Steigende Kundenanforderungen, kürzere Marktein-führungszeiten und die Notwendigkeit, wettbewerbsfähig zu bleiben, erfordern von Unternehmen eine agile und effiziente Herangehensweise an ihre Produkt-entwicklungsprozesse. In diesem Zusammenhang spielen Product Lifecycle Management (PLM)-Systeme eine zunehmend zentrale Rolle.
Alle Produktdaten immer im Blick
Während die Unterstützung von Geschäftsprozessen durch Software in vielen Branchen Standard ist, stoßen Unternehmen immer noch auf Schwierigkeiten bei der nahtlosen Integration digitaler Daten. Softwareanbieter versprechen heute, dass Product Lifecycle Management-Lösungen einen umfassenden Einblick in sämtliche Produktinformationen bieten können.
So liefert eine PLM-Lösung Konzepte für ein umfassendes Datenmanagement und hilft auf diese Weise bei der Beherrschung der Vielfalt produkt- und prozessbezogener Daten. Dieses umfassende Datenmanagement entlang des kompletten Produktlebenszyklus stellt enorme Herausforderungen an die Software-Lösung, da die Produktdaten für alle beteiligten zugriffsberechtigten Personen an verschiedenen Standorten in der erweiterten Logistikkette jederzeit zur Verfügung stehen müssen. Nur ein ganzheitliches IT-Konzept zur Integration der Software-Lösungen kann diese Anforderung erfüllen und PLM-fähige Prozesse ermöglichen.
Optimierte Produktentwicklung in der Automobilindustrie
Am Beispiel eines Automobilherstellers, der die Produktentwicklung seiner Fahrzeuge optimieren möchte, soll verdeutlich werden, was mit dem Einsatz einer PLM-Lösung möglich ist:
1. Ideen- und Konzeptphase:
Mit PLM können Teams Ideen und Konzepte für neue Fahrzeugmodelle zentral erfassen und verwalten. Durch die Integration von Feedback aus verschiedenen Abteilungen und von externen Partnern können Ideen schneller bewertet und ausgewählt werden.
2. Design- und Konstruktionsphase:
Das Design-Team nutzt PLM, um 3D-Modelle und technische Zeichnungen zu erstellen und zu verwalten. PLM ermöglicht es, Änderungen und Iterationen effizient zu verfolgen und sicherzustellen, dass alle beteiligten Abteilungen über die neuesten Informationen verfügen.
3. Materialauswahl und Beschaffung:
PLM hilft bei der Verwaltung von Materialdaten und Lieferanteninformationen. Dies ermöglicht es dem Hersteller, die besten Materialien zu wählen und sicherzustellen, dass die Beschaffung reibungslos verläuft.
4. Prototypenentwicklung:
Das PLM-System unterstützt die Erstellung von Prototypen und die Zusammenarbeit zwischen Ingenieuren und Herstellern. Prototypen können schneller entwickelt und getestet werden, da alle relevanten Informationen zentral verfügbar sind.
5. Produktvalidierung und Simulation:
PLM ermöglicht es dem Hersteller, Simulationsdaten für Sicherheitstests und Leistungsbewertungen zu speichern und zu verwalten. Die Ergebnisse von Tests und Simulationen können leicht mit dem Designteam geteilt werden, um schnell notwendige Anpassungen vorzunehmen.
6. Fertigungsvorbereitung:
PLM unterstützt bei der Erstellung von Fertigungsprozessplänen und der Verwaltung von Produktionsdaten. Dies erleichtert die reibungslose Übergabe des Designs an die Produktion.
7. Produktionsphase:
Die Produktionsmitarbeiter können über PLM auf detaillierte Montageanleitungen und Produktionsdaten zugreifen. Dies trägt dazu bei, die Fertigungseffizienz zu steigern und Fehler zu minimieren.
