In jüngster Vergangenheit machten Schlagzeilen zu gescheiterten SAP-Projekten die Runde und erzeugten viel Aufmerksamkeit beim Fachpublikum. Dies ist sicherlich nur die Spitze des Eisbergs. Laut der Chaos-Studie der Standish Group ist nur ein Drittel von ihnen „in time, in budget“ und „in quality“. Die Hälfte der Projekte ist nur teilweise erfolgreich, jedes fünfte wird abgebrochen. Wie lässt sich das vermeiden?
Die Erreichung der Ziele und die Zufriedenheit der Anwender mit der implementierten Business Lösung ist unmittelbar abhängig vom Ansatz und der Qualität der Einführungsmethode. Jeder, der in seiner Firma als Projektleiter die Verantwortung für ein solches Vorhaben trägt, sollte sich der zentralen Bedeutung dieser Software-Projekte für die zukünftige Prozessqualität und Effizienz der Geschäftsprozesse bewusst sein. Insbesondere bei der Implementierung von Software-Lösungen, mit denen maßgeblich unternehmenskritische Geschäftsprozesse unterstützt und/oder wesentliche Unternehmensressourcen verwaltet, geplant und gesteuert werden, können Probleme gravierende Auswirkungen sowohl intern als auch extern haben. Darunter fallen neben der Einführung von ERP-Lösungen beispielsweise auch Software-Implementierungen in Anwendungsbereichen wie Customer Relationship Management (CRM), Manufacturing Execution Systems (MES), Product Lifecycle Management (PLM), Enterprise Content Management / Dokumentenmanagement (ECM/DMS) etc.
ImplAiX® – Ohne Umwege zum Go-Live
Das Aachener Implementierungsmodell für Business-Software (ImplAiX®) wurde im Rahmen eines Konsortialprojektes unter der Leitung des Forschungsinstituts für Rationalisierung (FIR) an der RWTH Aachen und der Trovarit AG entwickelt. Ein interdisziplinäres Team bestehend aus Mitarbeitern von Software-Herstellern, Systemhäusern und neutralen Beratern analysierte dazu mehr als 25 Implementierungsmethoden von Einführungsdienstleistern. Parallel wurden von den Beteiligten Erfahrungen aus begleiteten Einführungsprojekten zusammengetragen und bewertet. Zur Absicherung der gewonnenen Erkenntnisse wurden Daten aus Feldstudien, wie zum Beispiel der Trovarit-Studie „ERP in der Praxis“, herangezogen.
Auf den ersten Blick sind alle von den Dienstleistern entwickelten Einführungsmodelle sehr ähnlich. Unterschiede gibt es jedoch im Wording, Detailierungsgrad, Professionalität der eingesetzten Vorlagen und Werkzeuge, Qualität der Dokumentation sowie dem vom Anbieter zu erbringenden Leistungsumfang bzw. den Mitwirkungspflichten des Auftraggebers. Manche erstellen auf Basis eines vordefinierten Standards lediglich ein Deltakonzept, in dem nur die Abweichungen vom Standard dokumentiert sind. Andere Anbieter wiederum setzen auf Feinkonzepte, in denen alle relevanten Geschäftsprozesse mittels Ablaufdiagrammen umfassend definiert und dokumentiert sind. Gerade in den letzten Jahren lässt sich ein Trend hin zu agilen bzw. hybriden Einführungsmethoden beobachten. Wenn man sich im Detail mit den Methoden und Werkzeugen befasst, stellt man fest, dass diese meist nur bedingt die mit der Agilität einhergehende erhöhte Komplexität im Projekt- und Anforderungsmanagement abdecken.
Drei Schichten für eine erfolgreiche Implementierung
Ziel der Entwicklung von ImplAiX® war von Beginn an, dem Projektleiter der Auftraggeberseite Methodik, Verfahren, Werkzeuge und Vorlagen an die Hand zu geben, welche seine Rolle als führende Instanz im Projekt unterstreichen. Erreichen kann dies der Projektleiter jedoch nur, wenn auch sein Team ihn hierbei stringent, konsequent, verantwortungsbewusst und motiviert unterstützt. Aus Sicht der Autoren ist es daher eine zentrale Aufgabe des Projektleiters, die Teamentwicklung professionell zu begleiten und, falls erforderlich, durch geeignete Maßnahmen proaktiv zu gestalten. Im Implementierungsmodell spiegelt sich diese erfolgskritische Bedeutung des „Team-Managements“ im gleichnamigen Layer wider.
Alle drei Schichten des Modells sind essentiell für eine stringente und erfolgreiche Einführung einer Business Software. Sie stehen jedoch nicht unabhängig voneinander. Interdependenzen zwischen den einzelnen Schichten sind vielseitig. Beispielweise ist ein wesentlicher Aspekt im Rahmen einer proaktiven Teamentwicklung das Commitment aller Teammitglieder auf eine gemeinsame Zielausrichtung, die Festlegung klarer und verbindlicher Regelungen der zwischenmenschlichen Zusammenarbeit sowie die Vereinbarung eindeutiger Kommunikations- und Abstimmungsprozesse. Letztendlich geht es darum, die Grundlagen für die Entwicklung eines Hochleistungsteams zu schaffen. Hochleistungsteams zeichnen sich dadurch aus, dass alle Teammitglieder sich gegenseitig so gut vertrauen, dass sie offen miteinander kommunizieren, konstruktiv mit Konflikten bzw. Meinungsverschiedenheiten umgehen, um verantwortungsvoll die gemeinsame Aufgabenstellung zu bearbeiten.
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Das zentrale Element von ImplAiX® stellt die „stehende Acht“ dar, welche die Ablösung des sequentiellen Ansatzes im Sinne der etablierten Vorgehensweise nach „Wasserfall“ durch einen iterativen Prozess symbolisiert, und den Methoden des agilen Projekt- und Anforderungsmanagements folgt. Im Mittelpunkt der Acht stehen hierbei die beiden Phasen „Konzeption“ und „Realisierung“, welche iterativ und rekursiv durchlaufen werden. Gerade zu Beginn eines Projektes, in der Analyse- und Konzeptphase, ist es sehr wichtig, möglichst schnell das unterschiedliche Problem- und Lösungsverständnis bei den Teammitgliedern – Key-User und Berater – anzugleichen.
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RWTH Aachen Zertifikatskurs Project Manager Business Software
In dem Zertifikatskurs der RWTH Aachen erfahren (angehende) Projektmanager wie sie die herausfordernde Aufgabe einer Implementierung meistern. In Vorträgen, praxisorientierten Übungen und Workshops wird das notwendige Fachwissen vermittelt, das ohne Umwege zum Go-Live führt.
Weitere Infos & Anmeldung
Der Autor
Peter Treutlein, Vorstand der Trovarit AG