Start Nachrichten Ein Quantensprung für die Digitalisierung im Gesundheitswesen

Ein Quantensprung für die Digitalisierung im Gesundheitswesen

Jetzt ist der Rollout gestartet, die Zustimmung in der Bevölkerung ist hoch, die Herausforderungen für Praxen und Versicherungen sind jedoch enorm: Die elektronische Patientenakte (ePa) gilt als das größte IT-Projekt in Deutschland. Knapp 75 Millionen gesetzlich Krankenversicherte sind angesprochen. Die „ePa für alle“ ist ein Quantensprung für die Digitalisierung im Gesundheitswesen und kann als Paradebeispiel für eine komplexe digitale Transformation dienen.

Künstliche Intelligenz Arztbriefe
Quelle: ©Ivan-balvan | istockphoto.com

Es ist ein Mammutprojekt, das vor genau 20 Jahren mit der Gründung der Gematik GmbH begonnen hat: Im Januar 2005 gründeten die Verbände der Gesetzlichen Krankenversicherungen (GKVs) zusammen mit den Spitzenverbänden der Ärzte, Zahnärzte, Kliniken und Apotheker sowie Gewerkschaften und anderen Leistungserbringerorganisationen die GmbH als Agentur für Digitale Medizin mit dem Ziel, eine elektronische Gesundheitskarte zu entwickeln, einzuführen und zu betreiben. Seit 2019 ist das Bundesministerium für Gesundheit Mehrheitseigner der Gematik GmbH. Dies ist aktuell das größte Big Data Modell zu Analysezwecken, die größte Zusammenführung von Daten in Europa.

Hohe Erwartungen: effizienter, schneller, besser

Mit der ePa soll die Gesundheitsversorgung deutlich effizienter gestaltet und die medizinische Versorgung beschleunigt und verbessert werden. Die behandelnden Ärzte haben damit auch bei Notfällen alle relevanten Informationen der Patienten inklusive früherer Diagnosen, Medikationsplan und etwaige Unverträglichkeiten sofort und vollständig zur Hand. Die gesetzlichen Krankenkassen versprechen sich schnellere und effizientere Prozesse auch bei Anträgen und Abrechnungen und dadurch eine signifikante Kostenersparnis. Zudem wollen sie durch bessere Einblicke in die Gesundheitsdaten gezieltere Präventionsprogramme entwickelt und maßgeschneiderte Angebote zum Gesundheitsmanagement manchen. 79 Prozent der Bevölkerung halten einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presseagentur eine Akte, die Gesundheitsdaten digital speichert, für „eher“ oder „sehr sinnvoll“. Wer nicht will, dass seine Gesundheitsdaten in einer ePA erfasst werden, kann Widerspruch einlegen. Der Umfrage zufolge sind das derzeit 16 Prozent der Bevölkerung, für sie läuft das bisherige analoge System parallel weiter.

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung hat zur Einführung die niedergelassenen Ärzte ebenfalls nach ihren Erwartungen befragt:  Die Praxen sehen als größten Nutzen den eMedikationsplan, der elektronische Arztbrief und die bessere Kommunikation mit Kliniken dank elektronischer Entlassbriefe.  Gerade an dieser Schnittstelle hakt es aktuell noch sehr: Durch analoge Kommunikation – die Krankenakte als PDF-File – geht für die Weiterbehandlung noch sehr viel Zeit verloren, und das oft zulasten der zügigen Genesung der Patienten. Als großes Manko sehen die Arztpraxen den großen Zeitaufwand für Verwaltung und Beratung bei der Umstellung.


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Schon der erste Schritt soll zehntausenden Menschen das Leben retten

Im ersten Schritt wird jetzt die digitale Medikationsliste eingeführt. In Verbindung mit dem e-Rezept sollen so ungewollte Wechselwirkungen von Arzneimitteln besser erkannt und verhindert werden. Bundesgesundheitsminister Dr. Karl Lauterbach hat zum Start in den ersten drei Modellregionen am 15. Januar gegenüber der Tagespresse prognostiziert: „Schon bei der Einführung werden wir zehntausenden Menschen das Leben retten können.“ Tatsächlich führen Arzneimittelreaktionen bisher zu etwa 20.000 Todesfällen im Jahr, bis zu 500.000 Patienten müssen deswegen in Kliniken behandelt werden. Sukzessive gibt es weitere Ausbaustufen der ePA: Ab Sommer 2025 soll der elektronische Medikationsplan als Teil des digital gestützten Medikationsprozesses (dgMP) in der ePA verfügbar sein. In einem späteren Schritt sollen die Daten dann anonymisiert für Forschungszwecke genutzt werden. Denkbar sind künftig auch digitale Gesundheitsanwendungen (DiGAs) via App, die zum Beispiel Patienten auf dem flachen Land virtuell schnelle und kompetente Diagnose und Beratung ermöglichen – ohne dass ein Arzt selbst vor Ort ist.