8. Wartung und Kundendienst:
PLM ermöglicht es dem Hersteller, Wartungsanleitungen, Ersatzteilinformationen und Serviceaufzeichnungen zu verwalten. Dadurch können Kunden besser betreut und schneller auf Probleme reagiert werden.
In diesem Beispiel trägt PLM dazu bei, den gesamten Produktentwicklungsprozess zu rationalisieren, indem es Informationen zentralisiert, die Zusammenarbeit fördert und den Informationsfluss zwischen verschiedenen Abteilungen und Teams erleichtert. Dadurch kann der Automobilhersteller seine Produkte schneller auf den Markt bringen, Kosten senken und die Produktqualität verbessern.
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Durch die Integration und abgestimmte Nutzung aller lebenszyklusrelevanten Daten sind für Unternehmen große Steigerungen der Unternehmenseffektivität und -effizienz möglich. Neben den bereits erwähnten allgemeinen Zeit- und Kosteneinsparungen finden sich zahlreiche Nutzenpotenziale entlang des Lebenszyklus:
- Schneller und effizienter Datenzugriff aller Abteilungen
- Vermeidung von Dateninkonsistenzen
- Sicherstellung eines integren und aktuellen Datenbestands im Sinne des Single Source of Truth-Gedankens
- Gezieltes Änderungsmanagement (z.B. Statusübergänge, Zugriffsberechtigungen) und schnelle Umsetzung von Änderungen im Sinne eines Rapid Engineering Change Request
- Abbildung der Komplexität von Produkten und ihrer Beziehungen zu anderen Objekten
- Reduzierung der Teilevielfalt (Wiederverwendung)
- Einhaltung von Standards im Unternehmen (Verwendung und Integration von Normteilen)
- Unterstützung verteilter (Entwicklungs-)Teams (Concurrent Engineering)
- Unterstützung agiler Entwicklungsprozesse und Sicherstellen eines durchgängigen Verständnisses von Kundenanforderungen
- Kurzzyklische Validierung der Kundenanforderungen (z.B. mithilfe von Prototypen)
- Ermöglichung einer frühzeitigen Markteinführung und höherer Absatzzahlen durch Reduzierung von redundanten Tätigkeiten und veralteten Datenständen
- Unterstützung hinsichtlich Qualitätssicherungsmaßnahmen
Mit PLM allzeit bereit: Datenverfügbarkeit jederzeit an jedem Standort
Die Datenverfügbarkeit zu jedem Zeitpunkt und an jedem Standort während des gesamten Lebenszyklus macht es möglich, die Entwicklung und Produktion im Verbund kooperierender Unternehmen bzw. Unternehmensabteilungen durchzuführen. Damit lassen sich die Vorteile und die Kompetenzen der verschiedenen Standorte hinsichtlich einer integrierten Produkt- und Prozessentwicklung erst richtig realisieren und ein langfristiger Unternehmenserfolg kann sichergestellt werden. Um die Entwicklungsaufwände zu minimieren, können Konstrukteure in Amerika auf die gleichen Bauteile im PLM-System zurückgreifen wie Entwickler in Asien. Gleichzeitig wird die Variantenzahl durch das hinterlegte Regelwerk für Standardteile begrenzt. Der so genannte „Variantenwildwuchs“, bei dem für die gleiche Problemstellung an jedem Standort unterschiedliche Lösungen entwickelt werden, wird somit systemtechnisch vermieden. Außerdem systematisiert das Änderungsmanagement im kompletten Lebenszyklus und in der erweiterten Logistikkette den Änderungsprozess, damit keine Inkonsistenzen in den Daten auftreten.
Durch die zentrale Informationsverfügbarkeit lassen sich insbesondere Latenzen in der Umsetzung von Maßnahmen erheblich reduzieren und steigern somit die Produktivität in der Produktentwicklung.
Der Autor
Marc Müller ist Managing Consultant und Leiter des Competence Centers PLM/PDM bei der Trovarit AG.