Künstliche Intelligenz (KI) verändert die Art und Weise, wie Unternehmen mit ihren ERP-Systemen arbeiten. Automatisierte Prozesse, vorausschauende Analysen und eine effizientere Entscheidungsfindung versprechen enorme Vorteile. Doch die Einführung von KI in ERP-Systemen ist mit Herausforderungen verbunden. Unternehmen müssen sich mit Fragen der Datenqualität, IT-Infrastruktur und der Akzeptanz im Unternehmen auseinandersetzen.

Datenqualität – entscheidender Erfolgsfaktor
KI-Algorithmen sind nur so gut wie die Daten, mit denen sie arbeiten. Unstrukturierte, inkonsistente oder unvollständige Datensätze können dazu führen, dass KI-Modelle falsche Entscheidungen treffen oder Prozesse nicht zuverlässig automatisieren. Besonders problematisch ist dies in Bereichen wie Stammdatenmanagement und Bedarfsprognosen, wo präzise Informationen essenziell sind. Unternehmen müssen daher sicherstellen, dass ihre Datenbasis vor der Einführung von KI in ERP-Systemen bereinigt, standardisiert und kontinuierlich aktualisiert wird.
Ein wesentliches Problem vieler Unternehmen ist, dass ihre ERP-Daten über Jahre hinweg gewachsen sind, ohne einer strukturierten Bereinigung zu unterliegen. Dubletten, uneinheitliche Datenformate und redundante Informationen erschweren es, verlässliche Prognosen zu erstellen. KI kann zwar helfen, diese Daten zu analysieren und zu optimieren, aber ohne eine initiale Bereinigung bleibt das Potenzial der Technologie begrenzt.
IT-Infrastruktur: Cloud oder On-Premise?
Moderne KI-Anwendungen sind rechenintensiv und erfordern eine leistungsfähige IT-Umgebung. Viele bestehende ERP-Systeme sind jedoch noch nicht auf KI vorbereitet – insbesondere ältere On-Premise-Lösungen stoßen an ihre Grenzen. Unternehmen müssen entscheiden, ob sie ihre ERP-Software in die Cloud verlagern oder leistungsstarke On-Premise-Lösungen mit KI-Funktionalitäten ausstatten. Hybride Ansätze, die Cloud und lokale Rechenleistung kombinieren, können ebenfalls eine sinnvolle Alternative sein.
Ein entscheidender Vorteil der Cloud ist, dass sie skalierbare Rechenkapazitäten bereitstellen kann, die für KI-Analysen notwendig sind. Unternehmen, die weiterhin auf On-Premise-ERP setzen, sollten sicherstellen, dass ihre Hardware leistungsfähig genug ist, um große Datenmengen in Echtzeit zu verarbeiten. Ohne diese Investitionen kann die Integration von KI zu Leistungsengpässen und ineffizienten Abläufen führen.
KI in ERP-Systemen – Akzeptanz fördern und Change Management gezielt begleiten
Die beste KI-Lösung bringt wenig, wenn sie von den Mitarbeitenden nicht akzeptiert wird. Viele Anwender stehen KI-Technologien skeptisch gegenüber, sei es aus Angst vor Arbeitsplatzverlust oder Unsicherheiten im Umgang mit der neuen Software. Hier ist gezieltes Change Management gefragt: Unternehmen müssen ihre Mitarbeitenden frühzeitig in den Einführungsprozess einbinden, Schulungen anbieten und den konkreten Nutzen der KI-Anwendungen greifbar machen. Eine offene Kommunikation und gezielte Weiterbildung sind dabei entscheidend.
Ein weiteres Problem ist die Komplexität der KI-Modelle. Wenn die Nutzer nicht nachvollziehen können, wie eine KI zu bestimmten Empfehlungen oder Entscheidungen gelangt, kann dies zu Misstrauen und Ablehnung führen. Unternehmen sollten daher auf „erklärbare KI“ (Explainable AI) setzen – also auf Lösungen, die transparent und nachvollziehbar darlegen, auf welcher Datenbasis Entscheidungen getroffen werden.
Datenschutz und Compliance – Herausforderungen für den KI-Einsatz
Der Einsatz von KI im ERP-Umfeld bringt auch neue Herausforderungen in Bezug auf Datenschutz und Compliance mit sich. Unternehmen müssen sicherstellen, dass ihre KI-gestützten Prozesse den gesetzlichen Anforderungen entsprechen, insbesondere in Hinblick auf DSGVO, IT-Sicherheitsrichtlinien und branchenspezifische Regularien.
Datengetriebene KI-Modelle benötigen Zugriff auf große Datenmengen, darunter oft auch sensible Informationen über Kunden, Lieferanten oder Mitarbeiter. Unternehmen müssen genau prüfen, welche Daten genutzt werden und ob diese ausreichend geschützt sind. Zudem sollten KI-Modelle kontinuierlich überprüft werden, um sicherzustellen, dass sie keine diskriminierenden oder fehlerhaften Entscheidungen treffen, die rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen könnten.
Kosten und Implementierungsaufwand nicht unterschätzen
Ein weiterer wichtiger Punkt ist der finanzielle und organisatorische Aufwand für die Einführung von KI. Neben der Anschaffung und Integration neuer KI-Module für ERP-Systeme sind oft auch umfangreiche Prozessanpassungen und Change-Management-Maßnahmen notwendig. Unternehmen sollten daher realistische Erwartungen haben und ein schrittweises Vorgehen wählen, um die Implementierung effektiv zu steuern.
Es ist ratsam, zunächst Pilotprojekte zu starten, um die Einsatzmöglichkeiten von KI in ERP-Systemen zu testen. So können Unternehmen frühzeitig Erfahrungen sammeln, Optimierungspotenziale erkennen und den tatsächlichen Nutzen der Technologie bewerten, bevor sie in eine vollständige Implementierung investieren.
Fazit: Herausforderungen meistern und profitieren
Die Einführung von KI in ERP-Systemen ist nicht nur eine technologische, sondern auch eine organisatorische Herausforderung. Unternehmen, die sich frühzeitig mit Datenqualität, IT-Infrastruktur, Mitarbeiterakzeptanz und regulatorischen Anforderungen auseinandersetzen, können die Vorteile der Technologie gezielt nutzen.
Wer die Hürden meistert, profitiert von effizienteren Prozessen, präziseren Analysen und einer besseren Entscheidungsfindung. KI ist kein kurzfristiger Trend, sondern wird sich langfristig als fester Bestandteil moderner ERP-Lösungen etablieren – für Unternehmen bedeutet dies die Chance, ihre digitale Transformation auf das nächste Level zu heben.
→ Dies ist ein Auzug aus unserem Fachbeitrag: „Wenn ERP-Systeme denken lernen – KI in der Unternehmenssteuerung“. Sie finden den kompletten Beitrag zum kostenlosen Download auf unserer Website.
Die Autoren
Dr. Volker Liestmann ist Vorstand des auf Digitalisierungsprojekten spezialisierten Consultinghauses Trovarit AG.
Dr. Karsten Sontow ist Mitgründer und Vorstandsvorsitzender des auf Digitalisierungsprojekten spezialisierten Consultinghauses Trovarit AG.