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Nachhaltigkeit in der Logistik: Warum Abwarten teuer wird

In der Transport- und Logistikbranche zögern Unternehmen oft, nachhaltige Technologien zu testen – aus Angst vor Fehlentscheidungen. Doch gerade dieses Abwarten birgt das größte Risiko: Wer nicht rechtzeitig handelt, gefährdet seine künftige Wettbewerbsfähigkeit.

Nachhaltigkeit in der Logistik
©Veit Störmer | istockphoto.com

Oliver Bange von der TIP Group ist überzeugt, dass es für Unternehmen aus Transport und Logistik wirtschaftlich klug ist, frühzeitig nachhaltige Technologien einzuführen. Wer zu lange zögert, riskiert strategische Nachteile. Die europaweiten Erfahrungen der TIP Group zeigen dabei deutlich: Frühes Handeln lohnt sich – und zwar nicht nur ökologisch, sondern vor allem wirtschaftlich. „Der Transport- und Logistiksektor steht an einem entscheidenden Wendepunkt“, sagt Oliver Bange. „Steigende Anforderungen an Nachhaltigkeit in der Logistik und verschärfte Emissionsvorgaben zwingen Unternehmen dazu, ihre Flotten neu zu denken. Viele zögern jedoch, weil unklar ist, welche grünen Technologien sich durchsetzen werden, aus Angst, eine Fehlentscheidung zu treffen. Doch zu warten, bis die beste Lösung feststeht, ist ein Fehler.“

Warum Praxiserfahrung ein strategischer Vorteil ist

Bange beschreibt ein komplexes Marktumfeld: Förderprogramme werden kurzfristig angepasst, regulatorische Rahmenbedingungen sind nicht einheitlich in Europa, und die Technologien etwa bei Zugfahrzeugen – batterieelektrisch, wasserstoffbasiert oder gasbetrieben – befinden sich in unterschiedlichen Entwicklungsstadien. Eine falsche Investition kann zum Stillstand der Flotte führen, zu finanziellen Verlusten oder regulatorischen Risiken. Doch ein Abwarten birgt ebenso große Gefahren.

„Es gibt derzeit keine eindeutige Gewinnertechnologie und das könnte auch so bleiben“, erklärt Bange. „Gas, Batterie, Wasserstoff – alle haben Potenzial. Entscheidend sind die Infrastruktur des Unternehmens, die gesetzlichen Vorgaben, die strategischen Ziele und der operative Kontext. Was für den urbanen Transport in den Niederlanden gut funktioniert, ist möglicherweise ungeeignet für Langstrecken in Osteuropa. Jede Region und jedes Unternehmen hat ihre eigenen Anforderungen. Aus diesem Grund plädiere ich für Offenheit und praktische Tests verschiedener Lösungen. Es geht nicht darum, auf den einen Gewinner zu warten, sondern darum, herauszufinden, welche Technologie wo am besten passt und erste Erfahrungen zu sammeln. Es geht hierbei nicht nur um das Fahrzeug oder den Antrieb, sondern um das gesamte Ökosystem; Infrastruktur, gesetzliche Rahmenbedingungen, operative Prozesse und Menschen. Nur so erkennt man, was wirklich zum eigenen Unternehmen passt.“

Pioniergeist zahlt sich aus: Wettbewerbsvorteile sichern

Die Vorteile eines frühen Einstiegs in Nachhaltigkeit in der Logisitk liegen laut Bange auf der Hand: „Unternehmen, die Innovation zulassen, sichern sich Wachstum. Sie gewinnen neue Kundenaufträge, steigern den Anteil nachhaltiger Technologien in ihrer Flotte und sogar die Fahrer:innen ziehen mit. Zunächst war die Sorge verbreitet, dass elektrische Fahrzeuge beim Fahrpersonal auf Ablehnung stoßen. Unsere Erfahrung zeigt das Gegenteil: Fahrer:innen sind stolz auf moderne Fahrzeuge und fühlen sich als Teil eines wichtigen Wandels.“

„Diese Unternehmen werden nicht nur effizienter – sie gestalten den Markt aktiv mit“, sagt Bange. „Wer neue Technologien erfolgreich einsetzt, gilt als glaubwürdig. Man erhält mehr Ausschreibungen, beeinflusst sogar deren Inhalte. Eigene Praxiserfahrung wird zur Referenz. Man hat getestet, man hat Daten und es funktioniert. Das verändert die gesamte Debatte zu diesem Thema. Wer Nachhaltigkeit in der Logistik nur als Pflicht versteht, verpasst Potenzial. Es geht darum, das Unternehmen zukunftssicher und wachstumsfähig im Wandel zu verankern.“

Ganzheitliche Nachhaltigkeit in der Logistik: Potenziale bei Fahrzeugen und Trailern ausschöpfen

Während in der Diskussion über den Energiewandel oft der Antrieb im Mittelpunkt steht, betont Bange: „Auch das, was das LKW zieht, ist entscheidend. Meist sprechen wir über neue Antriebstechnologien bei Trucks, aber die Trailer-Seite ist genauso wichtig, wenn wir die gesamte Nachhaltigkeitsbilanz betrachten wollen. Nachhaltigkeit in der Logistik bedeutet ebenfalls, vorhandene Transportmittel intelligenter zu nutzen. Das Refurbishment, die Wiederaufbereitung und Nutzungsdauerverlängerung von Aufliegern, ist ein großer Hebel. Die Branche war lange auf den Neukauf fokussiert, doch das ist nicht mehr zeitgemäß. Refurbishment spart CO₂ und Geld.“


