Die Disziplinen Process Intelligence und Business Intelligence erscheinen ähnlich, sie dienen aber unterschiedlichen Zwecken. Mit dem Wissen um die jeweiligen Stärken und die Unterschiede der Disziplinen lässt sich das jeweils am besten passende Werkzeug wählen.
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Process Intelligence versus Business Intelligence: Unternehmen nutzen Business Intelligence (BI), um Geschäftsinformationen auszuwerten und strategische Entscheidungen zu treffen. Process Intelligence (PI) hingegen konzentriert sich darauf, Geschäftsprozesse zu analysieren und deren Effizienz zu steigern. Beide Technologien spielen eine zentrale Rolle in der digitalen Transformation und werden oft mit dem „zentralen Nervensystem“ eines Unternehmens verglichen.
Während Business-Intelligence-Plattformen bereits weit verbreitet sind, gewinnt Process Intelligence als relativ neues Konzept zunehmend an Bedeutung. Der entscheidende Unterschied: PI analysiert Geschäftsprozesse nahezu in Echtzeit, erkennt Engpässe und verbessert Abläufe, z. B. in der Robotic Process Automation (RPA). Durch Process Mining ermöglicht PI erhebliche Effizienzsteigerungen, Kosteneinsparungen und bessere strategische Entscheidungen.
Process-Intelligence untersucht Abläufe
Process-Intelligence ist eine Sammlung neuer datenwissenschaftlicher Ansätze, die sich auf die Analyse und Optimierung von Geschäftsprozessen über alle beteiligten Systeme und Anwendungen hinweg konzentrieren. Process-Intelligence-Lösungen werden manchmal als jüngste Generation der Prozessanalyse bezeichnet. Sie gehen über das traditionelle Process Mining hinaus. Eine Process-Intelligence-Plattform besteht aus sechs Kernfunktionen:
1. Process Mining – Erfassung realer Prozessabläufe anhand von Datenprotokollen.
2. Task Mining – Analyse von Benutzerinteraktionen mit Anwendungen zur Identifikation ineffizienter Abläufe.
3. Prozessanalyse – Identifikation von Engpässen, Compliance-Verstößen und Optimierungspotenzialen.
4. Prozessüberwachung – Echtzeit-Überwachung zur Erkennung und Behebung von Abweichungen.
5. Prozessvorhersage – KI-basierte Prognosen für zukünftige Prozessentwicklungen.
6. Prozesssimulation – „Was-wäre-wenn“-Szenarien zur Bewertung möglicher Veränderungen.
Ein gutes Beispiel dafür ist der „Order to Cash“-Prozess. Betrachtet man ihn den durch die Linse von Process Intelligence, verlagert sich der Schwerpunkt auf ein umfassendes Verständnis aller Variationen und Muster innerhalb des gesamten Ablaufs. Dies schließt die Auswirkungen verzögerter oder versäumter Schritte, die Auswirkungen der Prozessabfolge und die Beiträge verschiedener Personen in bestimmten Phasen des Prozesses mit ein.
So könnte die Process-Intelligence beispielsweise aufzeigen, dass ein bestimmter Prozessschritt, wie die Auftragsprüfung, zu lange dauert und dadurch Verzögerungen verursacht, die sich auf den gesamten Prozess auswirken. Process Intelligence kann auch Fälle aufdecken, in denen wichtige Schritte wie Kreditprüfungen übersprungen werden, was zu einem erhöhten finanziellen Risiko für das Unternehmen führt. Insgesamt bietet Process-Intelligence eine ganzheitliche Perspektive, liefert Einblicke in die Prozessdynamik und zeigt Optimierungsmöglichkeiten auf.
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Business-Intelligence: Fokus auf Datenanalyse
Business-Intelligence ist ein technologiegestützter Prozess, der die Analyse und Präsentation von Geschäftsinformationen umfasst. Das Hauptziel von Business Intelligence ist es, Unternehmen dabei zu helfen, fundierte Entscheidungen zu treffen. Manager erhalten Einblicke in ihre Geschäftsabläufe, das Kundenverhalten, Markttrends und die Wettbewerbslandschaft. Aus der Sicht des Analysten umfasst Business Intelligence zwei Elemente:
- Datenanalyse: Analyse der Daten, um Muster, Trends und Anomalien zu erkennen.
- Datenvisualisierung: Darstellung der analysierten Daten in einer visuell zugänglichen Weise, z. B. in Form von Dashboards, Diagrammen und Berichten.
