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Edge-Technologie verbessert Netze auf dem Land

Auf der Datenautobahn liegt Deutschland zurück. In dünn besiedelten Gegenden ist ein Ausbau der Netze schwierig und wenig lukrativ. Die Edge Technologie kann diesen Ausbau beschleunigen, erläutert Nermin Mohamed von Wind River.

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Trotz aller Bemühungen ist die Netzversorgung außerhalb der großen Metropolen dünn. COVID-19 hat deutlich gemacht, wie viel Arbeit nötig ist, um das digitale Ungleichgewicht zwischen Stadt und Land auszugleichen. Im Informationszeitalter ist der Zugang zum Internet unerlässlich. Er stellt sicher, dass Studenten über Online-Klassenräume und Angestellte per Home Office arbeiten können oder dass Patienten Zugang zu telemedizinischen Diensten haben.

Schwierigkeiten bereiten dabei die Versäumnisse beim flächendeckenden Breitbandausbau in Deutschland. Die lückenhafte Versorgung mit Breitbandinternetanschlüssen im Bundesgebiet zeigt sich auch im aktuellen Breitbandatlas des BMVI. In ländlichen Gebieten haben aktuell nur rund 9,1 Prozent der Haushalte einen Glasfaseranschluss. In halbstädtischen Gebieten sind es 9,4 Prozent und in Städten 17,9 Prozent. Erst bis zum Jahr 2030 soll laut Beschluss der EU-Kommission jeder Haushalt über eine Gigabit-Anbindung und alle bevölkerten Gebiete über 5G-Abdeckung verfügen. Laut Daten der OECD waren im Juni 2020 lediglich 4,7 Prozent aller stationären Breitbandanschlüsse in Deutschland mit einem Glasfaserkabel verbunden – gerade einmal 3,4 Prozentpunkte mehr als im Juni 2015.

Provider-Initiative forcieren den Ausbau

Es gibt bereits einige Vorstöße, das Problem zu beheben: Kürzlich kündigten Telekom, Vodafone und Telefónica eine gemeinsamen Initiative für eine bessere Versorgung ländlicher Gebiete an. Ziel ist, die Funklöcher in 2400 sogenannten grauen Flecken im Bundesgebiet zu stopfen – also in Gebieten, in denen 4G LTE nicht in allen drei Mobilfunknetzen zu empfangen ist und viele Verbraucher im Funkloch stecken. In ‚weißen Flecken‘, wo Verbraucher noch gar kein Netz empfangen, wollen die drei Konzerne insgesamt 6000 Mobilfunkstandorte errichten. Auch 1&1/Drillisch will den Ausbau des Mobilfunknetzes für nationales Roaming und den schnellen Mobilfunkstandard 5G in Deutschland vorantreiben. Hierfür soll eine eigene Infrastruktur für Glasfaser und 5G-Antennen aufgebaut werden.

Die beschriebenen Initiativen sind zwar vielversprechende Ansätze, doch der Netzausbau kann Jahre dauern. Eine Lösung des Problems sehen Experten im Aufbau eines „Intelligenten ländlichen Netzwerks“. Derartige Netze ermöglichen einen schnellen, zuverlässigen und sicheren Internetzugang. Doch darüber hinaus sind sie ein Ausgangspunkt, um voll vernetzte „Smart Cities“ künftig mit solchen 5G „Smart Countrysides“ zu verbinden und ein landesweites Wirtschaftsnetz aufzubauen, das eine Vielzahl von Möglichkeiten für alle bietet.

5G-Mobilfunk ergänzt Kabelnetze

Damit intelligente ländliche Netze ihr Potenzial voll ausschöpfen können, müssen Investitionen in die 5G-Technologie getätigt werden, um die Geschwindigkeit, Netzwerkkapazität und Zuverlässigkeit der heutigen 4G-Netzwerke zu erweitern. Das größte Hindernis ist die Rentabilität. In dünn besiedelten Gegenden ist ein wirtschaftlicher Betrieb der Antennen schwierig. Bei kleineren Bevölkerungszahlen können die Betreiber nicht die gleichen Skalenerträge erzielen, die sie in städtischen Gebieten erreichen. Angesichts des steigenden Drucks, für 5G-Investitionen eine Rentabilität zu erzielen, erscheint es für sie wenig attraktiv, die Abdeckungsbereiche zu erweitern. Die einzige Alternative besteht darin, die Kosten an den Endkunden weiterzugeben. Das wiederum macht den Hochgeschwindigkeitsinternetzugang extrem teuer und lässt die Akzeptanz in ländlichen Gemeinden sinken.