Technologie, Zeit, Beratung: So gelingt die Digitalisierung im Gesundheitswesen

Bis zur vollständigen Umsetzung auf allen Ebenen werden noch etliche Jahre ins Land gehen. Denn die technologischen Herausforderungen sind enorm, die Kassen als Leistungsträger müssen in den Praxisverwaltungssystemen angebunden werden. In großen Kliniken gibt es immerhin IT-Fachleute dafür, in kleineren Hausarztpraxen müssen das oft Arzt oder Ärztin selbst in den Abendstunden oder am Wochenende zusätzlich schultern. Dass es bundesweit rund 150 verschiedene Praxis-Verwaltungssysteme (PVS) gibt, erschwert ihnen die Arbeit zusätzlich. Und auch die Patienten sind angehalten, sich künftig aktiver mit ihren Gesundheitsdaten auseinandersetzen: Dafür wurden Apps entwickelt, die aktuell zertifiziert werden.

Sicherheit und den Datenschutz

Bei jedem Schritt muss höchster Wert auf Datenschutz und Datensicherheit gelegt werden: Die Daten werden von den Kassen gehostet – sie dürfen sie aber nicht einsehen. Behandlungsdaten und Patientendaten müssen an verschiedenen Orten getrennt abgelegt werden, die Gematik GmbH macht hier klare Vorgaben: Das Aktensystem muss in einer vertrauenswürdigen Ausführungsumgebung mit eigenen Hardware-Security-Modulen gesichert sein. Kostenträger – also die Kassen – haben nur Schreibrechte. Praxen und Kliniken haben wie auch die Patienten Schreib- und Leserechte. Sämtliche Kommunikation erfolgt über TSL-verschlüsselte separate Kanäle, die mit Signaturdiensten gekoppelt sind, um unbefugte Zugriffe zu unterbinden. Zuverlässig pseudonymisiert soll mit den enormen Datenmengen über einen weiteren separaten, TLS-verschlüsselten Kanal im Forschungsdatenzentrum des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte ein Big Data Modell aufgebaut werden, das der Gesundheitsforschung neue Perspektiven eröffnet.

Das ist eine komplexe Sicherheitsarchitektur, die jetzt schrittweise eingeführt wird und die als Musterbeispiel für eine umfassende digitale Transformationen gelten kann. Die Gesetzlichen Krankenkassen werden dabei im Optimalfall von externen IT-Infrastruktur-Spezialisten unterstützt, die sie als Full-Service-Anbieter mit End-to-End-Lösungen auf jedem Schritt während des Prozesses begleiten und neben den technologischen Fragen auch die ethischen Regelungen und Vorgaben der Europäischen Union inklusive des EU AI Act im Blick behalten. Diese Art der Unterstützung ist entscheidend für eine erfolgreiche Digitalisierung im Gesundheitswesen.

Fazit: Digitalisierung im Gesundheitssystem braucht interdisziplinäres Know-how

Milliarden Kosten für Aufbau und Betrieb sollen Milliarden Kosten im Gesundheitswesen einsparen und mit Transparenz wissenschaftliche Erhebungen und Statistiken ermöglichen.
Es benötigt erfahrene Beratungs-Partner mit interdisziplinärem Wissen im Bereich der Kranken- und Sozialversicherungen, um solche Transformationsprojekte erfolgreich zu gestalten. Voraussetzung sind IT Berater, die ein tiefes Prozess- und Funktionsverständnis der IT in der gesamten Breite der Sozialversicherungen, eine fundierte Kompetenz der Technologie sowohl in der klassischen Beratung als auch im Bereich der Digitalisierung im Gesundheitswesen haben.

Die gesetzlichen Krankenkassen (GKV) wollen auf aktuelle Marktentwicklungen agiler reagieren, mit dem Ziel ihre Kunden zufriedenzustellen, maßgeschneiderte Beratungsdienstleistungen anzubieten und neue Geschäftsmodelle zu entwickeln, denn die Kosten für Gesundheitsausgaben steigen stetig. Die Digitalisierung des Gesundheitssystems ist dabei von zentraler Bedeutung.


Der Autor

©Convista

Carsten Michels ist CoE-Manager Public & Health Insurance bei Convista.