Überprüft man den „Order to Cash“-Prozess mit Business Intelligence, so erkennt man, wie viele Aufträge heute eingegangen sind, und wie sich diese unter von Verkäufern, Produktfamilien, Regionen verteilen. Ein Analyst kann mithilfe dieser Funktionen die Anzahl der im letzten Monat eingegangenen neuen Aufträge nach Tagen aufgeschlüsselt analysieren oder die beliebtesten Produktfamilien. Er könnte sehen wie sich diese im Laufe der Zeit verändert haben. Außerdem ließe sich die Regionen mit dem höchsten Verkaufsstapel oder die Verkäufer mit dem höchsten Auftragseingang ermitteln.
Was Business Intelligence nicht sagen kann ist, wie diese Metriken von der Ausführung anderer Teile des Prozesses beeinflusst wurden. Zumindest nicht ohne eine große Menge an benutzerdefinierter Entwicklung und komplexer Programmierung.
Da Business Intelligence nicht in der Lage ist, Zusammenhänge herzustellen und aufzuzeigen, liefert diese Disziplin in manchen Fällen nur unbefriedigende Antworten. So kann die Analyse beispielsweise nicht feststellen, ob die Fälle, in denen bestimmte Verkäufer die meisten Aufträge erhielten, mit effizienten Kundeninteraktionen zusammenfielen, bei denen Anfragen umgehend bearbeitet wurden. Ebenso wenig könnte man umgekehrt nachweisen, ob niedrige Auftragsraten mit langsamen Reaktionszeiten oder möglicherweise übersehenen Kundenanfragen korrelierten, bei denen der Versuch komplett ignoriert wurde.
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Die vier zentralen Unterschiede zwischen Process Intelligence und Business Intelligence
Process-Intelligence und Business-Intelligence unterscheiden sich in vier Feldern, nämlich beim Schwerpunkt, bei den Datenquellen, bei den Ergebnissen und bei den Werkzeugen.
1. Schwerpunkt
- Process Intelligence: Optimierung und Analyse von End-to-End-Geschäftsprozessen.
- Business Intelligence: Analyse einzelner Prozessschritte oder Unternehmenskennzahlen.
2. Datenquellen
- Process Intelligence: Ereignisprotokolle, Audit-Daten, Benutzerinteraktionen.
- Business Intelligence: Strukturiere Unternehmensdaten aus verschiedenen Quellen.
3. Ergebnisse
- Process Intelligence: Detaillierte Erkenntnisse zur Verbesserung von Prozessen und Abläufen.
- Business Intelligence: Datenbasierte Entscheidungsgrundlagen für Geschäftsstrategien.
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4. Werkzeuge
- Process Intelligence: Process Mining, Task Mining, Monitoring, Vorhersagen, Simulationen.
- Business Intelligence: Dashboards, Berichte, Visualisierungstools für Unternehmenskennzahlen.
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Andererseits haben Process-Intelligence und Business-Intelligence jede Menge Gemeinsamkeiten: Beide Disziplinen nutzen Daten aus dem Unternehmen zur visuellen Darstellung von Erkenntnissen. Damit unterstützen sie das Management, die Analyse und die Entscheidungsfindung in Unternehmen. Dieselben Data Warehouses können sowohl bei Process Intelligence als auch bei Business Intelligence zum Einsatz kommen. Die gewonnenen Erkenntnisse unterscheiden sich je nach den Fähigkeiten und Einschränkungen der jeweiligen Plattform. Dieses Wissen bildet die Grundlage für fundierte Entscheidungen und die Optimierung von Geschäftsabläufen in einer datengesteuerten Welt.
Welches Tool ist das richtige?
Ob Process Intelligence oder Business Intelligence – die Wahl hängt vom Analyseziel ab. BI bietet detaillierte Einblicke in Unternehmenskennzahlen, während PI ganzheitliche Prozesse analysiert und Optimierungsmöglichkeiten aufzeigt.
Unternehmen, die eine prozessbezogene Perspektive benötigen, profitieren von Process Intelligence, insbesondere in Kombination mit Process Mining. Business Intelligence bleibt unverzichtbar für strategische Entscheidungen, stößt aber bei der Ursachenanalyse von Prozessproblemen an Grenzen.
Für Unternehmen, die sich einen Wettbewerbsvorteil sichern möchten, ist ein Verständnis der Unterschiede zwischen diesen beiden Technologien entscheidend. Die richtige Kombination beider Ansätze kann den maximalen Nutzen aus Daten und Geschäftsprozessen herausholen. jf
Der Autor
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Jon Knisley ist Product Marketing Manager beim Dokumentenmanagement-Spezialisten Abbyy.