Genau hier kommt der „intelligente“ Teil des „Smart-Countryside“-Netzwerks ins Spiel, um die Kostenbarriere zu beseitigen. Ein Intelligent-Edge-Netzwerk ermöglicht die Verlagerung von Echtzeit-Rechenleistung in die Nähe des Ortes, an dem sie erzeugt wird – an den Netzwerkrand. Das ermöglicht eine einfachere Bereitstellung und damit geringere Betriebskosten. Die manuelle Wartung und Verwaltung des Netzwerks gehört der Vergangenheit an, da die smarten Endgeräte an der Edge automatisch eingerichtet werden und das gesamte Netzwerk mit einer entsprechenden Verwaltungssoftware überwacht und gesteuert wird. Die Kombination von 5G mit Intelligent-Edge-Technologien ermöglicht die gleiche Rechenleistung mit geringerem Betriebsaufwand. Das führt zu erheblichen Kosteneinsparungen sowohl für den Netzbetreiber als auch für den Endkunden.

Von Künstlicher Intelligenz bis Data Analytics

In mehreren Bereichen bringt ein 5G-gestütztes intelligentes Kommunikationsnetz ländlichen Gemeinden Vorteile:

  • Smart Farming

Im Bereich Agrar- und Ernährungswirtschaft nutzen Landwirte digitale Tools wie Drohnen und Sensoren, um die Ernte zu überwachen und Entscheidungen darüber zu treffen, wann geerntet werden soll, oder um GPS-gesteuerte Landmaschinen fernzuwarten. Diese Tools generieren große Datenmengen und mit ihnen steigt die Nachfrage nach 5G, um die Daten in Echtzeit zu berechnen und zu verarbeiten. Laut Bauernverband werden digitale Techniken wie Künstliche Intelligenz, Machine Learning und Data Analytics mancherorts bereits erfolgreich eingesetzt. In anderen Gebieten ist deren Einsatz mangels leistungsfähiger Netze noch nicht möglich. Mit einem 5G-basierten intelligenten ländlichen Edge-Netzwerk könnten Landwirte künftig diese Tools nutzen und ihre Höfe effizient und produktiv führen.

  • Bildungszugang

Mit der zunehmenden Verbreitung von Homeschooling ist es entscheidend, dass Schüler und Studenten in abgelegenen Gebieten Zugang zu virtuellen Klassenzimmern haben. Auch Augmented Reality und Virtual Reality sind Technologien, die von der 5G-Konnektivität profitieren und die Klassenzimmer von morgen prägen können. Durch die Kombination von 5G und Intelligent Edge könnten Schulen im ländlichen Raum Virtual-Reality-Lehranwendungen durchführen, ohne durch Latenzzeiten oder Probleme mit der Netzwerkzuverlässigkeit behindert zu werden. Dank der intelligenten Edge Geräte werden sämtliche Daten vom Virtual-Reality-Geräten genau dort verarbeitet, wo sie entstehen. Das vermeidet Verzögerungen und maximiert das Benutzererlebnis für Schüler und Lehrkräfte.

Stadtflucht und „Smart Countryside“

Angesichts der Pandemie sinken die Einwohnerzahlen der Großstädte. Dank Home Office werden ländliche Regionen attraktiv, die mehr Platz, saubere Luft und eine höhere Lebensqualität bieten. Die Nachfrage nach einer überdurchschnittlich guten Konnektivität dürfte durch diesen Trend weiter steigen.

Netzbetreiber in Deutschland arbeiten daran, die Netze im ländlichen Raum zu verbessern. Wichtig dabei ist, dass die Verbesserung in Richtung einer vollständigen 5G-Bandbreite für alle ländlichen Standorte zielt. Darüber hinaus sollten Netzbetreiber über neue Ansätze wie etwa die Zugangstechnik Open RAN nachdenken, um die Kosten für die Bereitstellung von 5G-Netzen auf der „letzten Meile“ zu senken. Idealerweise entstehen „Smart-Countryside“-Netze, die Künstliche Intelligenz, Data Analytics, Automatisierung und verteilte Edge-Clouds nutzen und den Traum von guter Konnektivität Wirklichkeit werden lassen. jf


Die Autorin

Nermin Mohamed ist Head of Telecommunications Solutions bei Wind River.