Die Fusion von menschlichen Fähigkeiten mit Künstlicher Intelligenz (KI) und Robotik nennt man Human-Technology-Interaction oder auch kurz: „HumanTech“. So arbeiten virtuelle Roboter nicht mehr bloß unterstützend, sondern immer mehr quasi auf Augenhöhe mit Menschen zusammen. Diese Mensch-Maschine-Kollaboration verspricht eine zukunftsweisende Partnerschaft für ein proaktives Business Process Management.
Schon seit Jahrzehnten sind Roboter aus der Arbeitswelt nicht mehr wegzudenken. In der industriellen Montage sind zum Beispiel „Cobots“ als fahrerlose Transportsysteme in der Logistik unterwegs. Sie stapeln schwere Kisten oder schweißen in der Produktion Werkteile zusammen. Im Business Process Management (BPM) assistieren sie immer mehr als kleine automatisierte Computerprogramme – kurz „Bots“ genannt. Jetzt zeichnet sich eine neue Phase der Industrialisierung ab, bei der sowohl haptische als auch virtuelle Roboter nicht mehr bloß unterstützend, sondern quasi auf Augenhöhe mit dem Menschen zusammenarbeiten. Die Mensch-Maschine-Kollaboration ermöglicht die Automatisierung von Aufgaben, bei denen menschliche Intelligenz und eine hohe Präzision gefordert sind.
Eine der ersten umfangreichen Analysen des Begriffs Human-Tech stammt von Carsten Röcker und Sebastian Büttner. In ihrem im Dezember 2022 erschienenen Fachbuch „Human-Technology Interaction – Shaping the Future of Industrial User Interfaces” durchleuchten sie anhand ausgewählter Forschungsbeiträge zum Thema Mensch-Technik-Interaktion das Zusammenspiel von Industrie 4.0 und den neuen Interaktionstechnologien. Danach könnte die zunehmend engere intelligente Vernetzung von Menschen, Maschine und industriellen Prozessen zu einem entscheidenden Paradigmenwechsel führen. Die intelligente Maschine der Zukunft wird nicht mehr versuchen, die Arbeitskraft Mensch zu verdrängen, sondern sie darin unterstützen, schneller und effizienter zu arbeiten. Dies wird nicht nur die Organisation und die Abläufe der bekannten Produktions- und Arbeitsprozesse grundlegend ändern, sondern auch den Sinn der Arbeit an sich: Die menschliche Arbeit wird nachhaltiger und erhält einen höheren Wert – willkommen in der Industrie 5.0.
Die Evolution der Mensch-Maschine-Kollaboration im BPM
Was vor Jahrzehnten als einfacher Automatisierungsprozess begann, hat sich im Laufe der Zeit zu einer immer engeren Partnerschaft zwischen Menschen und Maschine entwickelt. So werden im Business Process Management (BPM) menschliche Tätigkeiten schon seit längerer Zeit mit robotergesteuerten Automatisierungsprozessen (RPA) kombiniert, bei denen Softwareroboter – kurz „Bots“ – Anwenderrollen übernehmen und selbständig mit anderen Softwaresystemen über Systemgrenzen hinweg interagieren. Die Bots dieser „Human-Centric-Workflows“ sind in einem vergleichsweise hohen Maß mit kognitiven, teils kreativen Fähigkeiten ausgestattet und entlasten Mitarbeitende von den lästigen, immer wiederkehrenden „Pflichtübungen“ wie Lieferantendaten in ein ERP-System eintragen, dem Kopieren und Einfügen von Daten in Excel oder dem wiederholten Lesen von Daten einer Website. Roboter arbeiten in der Regel um ein Vielfaches schneller als Menschen und sind außerdem nicht an zeitliche Barrieren gebunden. Sie benötigen weder Pausen noch Urlaub, sie ermüden nicht und erfüllen unverdrossen auch monotone Aufgaben mit gleichbleibend hoher Präzision. Die so gewonnene Zeit können Mitarbeitende nun für wertschöpfendere Tätigkeiten nutzen und beispielsweise strategisch wichtige Vertragsverhandlungen vorbereiten.
Neben den digitalen Bots setzt BPM bei den HumanTech-Anwendungen auf weitere Schlüsselkomponenten wie künstliche Intelligenz und Machine Learning oder sogenannte erweiterte menschliche Schnittstellen. Dieser multidisziplinäre Ansatz, bei dem sich die Technologien gegenseitig unterstützen, ermöglicht eine konstante Interaktion zwischen Mensch und Maschine für das Ausführen einer Vielzahl von Aufgaben. Den Anwendungsbereichen sind dabei keine Grenzen gesetzt. Ob im Controlling, Kunden-Service, Risikomanagement, Personalabteilung oder Marketing: Roboter sind Allrounder und zudem sehr lernfähig.
