Dem Einsatz von künstlicher Intelligenz in ERP-Systemen widmet sich der Digitalverband Bitkom. Ein Positionspapier benennt die hohen Hürden dieser Technologie, aber auch das Potential und die Aufgaben für Anwender und Anbieter.
Zu wenig Daten in zu geringer Qualität – das sind laut Bitkom die größten Hindernisse beim Einsatz von Künstlicher Intelligenz in betriebswirtschaftlicher Standardsoftware (ERP/Enterprise Resource Planning). Mit Informationen zu Kunden, Aufträgen und Artikeln stünden im Vergleich zu klassischen Big-Data-Szenarien deutlich weniger Datensätze für die Analyse zur Verfügung. Zudem ließen sich Lösungen für künstliche Intelligenz nicht Out of the Box anwenden, sondern müssten für jeden Anwendungsfall trainiert werden. Das wiederum erfordere gute Daten in ausreichender Menge. Forscher versuchten, auch mit geringen Datenmengen gute Ergebnisse zu erzielen. Bislang gibt es laut Bitkom aber kaum Praxisbeispiele für verlässliche Anwendungen.
Neben den mangelnden Daten sieht Bitkom zwei weitere Hindernisse für den Einsatz Künstlicher Intelligenz: es fehlen sowohl Experten als auch gesetzliche Regularien. Zusammen mit der oftmals unklaren Wirtschaftlichkeit der Projekte führe dies dazu, dass sich Künstliche Intelligenz in Business-Anwendungen im Gegensatz zum Hype in der Consumer-Welt nur langsam durchsetze.
Eine Schlüsseltechnologie für die Digitalisierung
Laut Bitkom bietet Künstliche Intelligenz im ERP-Umfeld enorme Optimierungschancen: „Die künstliche Intelligenz als Schlüsseltechnologie wird die zweite Welle der Digitalisierung in den Unternehmen dominieren und zu disruptiven Veränderungen in allen Wirtschaftszweigen führen.“
Trotz aller Hürden legt Bitkom den ERP-Anbietern nahe, Künstliche Intelligenz in ihre Lösungen zu integrieren. Die Werkzeuge zur Erstellung der entsprechenden Analysemodelle existierten und sollten in die Applikationen integriert werden. Ein Anbieter, der hier nicht aktiv werde, verliere über kurz oder lang seine Wettbewerbsfähigkeit.
Realtime-Übersetzung, Predictice Maintenance und Qualitätskontrolle
Als Beispiel benennt Studie die Real-Time-Übersetzungen von Artikelbeschreibungen, Mahntexte oder sonstigen Datenelementen in einer Applikation. Die Anwendung greife dafür nicht einfach ein Wörterbuch zurück, sondern berücksichtige den spezifischen Kontext von Texten. Als weitere Anwendungsfälle gelten Predictive Maintenance und Qualitätskontrolle. Dabei werden die Daten aus dem ERP-System über die Qualität von Maschinenteilen mit den Betriebsdaten der Maschine zusammengeführt und analysiert. Auch in der Verbesserung der Disposition, intelligenter Assistenz, der betriebswirtschaftlichen Optimierung sowie der Vorhersage von Kundenzufriedenheit sieht Bitkom ein großes Potential.
„Es ist verständlich, dass Unternehmen, die sich erstmals mit einer neuen Art von Technologie beschäftigen, zunächst die Anwendungsfälle identifizieren und umsetzen, die einen schnellen Return on Investment versprechen“, hält das Positionspapier fest. Bei Künstlicher Intelligenz berge dieser Ansatz allerdings Risiken. Spätestens wenn intelligente Technologie Aufgaben bearbeite, die den Wirtschaftsprüfer oder gar die Aufsichtsbehörden interessieren, müssten Unternehmen sie nachvollziehbar gut beherrschen.
Governance und Compliance sind unverzichtbar
Bitkom empfiehlt Unternehmen daher, grundsätzliche Fragestellungen frühzeitig anzugehen und Richtlinien für eine Governance zu definieren. Davon ausgehend seien dann Regelungen für Künstliche Intelligenz ins Risk- und Compliance-Management aufzunehmen.
Die ERP-Anbieter fordert Bitkom auf, ihre Software so zu gestalten, dass sie ein ganzheitliches Management Künstlicher Intelligenz unterstützen. „Bis dato ist das Angebot der ERP-Anbieter mit dieser Technologie noch überschaubar und die Zahl der Anwendungsfälle auf Kundenseite klein“ resümiert das Positionspapier. „Dennoch ist absehbar, dass Künstliche Intelligenz eines Tages tief in den Kernprozessen verankert sein wird.“ Das größte Potential, aber auch die größten Herausforderungen sieht Bitkom beim Automatisieren von Geschäftsprozessen. Jürgen Frisch
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