Mit der künstlichen Intelligenz hält nun die Weiterentwicklung von Big Data und Analytics Einzug in die Fabrikhallen. Die smarte Produktion ist der Schlüssel zur Industrie 4.0, die durch neue technologische Innovationen möglich gemacht wird.
Die möglichst vollständige Digitalisierung der Wertschöpfungskette steht für die produzierende Industrie schon seit längerem ganz oben auf der Agenda. Eine selbstorganisierte und selbständig lernende Produktionshalle ist die erklärte Zielvorstellung für die Industrie 4.0 – und immer neue Technologieinnovationen rücken sie in greifbare Nähe. Eine Studie des Berliner Instituts für Innovation und Technik (iit) im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) zeigt, dass künstliche Intelligenz (KI) ein enormes Potenzial für die künftige Wertschöpfung in der produzierenden Industrie aufweist. So soll der Einsatz von KI der Branche in Deutschland innerhalb der nächsten fünf Jahre eine zusätzliche Bruttowertschöpfung von rund 31,8 Milliarden Euro bescheren. Damit wäre KI für gut ein Drittel des erwarteten Gesamtwachstums verantwortlich. Als besonders vielversprechend gelten laut Studie die KI-Anwendungen Predictive Analytics, Robotik sowie intelligente Assistenzsysteme, Automatisierung und Sensorik.
KI schrittweise ausbauen
Predictive Maintenance war für viele Industrieunternehmen der Einstieg in die smarte Produktion, doch mittlerweile überwiegt hier das Bedürfnis nach Automation und Effizienz. Das zeigt eine Umfrage des Datenmanagementspezialisten NetApp unter 120 deutschen IT-Experten aus den Branchen Healthcare, Automotive, Finance und Manufacturing. Aus ihr geht hervor, dass KI in der produzierenden Industrie aktuell vor allem für die Automatisierung repetitiver Fertigungsprozesse (Robotic Process Automation, RPA) und für das Supply-Chain- und Lagermanagement eingesetzt wird. Das gaben 66,7 Prozent beziehungsweise 60 Prozent der Befragten aus der Branche an. Dabei stehen viele Unternehmen allerdings gerade erst am Anfang ihrer KI-Strategie: 46,7 Prozent der Entscheider in der produzierenden Industrie befanden sich zum Zeitpunkt der Umfrage im ersten Jahr des aktiven Einsatzes von KI. Andere Branchen wie der Finanzsektor sind hier (noch) einen Schritt voraus. Allerdings kann die Fertigungsindustrie eine besonders hohe Erfolgsquote bei KI-Projekten vorweisen – die Bedeutung von KI für die Zukunft hat sie also erkannt.
Einige Vorbehalte bestehen
Zwischen der Wirtschaft und dem nächsten Schritt in der digitalen Transformation stehen allerdings noch einige hartnäckige Vorbehalte: Zum einen befürchten Unternehmen bei einer ganzheitlichen Digitalisierung aller Produktionsprozesse hohe Kosten – gerade, weil damit auch eine Modernisierung veralteter IT-Infrastrukturen verbunden wäre. Kosten würden dabei also auf Software- und Hardware-Seite entstehen. Die Dauer einer solchen Umsetzung trägt auch zum zögerlichen Verhalten bei. Und wie bei allen datengetriebenen Prozessen steht auch hier natürlich die Frage des Datenschutzes im Raum, die nach Inkrafttreten der DSGVO eine noch höhere Bedeutung als bisher einnimmt.
Viele dieser Bedenken lassen sich jedoch mit dem entsprechenden Know-how eliminieren oder zumindest abschwächen. Um das entsprechende Fachwissen in das eigene Unternehmen zu bringen, verfolgen die Hersteller mehrere Strategien. Beispielsweise setzen sie sich den Aufbau einer internen KI-Abteilung, die gezielte Einstellung einzelner KI-Experten sowie eine Zusammenarbeit mit externen Beratern und Unternehmen ausdrücklich zum Ziel. Denn gerade zu Beginn der eigenen KI-Strategie ist der Austausch mit Parteien außerhalb des eigenen Ökosystems wichtig, um grundlegende Fehler und Versäumnisse zu vermeiden, die etwaige Folgeprojekte in Mitleidenschaft ziehen würden. Mittel- bis langfristig ist der Aufbau eines eigenen KI-Teams aber durchaus empfehlenswert, gerade um den internen Wissensaustausch anzuregen und die Integration neuer Mitarbeiter zu erleichtern.
Keine Industrie 4.0 ohne Innovation
Auch wenn die nächste Stufe der Digitalisierung eine hohe Investitionsbereitschaft seitens der Fertigungsbranche voraussetzt, ist dies doch ein notwendiger Schritt, um die Entwicklung hin zur intelligenten Fertigungshalle fortzusetzen. Das ehemalige Vorzeigeprojekt Predictive Maintenance ist mittlerweile zum Standard geworden und nun gilt es, neue technologische Innovationen in die Prozesse zu integrieren. Durch eine methodische Herangehensweise konnte sich die Herstellungsindustrie bisher als Testchampion etablieren und Machine Learning erfolgreich in Produktion, Kundenbetreuung und Qualitätssicherung integrieren. Es gibt also keinen Grund, warum sie jetzt vor der künstlichen Intelligenz Halt machen sollte.
Über den Autor
Christian Lorentz ist Senior Product & Solution Marketing Manager bei NetApp.