Ein Technologierat der Europäischen Union soll die Interessen der G7-Länder rund um Künstliche Intelligenz fördern. Pegasystems zweifelt am Erfolg dieser Initiative und regt statt Wettbewerb enge Kooperation an.
Auf ihrem jüngsten Gipfel in Cornwall erklärten die Teilnehmer der sieben größten Industriestaaten (G7) die Absicht, Standards für Künstliche Intelligenz zu entwickeln und anzugleichen. Ziel ist es, „eine menschenzentrierte Künstliche Intelligenz zu fördern“, wie EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen formulierte. Überwachen soll das ein neuer Handels- und Technologierat. Dieser wurde gegründet, um die Interessen der G7-Staaten und ihrer Partner zu fördern. Pegasystems bezweifelt den Erfolg dieser Initiative: Wird Künstliche Intelligenz als ein globales Wettrennen angesehen, dann gibt es am Ende wohl keine Gewinner.
Künstliche Intelligenz ist eine schnelllebige generische Technologie. Der eine Algorithmus kann Krebs diagnostizieren, ein anderer in einem Chatbot für den Kundendienst verwendet werden, wieder andere steuern ein Auto, geben Kundenempfehlungen abgeben oder optimieren Geschäftsprozesse. Fortschritte in einer Anwendung können fast sofort zu Fortschritten in einer ganz anderen Anwendung führen. Einmal erzeugtes Wissen wird meist sofort weltweit unter Forschern in Online-Wissenschaftsportalen wie Arxiv und über soziale Medien geteilt.
Das von der EU formulierte Ziel ist richtig: Künstliche Intelligenz muss verantwortungsbewusst und im besten Interesse der Bürger und Verbraucher eingesetzt werden. Auf beiden Seiten des großen Teichs entwickeln Experten deshalb Richtlinien, die sicherstellen sollen, dass diese Technologie unser Vertrauen verdient. Im April hat die EU neue Regeln und Maßnahmen für Exzellenz und Vertrauen in Künstliche Intelligenz vorgeschlagen. Wichtig sind hier Prinzipien wie Robustheit, Verantwortlichkeit, Fairness und Nicht-Diskriminierung. In den USA rät die Federal Trade Commission Entwicklern und Anwendern, Künstliche Intelligenz zu entmystifizieren, sich potenzieller Verzerrungen in Daten bewusst zu sein und auf diskriminierende Ergebnisse zu achten und Transparenz und Rechenschaftspflicht in Bezug auf diese Technologie zu maximieren.
Ein Wettbewerb ist allerdings auch ethisch abgesicherte Künstliche Intelligenz keinesfalls. Vertrauenswürdige und verantwortungsvolle Technologie ist schließlich im Interesse aller: der Verbraucher ebenso wie der wohlgesonnenen Regierungen und Unternehmen. In der heutigen globalen Geschäftswelt ist es zwar in Ordnung, lokale Variationen zu haben; aber wir müssen uns auf einheitliche Kernprinzipien einigen, um menschliche Werte in eine Künstliche Intelligenz einzubauen. Es geht um eine Technologie, die von Menschen entwickelt und angewendet wird – also haben wir die Wahl und die Verantwortung, ihr Schicksal zu bestimmen. Es braucht eine globale Zusammenarbeit, um diese Kernprinzipien umzusetzen. Nur dann wird es auf allen Seiten Gewinner geben. jf
Über den Autor
Peter van der Putten ist Director Decisioning & AI Solutions bei Pegasystems und Assistant Professor Artificial InteIligence an der Universität Leiden.