Ein neues Level an Effizienz durch KI-basiertes Prozessmanagement
Die Masse an Daten, die es im Zeitalter der digitalen Transformation zu verarbeiten gilt, stellt Unternehmen vor immer größere Herausforderungen. KI-Systeme stehen Prozessmanagern dabei zunehmend hilfreich zur Seite. Sie bereiten beispielsweise bereits im Vorfeld Vorschläge zu typischen Prozessabläufen und Risiken vor, analysieren große Datenmengen in Echtzeit oder untersuchen Prozessabläufe nach Engpässen und Fehlerquellen. Die KI wertet auch historische Daten über den Prozessverlauf und die -ergebnisse aus, erkennt gleichförmige Muster und nutzt diese, um Vorhersagen zu treffen. Unternehmen können so frühzeitig Engpässe erkennen und durch Anpassen ihrer Prozesse unmittelbar auf Veränderungen im Markt und in der Nachfrage reagieren. Ein KI-basiertes Prozessmanagement steigert nicht nur die Effizienz und Rentabilität von Prozessen, es unterstützt Unternehmen auch dabei, ein völlig neues Level an Optimierung und Automatisierung hin zu einer echten Prozess-Exzellenz zu erzielen: Bisher unbeachtete Potenziale werden erkannt und genutzt, Unternehmen arbeiten effizienter und damit profitabler.
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Mensch-Maschine-Kollaboration als Optimierungsfaktor
In einer Zeit, in der es zunehmend schwieriger wird, Maschinenleistung noch schneller und effizienter zu machen, wird auch die Interaktion zwischen Mensch und Maschine zu einem wesentlichen Optimierungsfaktor, der Unternehmen helfen kann, wettbewerbsfähig zu bleiben. Kommunikationsschnittstellen zwischen Mensch und Maschine spielen im HumanTech daher eine entscheidende Rolle. Funktionen wie Spracherkennung, Gestensteuerung oder haptische Rückmeldungen können die Interaktion natürlicher und vor allem effizienter gestalten. Fortschrittliche Algorithmen ermöglichen es Maschinen, menschliche Sprache zu verstehen und mit den Mitarbeitenden auf eine natürliche und effiziente Weise auch ohne physische Eingabegeräte zu interagieren. Die Gestensteuerung hilft bei der berührungslosen Steuerung von Maschinen durch Handbewegungen oder Fingerzeige. Kameras oder Sensoren erfassen dabei die Gesten und übersetzen sie in Befehle, was besonders in Umgebungen wie Produktion oder Medizin von Vorteil ist. Haptische Rückmeldungen durch künstlich erzeugte Berührungs- oder Druckempfindungen erlauben es Maschinen, Benutzern effizient und sicher Informationen über den Status von Aktionen oder Prozessen zu vermitteln.
Digitale Bots im BPM nutzen verschiedene technische Funktionen, um die Effizienz von Prozessen zu steigern, und arbeiten als Assistenzsysteme neben dem Menschen, um Optimierungen zu entdecken und anzustoßen. BPM dient dabei als das Werkzeug im Hintergrund. Es bereitet den Weg in die digitale Welt und ermöglicht ein proaktives Prozessmanagement, bei dem Unternehmen frühzeitig aufkommende Probleme antizipieren und Maßnahmen ergreifen können, um ihre Prozesse kontinuierlich zu verbessern.
Eine neue Ära der Zusammenarbeit
HumanTech steht erst am Anfang seiner Entwicklung und es gibt auch noch einige Herausforderungen und ethische Überlegungen, die berücksichtigt werden müssen. Fragen zum Datenschutz beispielsweise, die Sicherheit von KI-Systemen oder die Auswirkungen auf Arbeitsplätze und soziale Strukturen. Eine noch umfassendere Integration von HumanTech ins Prozessmanagement oder in weitere Bereiche und Branchen wird definitiv Innovationen vorantreiben und zu noch tiefgreifenderen Veränderungen führen. Langfristig kann die nahtlose Kooperation von Mensch, KI und Robotik die Art und Weise, wie wir arbeiten und kollaborieren, revolutionieren und eine vollkommen neue Ära der Zusammenarbeit gestalten.
Der Autor
Gregor Greinke ist CEO bei der GBTEC Software AG.