Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht über Bitcoin oder Blockchain im Internet, Fernsehen oder anderen Medien berichtet wird. Auch aktuelle Google Trends Auswertungen zum Suchbegriff „Blockchain“ bestätigen das stetig anwachsende Interesse an diesem Thema. Was macht Blockchain für das Unternehmen von heute so interessant?

Blockchain

Man geht davon aus, dass diese Technologie den Austausch mit Kunden und ihren Daten grundlegend verändern wird. Davon sind bereits heute rund 55 Prozent der deutschen Unternehmen überzeugt. Diese können sich vorstellen, dass Blockchain in Zukunft eine große Bedeutung für die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft haben wird. Gemäß einer aktuellen Studie des Bundesverbandes Bitkom gehört Blockchain sogar zu den 10  wichtigsten Trendthemen der Digitalbranche.

Dabei sind die branchenübergreifenden Anwendungsszenarien vielfältig und bieten ein großes Potenzial für Customer Relationship Management (CRM)-Plattformen.

 Doch was verbirgt sich hinter Blockchain, Bitcoin und Co eigentlich?

Im Jahre 2009 erlebte die virtuelle Währung Bitcoin ihre Geburtsstunde. Ihr Erfinder ist unter dem Pseudonym „Satoshi Nakamoto“ bekannt. Bis heute weiß niemand, ob es sich dabei um eine einzelne Person oder gar um eine Gruppe von Personen handelt. Dem Bitcoin sowie den anderen virtuellen Währungen wie z.B. Ethereum liegt dabei eine gemeinsame Technologie zugrunde: die sogenannte Blockchain. Man kann also sagen der Bitcoin verhält sich zur Blockchain wie das World Wide Web zum Internet – sprich eine konkrete Anwendung versus die gesamte Plattform.

Dabei handelt es sich um ein digitales Ledger-System (eine Art „Kassenbuch“), in dem Transaktionen verschlüsselt aufgezeichnet werden. Das bedeutet, dass Einzelteile (die sogenannten “Blocks”) fest und untrennbar sowie am Ende nicht mehr manipulierbar zu einer Kette (engl. “Chain”) verbunden werden. Dies kann man sich wie eine riesige Excel-Datei vorstellen, in der man nur neue Einträge hinzufügen und keine älteren löschen oder ändern kann. Dadurch sind die darin gespeicherten Transaktionen und enthaltenen Informationen im Grunde „echt und unveränderlich“ und brauchen niemanden mehr, der sie verwaltet oder authentifiziert. Die Blockchain könnte dadurch Geschäftsabschlüsse ohne Mittelsmänner abwickeln, beispielsweise den Wertpapierhandel ohne Banken oder einen Hauskauf ohne Notar. Über programmierbare Regeln und Funktionen könnten durch die Blockchain auch zukünftig klassische Verträge auf Papier durch sogenannte „Smart Contracts“ ersetzt werden. Ziel des Blockchain-Konzeptes ist es dabei, immer die handelnden Personen in den Mittelpunkt der Transaktion zu stellen und zwischen ihnen eine sogenannte Peer-to-Peer-Kommunikation herzustellen.

Welches Potenzial hat die Blockchain für CRM?

Transparenz und Datensicherheit

Der Einsatz von Blockchain ermöglicht CRM-Software spannende Datensicherheitsoptionen. Dies gilt speziell für Cloud-basierte CRM Lösungen, bei denen die Sicherheitsbedenken einiger Unternehmen in Bezug auf Ihre Kundendaten immer noch eine große Rolle spielen. Und obwohl die derzeitigen Cloud-Sicherheitsprotokolle bereits einen langen Weg zur Reife zurückgelegt haben, sind die Cloud-Sicherheitsbedenken nicht völlig unbegründet. Dies liegt hauptsächlich daran, das CRM-Lösungen in der Regel als zentralisierte Systeme aufgebaut sind. Sie haben somit immer einen inhärenten „Single Point of Failure“. Im Vergleich dazu sind Blockchains dezentralisiert und über regelmäßig synchronisierte Peer-to-Peer-Netzwerke verteilt. Dies macht Manipulationen nahezu unmöglich, da der Zugriff auf die gesamte Blockkette nur mit enormer Rechenleistung möglich ist. Somit sind auch etwaige Betrugs- und Manipulationschancen an den in der Cloud gespeicherten CRM-Daten quasi ausgeschlossen.

Da die Informationen weder geändert noch kopiert werden können, bietet Blockchain für Kunden und Unternehmen umfassende Transparenz darüber, wie Daten aus unterschiedlichsten Quellen im CRM erfasst wurden. Beispielsweise intern (über manuelle Eingabe), online (z.B. LinkedIn, Xing) oder über Abonnement-/Adresshändlerdatenbanken.

Dies gilt natürlich auch für die Weiterverarbeitung oder den Verkauf von Daten. So können Unternehmen ihren Kunden jederzeit anzeigen, an wen sie Daten weitergegeben haben und ob Sie damit ihre Versprechen zur Datenverwendung wirklich eingehalten haben. Die Blockchain schützt auch hier durch ihre manipulationssichere Transparenz.

Diese ist dabei nicht nur auf reine Personendaten beschränkt, sondern kann z.B. auch bei der Überwachung von Fertigungs-/Lieferketten genutzt werden. Durch die Blockchain-Technologie kann jede Bewegung innerhalb der Fertigungs-/Lieferkette nachverfolgt und verifiziert werden. So können Kunden genau überprüfen, woher ein Produkt kommt und ob die Marketingversprechen eines Unternehmens z.B. in Bezug auf Nachhaltigkeit wirklich eingehalten wurden.

