Hohe Aufwände für Training, Datenpflege, Governance sowie für Wartung und Support – die Liste der Kostentreiber intelligenter IT-Systeme ist lang. Damit Projekte erfolgreich sind, benötigen Unternehmen klare Ziele und eine kontinuierliche Erfolgskontrolle.

Versteckte Kosten von Künstlicher Intelligenz: Der Hype um Künstliche Intelligenz hat in den vergangenen Jahren zu Milliarden-Investitionen und großen Erwartungen geführt. Unternehmen hoffen auf Produktivitätssteigerungen sowie auf verbesserte Abläufe. In Deutschland erwarten laut der Bitkom-Studie Künstliche Intelligenz in der deutschen Wirtschaft 73 Prozent der Betriebe eine gestärkte Wettbewerbsfähigkeit, 64 Prozent sinkende Kosten und 68 Prozent neue Geschäftsmodelle. Gleichzeitig wächst die Skepsis, ob sich alle diese Erwartungen erfüllen. Versteckte Kosten von Künstlicher Intelligenz und technische Herausforderungen lassen viele zweifeln, dass Künstliche Intelligenz tatsächlich den erhofften Durchbruch bringt.
Um nachzuvollziehen, wie diese Erwartungen entstanden sind, lohnt sich ein Blick auf die Entwicklung. In den späten Neunziger und frühen 2000er Jahren waren Künstliche Intelligenz und Machine Learning für Laien schwer zugänglich. Um mit den damaligen Modellen arbeiten zu können, benötigte man akademische Abschlüsse, Forschungserfahrung und tiefe technische Kenntnisse. Heute sind diese Technologien deutlich einfacher zugänglich und überzeugen zudem in der Kommunikation. Sie sind für Nicht-Experten leichter nutzbar, was die Erwartungen an ihre Möglichkeiten stark erhöht hat. Dennoch zeigen sich Grenzen in ihrer Leistungsfähigkeit.
Trotz aller Risiken bauen Unternehmen ihre Investitionen in Künstliche Intelligenz aus. Der Report State of Customer Engagement 2025 von Twilio zeigt, dass 97 Prozent der Firmen in den kommenden fünf Jahren ihre diesbezüglichen Investitionen steigern wollen. 77 Prozent planen dies bereits in den nächsten zwölf Monaten. Um den Weg zu einer produktiven Nutzung dieser Technologie vorzubereiten, ist es wichtig, Erwartungen zu prüfen und alle Kosten zu erkennen.
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Dynamische Märkte, Globalisierung, Digitalisierung und jetzt auch noch die Corona-Pandemie – Unternehmen müssen häufiger denn je ihre Prozesse anpassen, um sich weiterhin zu behaupten. Dabei gilt es oft, besonders schnell zu agieren bzw. zu reagieren, weshalb die neuen Prozesse nicht immer nach den Regeln der Kunst implementiert werden: Mitarbeiter werden nicht ausreichend geschult, Daten- und Informationsflüsse nicht vollständig angepasst, die Software-Unterstützung durch die vorhandenen Systeme nicht sichergestellt. Eine umfassende Analyse und Bewertung des Status Quo scheuen viele Verantwortliche wegen des vermeintlich hohen Aufwands. In dem Webinar zeigt Peter Treutlein, wie man mit den richtigen Werkzeugen effizient ein Prozess-Assessment durchführen, Schwachstellen und Potenziale ermitteln sowie Optimierungsmaßnahmen ergreifen und deren Umsetzung steuern kann, ohne große Summen zu investieren. Eben: Mit Bordmitteln mehr erreichen!
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Versteckte Kosten von Künstlicher Intelligenz kommen in zwei Varianten
Die versteckten Kosten lassen sich in technische und operative Faktoren unterteilen. Technisch wird Künstliche Intelligenz oft mit klassischer Softwareentwicklung gleichgesetzt. Beides benötigt ähnliche Fähigkeiten, Werkzeuge und Prozesse. Intelligente IT-Systeme brauchen jedoch eine sehr spezielle Pflege und Wartung. Klassische Software erfordert nur gelegentliche Sicherheitsupdates oder Funktionsanpassungen, ansonsten arbeitet sie stabil. Modelle und Algorithmen für Künstliche Intelligenz hingegen bilden den Zustand der Welt zu einem bestimmten Zeitpunkt ab. Sie wird mit Daten trainiert, die im Laufe der Zeit an Relevanz verlieren. In einigen Branchen geschieht dies über Monate oder Jahre. In Bereichen wie Betrugserkennung, Cybersicherheit oder Finanzmärkten kann dies bereits innerhalb von Tagen oder Wochen auftreten.
