Handfeste Wettbewerbsvorteile versprechen sich viele Unternehmen von Künstlicher Intelligenz. Konkrete Projekte sind aber bislang selten. Besonders zurückhaltend zeigt sich das Top-Management, wie eine Studie des IT-Dienstleisters adesso zeigt.
Eigentlich sind sich deutsche Führungskräfte der Bedeutung von Künstlicher Intelligenz bewusst: 90 Prozent der für die adesso-Studie befragten Manager sind davon überzeugt, dass Unternehmen, die in den nächsten fünf Jahren in diese Technologie investieren, einen Wettbewerbsvorteil haben. 82 Prozent der Entscheider sind sich zudem darüber einig, dass es mit Künstlicher Intelligenz gerade erst losgeht. Konkrete Projekte wie etwa ein auf intelligenten Analysen basierendes Lead Scoring oder eine Produktentwicklung auf Basis von Nutzerdaten realisieren bislang allerdings nur sehr wenige Unternehmen.
adesso hat gemeinsam mit der Kölner Marktforschungsagentur heute & morgen von Januar bis Mitte Februar dieses Jahres eine Umfrage zum Thema Künstliche Intelligenz durchgeführt. Befragt wurden dabei insgesamt 318 Entscheider in Unternehmen sowie 1.000 Endverbraucher unterschiedlicher Altersgruppen in Deutschland. Anfang Juni wurden die Verbraucher zu ausgewählten Punkten erneut befragt, um Trends oder Veränderungen in ihrer Einstellung zu KI durch die aktuelle Corona-Pandemie zu analysieren.
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Manager kennen die Projekte ihrer Unternehmen nicht
Ein überraschendes Ergebnis der Studie ist die vom Durchschnitt der Befragten abweichende Einstellung des Top-Managements zum Thema Künstlicher Intelligenz. 72 Prozent der befragten Vorstände oder Geschäftsführer sehen in den dazugehörigen Investments Wettbewerbsvorteile. Über alle Abteilungen hinweg stimmen 90 Prozent der Befragten dieser Aussage zu. Auch an anderen Stellen unterscheiden sich die Antworten des Top-Managements vom Durchschnitt: Insgesamt 27 Prozent der befragten Führungskräfte gaben an, Text-Chats – etwa in Form von Dialogfenstern auf einer Webseite – bereits einzusetzen beziehungsweise den Einsatz gerade zu planen. Allerdings wissen lediglich 7 Prozent der Vorstände und Geschäftsführer von diesen Projekten. Während 21 Prozent aller Führungskräfte sagen, dass in ihrem Unternehmen Weiterbildungsmaßnahmen rund um Künstliche Intelligenz und Maschinelles Lernen aktuell umgesetzt werden, sind es beim Top-Management lediglich 3 Prozent.
Für diese Diskrepanz liefert die Studie zwei mögliche Erklärungen: Einerseits wird das Management gerade in größeren Unternehmen nicht jedes Detail über Projekte zu Künstlicher Intelligenz im Blick haben. Ob die Marketing- und IT-Abteilungen ein Chatbot-Modul testen, spielt im Gesamtkontext keine größere Rolle. Andererseits weiß anscheinend die oberste Führungsriege selbst bei eher strategischen Fragestellungen wie der technischen Weiterbildung der Mitarbeiter nicht über die Aktivitäten in ihrem Unternehmen Bescheid. Das wiederum ist ein klarer Widerspruch zu der häufig propagierten Forderung, das Thema Künstliche Intelligenz sollte aufgrund seiner Bedeutung ganz oben in der Hierarchie verankert werden. Immerhin ist die Unterstützung von Seiten des Vorstands oder der Geschäftsführung eine grundlegende Voraussetzung, damit aus Einzelaktivitäten eine konsolidierte Strategie in Sachen Künstliche Intelligenz wird.
Ohne die Führungsebene bleiben alle Strategien Stückwerk
„Aktuell scheint das Top-Management beim Planen und Umsetzen von Projekten zu Künstlicher Intelligenz noch zu zögern“, erklärt Volker Gruhn, Aufsichtsratsvorsitzender und Gründer der adesso SE. „Das dürfte sich aber bald ändern. Schließlich ist das Potenzial intelligenter Anwendungen einfach zu groß, um es langfristig zu ignorieren.“ Eine umfangreiche Strategie für den Umgang mit dieser Technologie lässt sich laut Gruhn ausschließlich mit der Unterstützung aus der Unternehmensleitung realisieren.
Die aktuelle adesso-Studie über Künstliche Intelligenz ist kostenfrei per Download erhältlich. Jürgen Frisch