Produktionslandschaften haben bislang erst selten einen hohen Digitalisierungsgrad. Das zeigt eine Erhebung der Felten Group. Als Haupthindernis betrachten Unternehmen demnach interne Blockaden und die Skepsis der Mitarbeiter.
Die digitale Modernisierung steht zwar auf der strategischen Agenda von fast zwei Drittel der Fertigungsunternehmen im deutschsprachigen Raum, dennoch ist in der Produktion der Grad der Digitalisierung noch überwiegend gering. Auf dem Weg dorthin sehen sich Unternehmen erheblichen Herausforderungen gegenüber. Das zeigen die Ergebnisse einer Befragung der Felten Group, ein international tätiges Software- und Beratungsunternehmen, das über seine Pilot Suite digitale Lösungen zur Prozessoptimierung für die Produktion entwickelt. Die Schwerpunkte liegen in der Prozessindustrie in den Branchen Food, Flavor & Fragrance, Cosmetics, Pharma, Feinchemie & Adhesives.
Die Produktion muss wie alle anderen Unternehmensbereiche die oft noch manuellen und durch viele Medienbrüche geprägten Prozesse digital gestalten, um eine höhere Automatisierung und Effizienz zu erreichen. Von diesem Ziel sind die meisten Fertigungsbetriebe laut Studie noch weit entfernt. Lediglich 6 Prozent der über 200 befragten Produktionsbetriebe bewerten aktuell ihren Digitalisierungsgrad in der Produktion als durchgängig hoch, in zusätzlich jedem zehnten Fall hat sie zumindest teilweise ein hohes Niveau. Dem steht gegenüber jedoch eine Mehrheit von 62 Prozent der Betriebe, die erst eine geringe bis sehr geringe Digitalisierung ihrer Herstellungsprozesse aufweisen.
Hoffnung macht die Tatsache, dass die Verantwortlichen den Handlungsbedarf in großer Breite erkannt haben. Für fast ein Viertel der Befragten hat die Digitalisierung in ihren strategischen Planungen höchste Priorität. Weitere 38 Prozent messen ihr eine große Bedeutung zu, während jedes fünfte Fertigungsunternehmen von einer gezielten digitalen Ausrichtung bislang nichts wissen will.
Für 61 Prozent der befragten Fertigungsunternehmen ist die Digitalisierung von höchster Priorität oder hat eine große Bedeutung.
Wer der Digitalisierung Vorfahrt einräumen will, sieht sich vor erheblichen Problemen. Sie beginnen damit, dass es in den Unternehmen nach dem Urteil von fast drei Viertel der befragten Produktionsverantwortlichen an den notwendigen Planungskompetenzen mangelt. Ähnlich viele Verantwortliche haben zudem keine klare Nutzeneinschätzung. Das erschwert es ihnen, die Notwendigkeit von Digitalisierungsprojekten gegenüber weiteren Entscheidungsträgern und der Geschäftsleitung zu begründen.
„Ohne eine Vorteilsanalyse beispielsweise in wirtschaftlicher Hinsicht lässt sich keine gesicherte Entscheidungsgrundlage schaffen, und die Verantwortlichen müssen mit Widerständen rechnen“, urteilt Hans-Jürgen Kopp, Senior Consultant bei der Felten Group. „Unsere Erfahrung zeigt, dass es bisher selten technologische Investitionen gegeben hat, die wie bei der Digitalisierung in praktisch jedem Projekt einen derart schnellen Return on Investment erzeugen können.“
Trotz dieser Vorteile sprechen zwei von fünf Produktionsmanager von internen Blockaden gegenüber ihren Digitalisierungsbestrebungen. Auch seitens der Mitarbeiter besteht Skepsis gegenüber dem Umbau des Unternehmens. Die Budgetfrage stellt sich für 48 Prozent der Fertigungsbetriebe. Mehr Sorgen machen den Verantwortlichen geringe Projektressourcen angesichts der aktuell hohen Auslastung.
Eine unsichere Nutzeneinschätzung und fehlende Planungskompetenzen betrachten die Verantwortlichen in den Fertigungsbetrieben als die größten Hindernisse bei der Digitalisierung. Auf unzureichende Budgets verweisen 48 Prozent.
Dieses Argument will Kopp keineswegs gelten lassen. „Es ist kein guter Plan, Optimierungsmaßnahmen nicht nach pragmatischen Notwendigkeiten zu starten, sondern erst dann, wenn man zufälligerweise dafür Zeit hat“, kritisiert der Consultant. Jürgen Frisch