Ein Beispiel für eine derartige Alterung von Daten liefern autonome Fahrzeuge. Falls ein Gesetz in Kalifornien das Rechtsabbiegen bei Rot verbietet, ist ein zentrales Datenelement plötzlich falsch. Dieses Element ist bislang ein grundlegender Bestandteil des Trainings und wird von den Fahrzeugen für sichere Fahrten genutzt. Organisationen unterschätzen häufig die 20/80-Regel bei Technologie-Investitionen. Der Kauf oder die Lizenzierung machen nur einen kleinen Teil der Gesamtkosten aus. Einen viel größeren Anteil bilden Wartung, Support und Schulung. Bei Künstlicher Intelligenz verstärkt sich dieses Ungleichgewicht. Da sich die Welt ständig verändert, muss die Qualität der Modelldaten regelmäßig überprüft werden. Ohne feste Wartungs- und Kontrollpläne sinkt die Leistung unbemerkt.
Operativ wollen viele Unternehmen mit Künstlicher Intelligenz wichtige, aber oft unklar definierte Probleme lösen. Es geht zum Beispiel um eine optimierte Logistik oder eine gesteigerte Effizienz im Vertrieb. Vielfach fehlen jedoch klare Ziele und messbare Ergebnisse. Bei Firmen, die mit ihren Projekten noch am Anfang stehen, verstärken organisatorische Schwächen dieses Problem. Es mangelt an definierter Governance und gemeinsamer Infrastruktur. Ein Beispiel: Erwachsene müssen nicht daran denken, sich die Zähne zu putzen, es gehört zur Routine. Kinder sind es nicht gewohnt und müssen daran erinnert und oft überzeugt werden. In ausgereiften Organisationen laufen wichtige Prozesse ebenso selbstverständlich ab. In weniger reifen Strukturen müssen sie dagegen aktiv eingeführt und durch ständige Wiederholung gefestigt werden.
Saubere Daten, gemeinsame Systeme, gepflegte Modelle und kontinuierliche Überwachung sind bei Künstlicher Intelligenz ebenso wichtig wie Sicherheitsmaßnahmen und Governance. Vernachlässigt ein Unternehmen diese Punkte, kommt es zu Problemen in der gesamten Strategie.
Algorithmen brauchen Pflege
Künstliche Intelligenz ist keine Technologie, die man einmal einrichtet und dann einfach laufen lässt. Jeder Use Case braucht einen klaren Wartungs- und Kontrollplan. Dazu gehören Intervalle für das Nachtrainieren, messbare Kennzahlen zur Leistungsbewertung und festgelegte Schwellenwerte für Anpassungen.
Wer mit Künstlicher Intelligenz arbeitet, häuft technische Schulden an. Diese entstehen durch den Aufwand, der nötig ist, um die Leistungsfähigkeit der Modelle zu erhalten. Ohne regelmäßige Anpassung wächst dieser Aufwand an und kann zu Kontrollverlust führen. Ähnlich wie bei Fahrzeugen ist daher eine planmäßige Wartung wichtig: Ölwechsel und Kontrollen finden dort in festen Zeitabständen oder nach einer bestimmten Laufleistung statt. Bei Künstlicher Intelligenz gilt das gleiche Prinzip. Algorithmen und Modelle sollten je nach Anwendungsbereich monatlich, vierteljährlich oder halbjährlich überprüft werden. Sobald Leistungswerte oder Kennzahlen unter eine festgelegte Baseline fallen, ist vorzeitige Wartung notwendig.
Vier Schritte zum Projekterfolg
Auch wenn Künstliche Intelligenz bahnbrechend erscheint, ist sie lediglich ein Werkzeug. Auch frühere Technologien wie das Internet oder die Cloud haben enorme Veränderungen ausgelöst. Derartige Umbrüche lassen sich nur dann aktiv steuern, wenn die Herangehensweise stimmt. Vier Schritte haben sich dabei bewährt:
- Den Hype ignorieren: Testen und sich bewusst machen, dass Künstliche Intelligenz nicht jedes Problem löst.
- Offen bleiben: Akzeptieren, dass eine Lernkurve notwendig ist, um den maximalen Nutzen zu erzielen.
- Ziele klar definieren: Nutzen, Wert und Veränderungen im Zeitverlauf messen.
- Wissen, dass nicht alles bekannt ist: Flexibel und agil bleiben, experimentierten, neue Kennzahlen einrichten und die Zielerreichung messen.
Bei der passenden Herangehensweise überdecken keine verborgenen Kosten den Nutzen Künstlicher Intelligenz. Wichtig sind ein Überblick über sämtliche Kosten, saubere Strukturen, konsequente Überwachung und klare Wartungspläne. jf
Der Autor

Zachary Hanif ist Head of Artificial Intelligence, Machine Learning and Data bei Twilio, einem US-Provider für Cloud-basierte Kommunikation.