Cloud First heißt auch künftig die Vorgabe für die Microsoft-Produktentwicklung. Das Enterprise-Resource-Planning (ERP)-Modul Dynamics 365 for Operations, ehemals AX, will der Softwarekonzern aber bald auch als On-Premises-Version anbieten. Welches das bessere Betriebsmodell ist, hängt von vielen Faktoren ab. Bei den Kosten erkennt die auf Software-Auswahl spezialisierte Trovarit AG nicht für jedes Unternehmen einen Vorteil der Cloud.
ES DAUERTE etwas, bis Microsoft öffentlich ein klares Bekenntnis zu einer lokal installierbaren Version, On Premises, für Dynamics 365 for Operations abgab. Etwas Überzeugungsarbeit aus der deutschen Microsoft-Dynamics-Partnergemeinde und der Dynamics AX-Kundenbasis war wohl notwendig, wie sich aus dem Unternehmensumfeld vernehmen lies. Neben der bereits verfügbaren cloudbasierten und einer hybriden Version soll nun ein Preview der On-Premises-Version für das ehemalige Dynamics AX im April veröffentlicht werden. In den produktiven Betrieb geht die Anwendung laut Microsoft im Sommer 2017. Bei der als No-data-replic-cloud oder Local-Business-Data bezeichneten Version verbleiben die Daten innerhalb des Unternehmens. In diesem Szenario läuft der Application Server und die SQL-Datenbank daher entweder im unternehmenseigenen Rechenzentrum oder in dem des Rechenzentrumspartners eines Kunden.
Kostenargument pro Cloud ist umstritten
Frank Naujoks, bei Microsoft Deutschland zuständig für Dynamics 365 for Operations, glaubt jedoch, dass Dynamics 365 seine wahren Stärken in der Cloud ausspielt: „Die Kosten für Installation und Betrieb sind hier signifikant niedriger (siehe Chart oben).“
Davon sind nicht alle Experten überzeugt. Dr. Karsten Sontow, Vorstand der auf die Software-Auswahl spezialisierten Trovarit AG, empfiehlt für Unternehmen im gehobenem Mittelstand mit anspruchsvollem ERP-Anwendungsszenario das Betriebsmodell Cloud nicht als erste Wahl. Über eine Nutzungsdauer von mehr als drei Jahren sieht der Trovarit-Vorstand lokal installierte Software-Anwendungen, also gekaufte Lizenzen, im Vorteil bei den Total Cost of Ownership (TCO). Zudem greifen nach seiner Ansicht in der Regel die Argumente zu Kosteneinsparungen durch das Cloud-Modell nicht. Denn die meisten Unternehmen starten laut Dr. Sontow nicht auf der grünen Wiese, sondern betreiben unabhängig von der ERP-Lösung eine eigene IT-Infrastruktur und beschäftigen dafür IT-Personal: „So bezahlen sie im Cloud-Betriebsmodell für den Infrastrukturbetrieb doppelt.“ Der Softwareauswahl-Experte weist aber darauf hin, dass das Betriebsmodell Cloud für kleine Unternehmen, Start-Ups und große Firmen mit globalen Roll-Outs schlanker ERP-Systeme für Niederlassungen durchaus eine Alternative darstellt.
„Wir wissen, dass viele Unternehmen aus regulatorischen oder aus Gründen des Investitionsschutzes in ihre Hardware noch immer keine Cloud-Services nutzen können oder wollen“, räumt Microsoft-Manager Naujoks ein. Zudem gebe es Szenarien, bei denen Daten direkt vor Ort verarbeitet werden müssen. Und schließlich verhindern laut Naujoks mitunter auch langsame Internetzugänge den Betrieb von Microsoft Dynamics in der Cloud: „Für alle diese Anwendungsszenarien haben wir die On-Premises-Version von Dynamics 365 for Operations entwickelt.“
Microsoft Cloud Deutschland stellt deutschen Daten-Treuhänder
Doch bei vielen Unternehmensverantwortlichen, vor allem in Fertigungsbetrieben, bestehen gegenüber der Cloud auch Risikobedenken für die Sicherheit ihres geistigen Eigentums, also ihrer Unternehmensdaten. Diese unternehmenskritischen Informationen in die Hände Dritter zu geben, fällt vielen von ihnen noch schwer. Wenngleich diesen Bedenken oft eine eher emotionale Einschätzung zugrunde liegen könnte: „Nüchtern betrachtet ist das kein echtes Argument, da die meisten Anwenderunternehmen ihre Daten kaum sicherer verwahren können als ein Profi“, hält Trovarit-Vorstand Sontow dagegen.
Bestehende Sorgen um die Sicherheit der Unternehmensdaten will Microsoft hierzulande mit der Microsoft Cloud Deutschland ausräumen. Noch im ersten Halbjahr 2017 plant Microsoft auch Dynamics 365 über seine deutschen Rechenzentren in Frankfurt/Main und Magdeburg anzubieten und damit Kunden eine zusätzliche Wahlmöglichkeit zu eröffnen. Das besondere an der Microsoft Cloud Deutschland sei, dass der Datentreuhänder, T-Systems International, eine unabhängige deutsche Firma und Tochtergesellschaft der Deutschen Telekom, den Zugang zu den Kundendaten kontrolliere. Zugriff von Dritten werde nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Kunden oder des deutschen Datentreuhänders erteilt. Diese zusätzliche Dienstleistung kostet aber auch extra. Und diese zusätzlichen Kosten schlagen auch im Vergleich mit der Inhouse-Variante zu Buche. hei
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