Die Qualität von Stamm- und Bewegungsdaten ist ein entscheidender Faktor für die Effizienz eines ERP-Systems. Ein strukturiertes Datenmanagement – von der Systemeinführung bis zum kontinuierlichen Monitoring – sorgt für reibungslose Abläufe und nachhaltige Kostensenkung in der Auftragsabwicklung.
ERP-Systeme unterstützen als Kern-IT-Lösung die Auftragsabwicklung von Produktionsunternehmen. Ihr Kerngedanke ist die integrierte Betrachtung von Güterfluss (Materialbewegungen) und Finanzfluss (Finanzcontrolling). Doch in der Industrie bestehen häufig Defizite im hier notwendigen Grundlagenwissen, was sowohl das ERP-Tuning durch Datenqualität als auch die ERP-Einführung unnötig erschwert.
Was sind Stamm- und Bewegungsdaten?
Um die Rolle der Daten im ERP-System besser zu verstehen, ist es wichtig, zunächst zwischen Stamm- und Bewegungsdaten zu unterscheiden. Diese Begriffe entwickelten sich historisch und bilden die Basis für die Planung und Steuerung von Unternehmensressourcen.
- Stammdaten sind die festen, stabilen Informationen, die als Grundlage für die Durchführung von Geschäftsprozessen dienen. Sie beinhalten beispielsweise Produktinformationen, Lieferanten- und Kundendaten oder auch Zahlungsbedingungen und Standard-Durchlaufzeiten. Stammdaten sind somit nicht direkt auf einen bestimmten Auftrag oder Vorgang bezogen, sondern dienen der wiederholten Nutzung und Abwicklung von Standardprozessen.
- Bewegungsdaten hingegen betreffen die spezifische, auftrags- oder vorgangsbezogene Durchführung von Prozessen. Sie beinhalten beispielsweise die Menge an Produkten, die in einem bestimmten Produktionsauftrag verarbeitet werden, oder die Zahlungsinformationen eines Kundenauftrags. Bewegungsdaten werden aus den Stammdaten abgeleitet und ändern sich im Laufe der Zeit mit jeder neuen Auftragsabwicklung.
Die Rolle der Daten in den verschiedenen Planungsebenen
ERP-Systeme strukturieren die Planung und Steuerung in Produktionsunternehmen auf verschiedene Ebenen, die sich in ihren Anforderungen an die Datenqualität unterscheiden (vgl. Bild 1). Diese Ebenen sind:
1. Operative Planung und Steuerung: Hier geht es um die konkrete Planung von Herstellaufträgen für Eigenfertigung und Fremdbezug. Hier ist die Pflege des Artikelstamms zentral, da diese die Grundlage für die meisten Planungs- und Durchführungsaktivitäten bildet.
2. Projektplanung und -steuerung: Besonders für Unternehmen, die projektbezogen arbeiten, wie etwa im Maschinenbau, ist diese Ebene entscheidend. Sie umfasst die Koordination und Steuerung von Projekten sowie die logistische Abwicklung. Hier bilden die Netzpläne die Grundlage für Fortschrittsüberwachung und Ressourcenverwendung.
3. Sales and Operations Planning (S&OP): Diese Ebene ist besonders für Unternehmen von Bedeutung, die Produkte auf Lager fertigen oder weltweit vertreiben. Hier wird der Produktabsatz mit den Produktions- und Beschaffungskapazitäten abgestimmt. Eine belastbare Marktprognose ist hier für das Ableiten von Materialbedarf und Produktionskapazitäten zentral.
Für ein realistisches Zustandsbild der Auftragsabwicklung sind zeitnahe Fortschritts- und Lagerbestandsmeldungen entscheidend.
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Warum ist eine hohe Datenqualität so wichtig?
Unvollständige oder fehlerhafte Daten führen nicht nur zu ineffizienten Prozessen, sondern auch zu hohen Kosten und verpassten Chancen. Dies kann zu Verzögerungen, Fehlbeständen oder sogar zu fehlerhaften Abrechnungen führen.
Eine hohe Datenqualität – verstanden als Vollständigkeit, Korrektheit und Aktualität der Daten – hat folgende wesentliche Vorteile:
- Transparenz: Liegen alle relevanten Daten korrekt und aktuell im System vor, können Unternehmen fundierte Entscheidungen treffen. Dies erleichtert die Steuerung von Prozessen und die frühzeitige Identifikation von Abweichungen oder Problemen.
- Kostensenkung: Fehlerhafte Daten erhöhen den Abwicklungsaufwand unnötig, z.B. durch Nachbesserungen, Reklamationen oder fehlende Kapazitäten. Eine Verbesserung der Datenqualität reduziert diese Aufwände deutlich.
- Effizienzsteigerung: Mit der richtigen Datenbasis können Geschäftsprozesse schneller und reibungsloser ablaufen, was insgesamt die Effizienz im Unternehmen steigert.
Empfehlungen zur Verbesserung der Datenqualität
In vielen Unternehmen fehlt es an einem klar strukturierten Datenmanagement, das sich der kontinuierlichen Verbesserung und Sicherstellung der Datenqualität widmet. Dabei ist ein gezieltes Vorgehen erforderlich. Hier sind folgende Phasen der ERP-Nutzung zu unterscheiden:
1. Einmaliges ERP-Tuning durch Datenqualität: Die Optimierung eines bestehenden ERP-Systems (auch als ERP-Tuning bekannt) überprüft und verbessert die vorhandene Datenqualität. Dies kann durch die Bereinigung von fehlerhaften oder unvollständigen Daten sowie durch die Anpassung der Stammdaten an aktuelle Geschäftsanforderungen erfolgen.
2. ERP-Einführung: Bei der Einführung eines neuen ERP-Systems müssen Unternehmen sicherstellen, dass die neuen Datenanforderungen die erweiterten ERP-Funktionen berücksichtigen. Dies umfasst beispielsweise die Integration zusätzlicher Datenquellen oder die Implementierung neuer Prozesse, die Dateninhalte oder -struktur verändern.
3. Kontinuierliches Datenqualitätsmonitoring: Langfristig ist ein regelmäßiges Monitoring der Datenqualität notwendig. Diese stellt sicher, dass die Daten im laufenden Betrieb aktuell, korrekt und vollständig bleiben. Eine besondere Herausforderung bildet die permanente Kontrolle; an ihr zeigt sich die Konsequenz in der Umsetzung.
Fazit: Datenqualität als Schlüssel zum Erfolg
Die Qualität von Stammdaten und Bewegungsdaten ist entscheidend für den Erfolg eines ERP-Systems. Datenlücken oder -fehler führen zu ineffizienten Prozessen, erhöhen die Kosten und erschweren Entscheidungen. Ein systematisches ERP-Tuning durch Datenqualität, eine durchdachte Einführung neuer Systeme und ein kontinuierliches Datenqualitätsmonitoring hebt die Datenbasis auf ein höheres Niveau und optimiert die gesamte Auftragsabwicklung.
Eine klare Verantwortlichkeit für die Datenpflege und -sicherung sowie regelmäßige Überprüfungen der Datenqualität sind dabei unerlässlich, um dauerhaft von den Vorteilen eines effizienten ERP-Systems zu profitieren.
Die Autoren
Dr. Hans-Hermann Wiendahl ist Teamleiter Digitalisierte Auftragsabwicklung Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA) in Stuttgart.
Dino Hardjosuwito ist Leiter der Fachgruppe Produktionsplanung im Produktionsmanagement am
FIR an der RWTH Aachen.