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Artikel
Wie Business Software den Wandel zu klimafreundlichem Wirtschaften unterstützt
Nachhaltigkeit beginnt im System
Autor: Dr. Karsten Sontow, Trovarit AG
Erschienen: 2025-06-26
Schlagworte: Business Software, CO₂-Bilanzierung, CRM, ERP, ESG-Reporting, MES, Nachhaltigkeit, PLM/PDM
Klimaneutralität und Nachhaltigkeit zählen zu den größten Herausforderungen unserer Zeit – für Gesellschaft wie für Unternehmen. Vor dem Hintergrund des globalen Ressourcenverbrauchs, wachsender Emissionsmengen und steigender regulatorischer Anforderungen wird klar: Wirtschaftliches Handeln muss neu gedacht und auf nachhaltige Ziele ausgerichtet werden.
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Digitale Intelligenz als Treiber nachhaltiger Effizienzsteigerung

Auch die Digitalisierung und die Nutzung von Daten spielen eine immer wichtigere Rolle. Mit Telematik und intelligenten Monitoring-Systemen lassen sich Auslastung, Verfügbarkeit und Wartungsanforderungen von Aufliegern und Zugmaschinen deutlich besser steuern. Predictive Maintenance – vorbeugende Wartung – reduziert Ausfallzeiten und steigert die Effizienz der Flotte. Auch dies zählt zu einer gelebten Nachhaltigkeit. Neben grünen Technologie ist ebenso der intelligente Einsatz von Ressourcen wichtig.

Ladungsoptimierung: Weniger Emissionen durch bessere Auslastung

„Ein häufig unterschätztes Thema ist die Ladungsoptimierung“, so Bange. „Hier steckt enormes Potenzial: Wenn Truck und Trailer optimal beladen sind, lassen sich mit weniger Fahrten mehr Güter befördern. Das spart Kraftstoff und senkt Emissionen. Künstliche Intelligenz kann dabei unterstützen die Routenplanung und Beladung effizienter zu gestalten. Schon kleine Verbesserungen können große Wirkung entfalten. Wer Nachhaltigkeit in der Logistik ernst meint, muss auch hier ebenfalls ansetzen.“

Testen mit kalkuliertem Risiko: Schrittweise zur nachhaltigen Flotte

Für Unternehmen, die zwar interessiert, aber noch zurückhaltend sind, hat Bange einen klaren Rat: „Wenn Sie 100 Zugmaschinen im Fuhrpark haben – warum nicht mit drei vollelektrischen Fahrzeugen starten? Das sind gerade einmal 3 % der Flotte. Ein Pilotprojekt ist ein risikoarmer Weg, erste operative Erfahrungen zu sammeln“, sagt Bange. „Niemand muss alles auf einmal umstellen. Im kleinen Maßstab ausprobieren. Lernen Sie, welche Strecken geeignet sind, wie das Laden in der Praxis funktioniert, wie die Fahrer:innen reagieren. All das lässt sich herausfinden, ohne die Existenz des Unternehmens zu gefährden.“

Die Pilotprojekte orientieren sich dabei am realen Betrieb der Kunden. Ein Kühllogistiker in den Niederlanden beginnt möglicherweise mit elektrischen Kühlaufliegern, um emissionsarme Zonen einzuhalten. Ein regionaler Spediteur in Deutschland nutzt E-Lkw, um Mautbefreiungen und Fördermittel zu nutzen. Die Möglichkeiten sind so individuell, wie die Unternehmen, die sie nutzen.

Risiken minimieren durch starke Partnerschaften

„Was uns auszeichnet, ist unsere Herstellerneutralität“, sagt Bange. „Wir bieten verschiedene Konfigurationen an, wie etwa mehrere Varianten bei unseren elektrischen Kühlaufliegern. So kann jeder Kunde die Lösung wählen, die am besten zu ihm passt. Diese Flexibilität ist nach unserer Erfahrung entscheidend. Zudem unterstützen wir dabei, die Investitionsrisiken zu reduzieren. Mit unseren Mietlösungen nutzen unsere Kunden die neuen Fahrzeuge, ohne eigenes Kapital langfristig zu binden. Als Vermieter tragen wir das Anschaffungsrisiko und vermeiden so, dass Unternehmen auf den Fahrzeugen sitzen bleiben, die eventuell später nicht mehr passen. Viele unserer Kunden begleiten wir seit Jahren – teils seit Jahrzehnten. Diese gewachsene Vertrauensbasis schafft Raum für offene Gespräche: über Risiken, praktische Herausforderungen und darüber, was es in der Realität braucht, um neue Technologien erfolgreich einzuführen.“

Fazit: klein anfangen, aber jetzt starten

Für Bange ist klar: Wer jetzt beginnt, wenn auch im kleinen Umfang, verschafft sich langfristige Wettbewerbsvorteile. „Es ist ein Prozess. In fünf Jahren könnten sich Geschäftsmodelle in der Transportbranche grundlegend verändert haben. Wer von Anfang an dabei war, ist auch vorbereitet. Es wird keinen perfekten Zeitpunkt geben“, sagt Bange. „Die Infrastruktur befindet sich noch im Aufbau, die Technologien entwickeln sich weiter, gesetzliche Vorgaben ändern sich laufend. Genau deshalb ist jetzt der Moment, um zu testen, zu lernen, sich anzupassen und zukünftig darauf aufzubauen. Je länger abgewartet wird, desto weniger vorbereitet ist man. Wer erfahren ist, kann schneller skalieren, flexibler reagieren und mehr Geschäft gewinnen. Auf den idealen Moment zu hoffen, lohnt sich nicht, denn er wird nicht kommen.


Der Experte

Oliver Bange ist Geschäftsführer Central Region bei der TIP Group.