesprochen bezeichnet Robotic Process Automation nichts anderes als eine Software, die einen vormals manuell ausgeführten Geschäftsprozess nach vorheriger Programmierung teilweise oder komplett automatisiert. Der Roboter arbeitet am gleichen Arbeitsplatz wie ein menschlicher Kollege, der morgens ins Büro kommt, und führt die gleichen Aufgaben wie dieser aus. Passende Einsatzfelder sind die Buchhaltung, das Controlling, das Personalmanagement oder der Kundensupport. Software Automation bietet beispielsweise die Möglichkeit, E-Mails zu öffnen, deren Anhänge zu extrahieren und sämtliche Informationen in das bestehende IT-System zur Kundenbetreuung zu übertragen. Hierbei handelt es sich um Geschäftsabläufe, die mehr als einen Prozessschritt beinhalten und mit einer gewissen Häufigkeit anfallen.
Auch wenn die Technologie sich noch in einer frühen Phase befindet, liegen die Vorteile für Unternehmen auf der Hand: Robotic Process Automation lässt sich in kurzer Zeit implementieren und mit Bestandssystemen verbinden. Bots arbeiten 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche und machen kaum Fehler. Schon alleine können sie heute sehr viel. In Kombination mit anderen Technologien und in der Zusammenarbeit mit ihren menschlichen Kollegen bringen sie noch einiges mehr zustande. jf
Der Autor
Alexander Steiner ist Chief Solution Architect der meta:proc GmbH, die als Spezialist für Automatisierungssoftware Unternehmen dabei unterstützt, Arbeitsabläufe durch Prozessautomatisierung effizient zu gestalten.