Diese zuvor beschriebene Transparenz der Daten und die Sicherheit vor Datenmissbrauch hat dabei maßgeblichen Einfluss auf die zukünftige Customer Experience (CX).

Datenqualität

Ob durch inkonsistente Daten-Quellen, „Fake“-Angaben bei Formularen, schlechten Datenimport-Tools oder einfach aufgrund menschlicher Fahrlässigkeit: CRM-Anwender auf der ganzen Welt müssen sich tagtäglich mit ungenauen oder doppelten Datensätzen auseinandersetzen.

Mithilfe von Blockchain könnte ein Kunde seinen ganz persönlichen „Block“ haben, der Unternehmen ein einheitliches und genaues Bild der persönlichen Daten, vergangenen Transaktionen, Abonnements usw. bietet.

Damit hilft die Blockchain Unternehmen, das Problem ungenauer, veralteter und doppelter Datensätze zu umgehen. Dies führt wiederum zu einer besseren Sicht auf den Kunden und hilft Unternehmen gleichzeitig bei der Kundenbindung.

Kontrolle der persönlichen Daten

Angesichts der zunehmenden Sorge um die Sicherheit personenbezogener Daten wird der Umgang mit Kundendaten in CRM-Systemen zwangsläufig immer weiter angepasst.

Aufgrund ihres dezentralen und manipulationssicheren Ansatzes bietet die Blockchain-Technologie hier die Möglichkeit einer „selbstverwalteten“ digitalen Identität.

Damit könnten beliebige personenbezogene Daten, Verträge und Transaktionen gespeichert, verschlüsselt und auf Anfrage verifiziert werden ohne dass die anfragenden Unternehmen tatsächlich alle in der Blockchain gespeicherten Einzelheiten erfahren.

Dies führt zu mehr Selbstkontrolle seitens Kunden hinsichtlich ihrer Daten und stärkt damit das Vertrauen gegenüber den Unternehmen.

Loyalitätsprogramme

Loyalitätsprogramme gelten als ein wichtiger Bestandteil des Kundenbindungsmanagements speziell im B2C-Umfeld.

Die darüber zu generierenden Kundeninformationen wie Produktinteressen, Kaufverhalten oder präferierte Kommunikationskanäle ermöglichen es, gezielte Marketing- und Kommunikationsstrategien zu entwickeln.

Diese sind auf die individuellen Kundenbedürfnisse abgestimmt und bieten dem Kunden so einen realen Mehrwert. Viele dieser Loyalitätsprogramme sind aber für die Kunden, aufgrund der unterschiedlichen Regeln und Beschränkungen, sehr intransparent. Zudem haben viele Kunden erhebliche Datenschutzbedenken im Hinblick auf die Teilnahme an diesen Programmen und den damit erhobenen Daten. Darüber hinaus wird diesen Programmen ein geringer Return-On-Investment (ROI) unterstellt.

Hier könnte der Einsatz von Blockchain, ähnlich der Krypto-Währungen, dazu genutzt werden, die bisherigen Loyalitätsprogramme neu zu erfinden und wieder zu beleben.

Wie bei Bitcoins könnten die gesammelten „Treuepunkte“ in einer dezentralen Geldbörse („Wallet“) verwaltet werden, die für alle Unternehmen und Marken kompatibel ist. Kunden wären dann nicht mehr an die Regeln und Beschränkungen einzelner Marken gebunden und die Punkteeinlösung würde extrem vereinfacht. Egal, bei welchem Unternehmen die Punkte erworben wurden, sie können bei allen Unternehmen innerhalb der Blockchain eingelöst werden. Der Kunde genießt das positive Kauferlebnis, speichert es in seinem Erfahrungsschatz ab. Dies verstärkt die emotionale Bindung zwischen Kunden und Produkt und seinem Anbieter (Customer Experience) Ganz nebenbei ist es den Unternehmen so möglich, dem Kunden perfekt auf ihn zugeschnittene neue Angebote zu unterbreiten.

Fazit

Der Trend und die Euphorie um das Thema Blockchain ist unbestritten, jedoch ist der Reifegrad bzw. sind die Investitionen der einzelnen CRM-Player in dieser Technologie noch sehr unterschiedlich. Während Microsoft noch dabei ist, seine Blockchain-Pläne bekannt zu machen, testet der Hauptkonkurrent Salesforce bereits seine Blockchain- und CRM-Integrationen und plant die Vorstellung erster Anwendungsszenarios auf seiner diesjährigen Hausmesse der Dreamforce. SAP hat sogar eine eigene Initiative für gemeinsame Innovationen rund um die Blockchain-Technologie ins Leben gerufen, der bereits 27 Kunden und Partner beigetreten sind.

Die Blockchain wird dabei nicht nur unsere zukünftige Herangehensweise an CRM verändern, sondern hat auch das Potenzial, unsere Geschäftsmodelle grundlegend zu verändern. Da sich die Technologie aber aktuell noch in den Kinderschuhen befindet, ist dies natürlich ein hehres Ziel. Man kann aber bereits jetzt davon ausgehen, dass in den nächsten 12 bis 18 Monaten erste reale Anwendungsfälle von Blockchain und CRM, insbesondere in Branchen mit hohem Kundenaufkommen wie dem Einzelhandel und in Unternehmen mit internationalem Vertrieb präsentiert werden. Ralf Klatt, Trovarit AG