Start Software und Technologie Robotik in der Kommissionierung: Ludwig Meister automatisiert Zentrallogistik

Robotik in der Kommissionierung: Ludwig Meister automatisiert Zentrallogistik

Um seine logistischen Prozesse am Hauptstandort in Dachau zu zentralisieren, setzt die Ludwig Meister GmbH & Co. KG auf eine vollautomatisierte Kommissionierlösung mit künstlicher Intelligenz. Herzstück ist ein KI-basiertes Pick-and-Place-System, das ohne menschliche Eingriffe arbeitet und durch ein besonders schonendes Handling empfindlicher Produkte überzeugt – bei gleichzeitig optimaler Raumnutzung im Lager.

Robotik in der Kommissionierung
©Sereact

Das Familienunternehmen Ludwig Meister wurde 1939 gegründet und zählt heute zu den führenden Handels- und Dienstleistungsunternehmen für Antriebstechnik, Werkzeuge und Hydraulik in Deutschland. Mit rund 300 Mitarbeitenden, sieben Standorten und einem Jahresumsatz von rund 130 Millionen Euro betreut der Mittelständler über 15.000 Kunden. Das Produktspektrum ist beeindruckend: Über 2,5 Millionen Artikel sind ständig verfügbar.

Herausforderung: Vielfalt und Empfindlichkeit

Mit der Zentralisierung der Logistik in Dachau wurde auch der Wunsch laut, Robotik in der Kommissionierung und Lagerung einzusetzen. An den übrigen Standorten soll nur noch für regionale Kanban-Lieferungen vorgehalten werden. Die Herausforderung: herkömmliche Pick-and-Place-Systeme müssen vorab auf jedes einzelne Produkt trainiert werden. Bei einem Portfolio von 2,5 Millionen Artikeln ein kaum zu bewältigender Aufwand. „Wir wollten keine zweieinhalb Millionen Produkte antrainieren, sondern das System direkt proaktiv nutzen“, erklärt Matthias Dambach, Leiter der Zentrallogistik bei Ludwig Meister. Eine weitere große Herausforderung war das sanfte und präzise Handling der Ware. Bei den Produkten handelt es sich unter anderem um empfindliche Wälz- und Präzisionslager, die durch grobes Picking beschädigt und damit für den Einbau unbrauchbar werden könnten. Gleichzeitig sollte das System in der Lage sein, die Artikel so exakt zu platzieren, dass der Raum in den standardisierten Achtelbehältern möglichst effizient genutzt wird.

Erste Schritte zur automatisierten Robotik in der Kommissionierung

Der Einstieg in das Projekt erfolgte auf der LogiMAT 2023. Dort wurde Ludwig Meister auf Sereact aufmerksam, einem Stuttgarter Softwareentwickler, der sich auf KI-gestützte Robotik spezialisiert hat. Erste Gespräche, Greiftests mit realen Artikeln und ein Besuch vor Ort zeigten schnell das Potenzial der Lösung.  Ausschlaggebend für die Zusammenarbeit war insbesondere Sereacts Expertise im Bereich KI-gestützter Robotik und der hohe Grad an Automation, den die Robotik-Lösung ermöglicht. Bereits drei Monate später konnte ein komplettes Pick-and-Place-System in der Dachauer Zentrale in Betrieb genommen werden.

Flexibel und effizient: Robotik in der Kommissionierung ohne Training

Das KI-basierte Pick-and-Place-System bewältigt gleich zwei zentrale Herausforderungen, mit denen Ludwig Meister bei der Kommissionierung konfrontiert war: Zum einen ermöglicht es eine platzsparende Positionierung von Produkten in den Lagerbehältern, zum anderen können Artikeländerungen oder neue Produkte in das System integriert werden, ohne dass dafür ein aufwendiges Training notwendig ist.

Grundlage der Lösung ist das objektzentrierte Vision Language Action Model (VLAM), das unbekannte Situationen selbstständig analysieren und passende Handlungen ableiten kann. Die Bedienung erfolgt über natürliche Sprache, sodass sich das Verhalten der Roboter einfach und ohne Programmierkenntnisse anpassen lässt.


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Ein Fallbeispiel zeigt die Flexibilität des Systems besonders anschaulich: In einem Anwendungsfall definierte Ludwig Meister, dass Tüten, die 20 Prozent größer sind als das vorgesehene Fach, dennoch dort eingelagert werden dürfen – weil die Verpackungen flexibel sind. In einem weiteren Beispiel sollte das System Kartons erkennen, die mit einem „X“ markiert waren, da diese bereits für eine Einzelentnahme geöffnet wurden. Die entsprechende Regel wurde per Sprache definiert: „Keine Gegenstände mit einem aufgemalten X picken.“

Um das System praxisnah zu testen, wurde die Handhabbarkeit ausgewählter Produkte zunächst dokumentiert und kategorisiert. „Wir haben jedoch noch einen großen Bestand an ungetesteten Produkten, deren Handhabbarkeit sich noch nicht abschließend beurteilen lässt“, erklärt Matthias Dambach. „Daher werden diese Produkte der Roboterzelle überlassen, die eigenständig entscheidet, ob eine Umlagerung möglich ist. Die Erfolgsquote liegt zwischen 96 und 98 Prozent – und das bei unserem großen Portfolio.“

Technische Lösung mit Spezialgreifer

Neben der Softwarelösung entwicklet Sereact einen speziellen Triple-Suction-Greifer, der mit drei verschieden großen Saugnäpfen ausgestattet ist. Nicht genutzte Sauger werden eingefahren, sodass der aktive Sauger auch tief bis an den Boden in Lagerbehälter greifen kann. Das ermöglicht ein sicheres und präzises Handling – besonders bei empfindlichen Bauteilen wie Wälzlagern.

Ausblick: Ausbau der Robotik in der Kommissionierung geplant

Nach dem erfolgreichen Start soll das System nun weiter ausgebaut werden: Eine zweite Roboterzelle, die als Piece-Picking-Roboter fungieren und Kundenaufträge kommissionieren soll, ist in Planung. Zudem kommt die Lösung inzwischen auch in Bereichen wie Palettierung, Anomalie-Erkennung oder Qualitätssicherung zum Einsatz. „Die Lösung von Sereact hat uns dabei geholfen, unser eigenes Produktportfolio besser zu verstehen“, fasst Dambach zusammen. „Mit dem Wissen ist es uns möglich, die Logistik unserer Zentrale problemlos zu automatisieren und uns auf wertschöpfende Tätigkeiten zu konzentrieren“.


Der Autor

©additiv

Jan Leins ist B2B-Kommunikationsstratege mit Faible für Tech, Logistik & Start-ups bei additiv.|