Start Ratgeber Bei technischen Schulden droht der Zinseszins

Bei technischen Schulden droht der Zinseszins

Unter Zeitdruck erstellen Unternehmen oft provisorische Lösungen statt robuster Applikationen. Unternehmen, die diese technischen Schulden nicht konsequent abbauen, werden lange darunter leiden, warnt der IT-Dienstleister Avision.

Technische Schulden
© Max Zolotukhin, istockphoto.com

Auf die Schnelle: Software-Entwicklung und Zeitdruck gehen naturgemäß Hand in Hand. Stehen Kunden oder die Konkurrenz mit der Stoppuhr hinter dem Entwickler-Team, fließen die Investitionen gerne mal in kurzfristige Lösungen mit einer geringen Time-to-Market, anstatt in den langfristigen Aufbau robuster Applikationen. Die Folgen sind technische Schulden. Als strategisches Konzept haben solche Provisorien durchaus ihre Berechtigung – zum Beispiel, um neue Funktionen vor der Konkurrenz auf den Markt zu bringen.

Was im ersten Moment als unternehmerisch sinnvoll erscheint, wird jedoch erfahrungsgemäß durch mangelnden Willen oder Unwissenheit bei der Tilgung der aufgehäuften Schulden ad absurdum geführt. Das Problem: Während die über einen Kredit aufgenommenen Geldmittel per Zins- und Tilgungszahlungen abgetragen werden, verschließen viele Unternehmen vor der Tilgung ihrer technischen Schulden die Augen.

Behelfslösungen bremsen das Entwicklungstempo

Direkte Konsequenzen sind unter anderem eine verlangsamte Entwicklungsgeschwindigkeit, instabile Anwendungen, wochenlange Fehlersuchen oder auch schlichtweg ein unlesbares Code-Chaos. Wer seine Projekte an dieser Stelle einfach weiterlaufen lässt, nach dem Motto „Es ist ja noch immer gut gegangen“, weil es ja eben irgendwie funktioniert, zahlt am Ende des Tages einen hohen Preis. Zum einen stellt diese Praxis ein großes Sicherheitsrisiko dar, wie viele Firmen beim Desaster um die Softwarekomponente Log4J erleben mussten. Unübersichtlicher und kurzfristig zusammengeschusterter Code ist keine gute Grundlage für eine dringende Fehlerbeseitigung und führt schnell zu sehr langen Tagen und Nächten in den IT-Abteilungen.

Zum anderen entsteht bei unkontrollierten und nicht getilgten technischen Schulden aber ein noch gravierenderes Problem: Bauen Entwickler weitere Behelfslösungen um einen unverständlichen Code herum, anstatt bestehende Projekte von Grund auf aufzuräumen, steigt die Komplexität immer weiter an – die technischen Schulden haben jetzt Zinseszinsen.


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Unternehmen fragen sich, wie sie diese Spirale am besten beenden. Dies ist durchaus möglich. Technische Schulden sind das Ergebnis von Managemententscheidungen, dort zu investieren, wo gerade Bedarf besteht. Ist die Anwendung erst einmal kurzfristig fertiggestellt und auf dem Markt, beginnt aber in den meisten Fällen das große Vergessen. Genau an dieser Stelle benötigen wir dringend ein Umdenken: Entwickler brauchen im Nachgang das Budget und die Zeit, um die Projekte aufzuräumen, lesbar zu machen, Dokumentationen zu pflegen und die Technologie von kurz- auf langfristig zu heben. Je länger diese Schritte hinausgezögert werden, desto umfangreicher und teurer werden sie.

Unternehmen brauchen aus diesem Grund das Äquivalent einer Clean Desk Policy für ihre Projekte, anstatt einmal ausgerollten Code stiefmütterlich zu behandeln. In der Praxis heißt das: Zeit und Geld investieren, Code aufräumen und technische Schulden abbauen, anstatt sich auf kurzfristige Lösungen zu konzentrieren. Genau wie bei einem Bankkredit reduzieren sich nämlich Schulden nicht von selbst. Nur ein aktives Tilgen führt zu einer Verbesserung der Lage – und damit zu lesbarem Code, einfach erweiterbaren Anwendungen und zu mehr Sicherheit. jf


Die Autorin

Nadine Riederer
Quelle: Avision

Nadine Riederer ist CEO bei Avision, einem auf Software Revival spezialisierten IT-Dienstleister.