Über ein Jahr nach Inkrafttreten der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) sind laut Capgemini Research Institute nur 28 Prozent der Unternehmen gesetzeskonform. Mehr als drei Viertel davon schreiben dem Datenschutz ein Umsatzwachstum zu.
Die Grundverordnung zum Datenschutz setzen Unternehmen langsamer um als angenommen. Das zeigt die Studie ‚Championing Data Protection and Privacy – a Source of Competitive Advantage in the Digital Century‘ des Capgemini Research Institute. Demnach erfüllen nur 28 Prozent der befragten Unternehmen die DSGVO-Vorschriften nach eigener Ansicht vollständig, weitere 30 Prozent „weitgehend“. Unternehmen die nach eigener Angabe vollständig gesetzeskonform sind, stammen am häufigsten aus den USA (35 Prozent), gefolgt von Deutschland und Großbritannien (jeweils 33 Prozent). In Spanien und Italien (jeweils 21 Prozent) sowie Schweden (18 Prozent) glauben die wenigsten Unternehmen, dass sie die Datenschutzregeln einhalten.
Komplizierte Gesetze und teurer IT-Umbau
Als Hindernisse für eine vollständige Erfüllung des Datenschutzes nennen Führungskräfte die Anpassung bestehender IT-Systeme (38 Prozent), die Komplexität der Regulierungsanforderungen (36 Prozent) und prohibitiv hohe Kosten, um den Regulierungen zu entsprechen (33 Prozent). Unternehmen, die unter die DSGVO fallen, erhalten zudem zahlreiche Anfragen von betroffenen Personen, sogenannten Datensubjekten, deren Daten sie sammeln, speichern oder verarbeiten. Mehr als 1.000 Anfragen erhielten demnach 50 Prozent der US-Unternehmen sowie 46 Prozent der französischen, 45 Prozent der niederländischen und 36 Prozent der deutschen Unternehmen.
Inzwischen investieren laut Studie viele Unternehmen in Datenschutz und Privacy: So planen 40 Prozent der Befragten 2020 mehr als eine Million US-Dollar für Anwaltskosten auszugeben; 44 Prozent wollen diesen Betrag in technologische Neuerungen investieren.
Datenschutz zahlt sich wirtschaftlich aus
In der 2018 vor dem Start der DSGVO durchgeführten Umfrage erwarteten 28 Prozent der Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil durch das Umsetzen der Regulierungen. In der aktuellen Studie bestätigen 92 Prozent der gesetzeskonformen Unternehmen, einen solchen Vorteil erzielt zu haben. 76 Prozent stellten ein Umsatzwachstum fest, bei 84 Prozent stieg das Kundenvertrauen, bei 81 Prozent das Markenimage und bei 79 Prozent die Moral der Mitarbeiter. Darüber hinaus sehen Führungskräfte auch indirekte positive Folgen durch die Umsetzung der DSGVO. Dazu zählen verbesserte IT-Systeme (87 Prozent und damit 25 Prozentpunkte mehr als 2018), Maßnahmen zur Cybersicherheit (91Prozent, plus 34 Prozentpunkte) sowie optimierte Transformationsprozesse (89 Prozent, plus 33 Prozentpunkte).
„Die Studie verdeutlicht sowohl die Herausforderungen bei der Umsetzung der Datenschutzverordnung als auch die Chancen für Unternehmen, die gesetzeskonform sind“, berichtet Christian Kaupa, Datenexperte und Leiter Insights & Data bei Capgemini in Deutschland. „Im vergangenen Jahr haben einige Führungskräfte unterschätzt, wie viele Investitionen und organisatorische Veränderungen nötig sind, um den Datenschutzbestimmungen zu entsprechen. Die Ergebnisse aus diesem Jahr zeigen, dass Unternehmen den Bedarf erkannt haben und zunehmend verstehen, welche Vorteile die DSGVO auch in unternehmerischer Hinsicht bringt. Entsprechend sehen wir eine zunehmende Investitionsbereitschaft.“
DSGVO-konforme Unternehmen nutzen modernere Technologie
Datenschutzkonforme Unternehmen setzen laut Studie stärker auf moderne Technologien: 84 Prozent von ihnen nutzen Cloud-Plattformen für ihre Datenschutzstrategie, während dies nur 73 Prozent der übrigen Unternehmen tun. Auch Datenverschlüsselung (70 Prozent versus 55 Prozent), Robotic Process Automation (35 Prozent versus 7 Prozent) sowie die Datenspeicherung im Industriemaßstab (20 Prozent versus 15 Prozent) kommen bei Unternehmen, welche die Datenschutzgrundverordnung nicht vollständig umgesetzt haben, seltener zum Einsatz. Außerdem ergreifen 82 Prozent (Rest: 63 Prozent) der DSGVO-konformen Unternehmen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass ihre Technologieanbieter die Datenschutzbestimmungen einhalten; 61 Prozent überprüfen diesbezüglich ihre Vertragsnehmer (Rest: 48 Prozent). Jürgen Frisch