Einführungsprojekte, die sich über Jahre ziehen, sind der Schrecken von IT-Verantwortlichen. Prototypen für End-to-End-Prozesse können den Prozess beschleunigen. Jörg von Ploetz vom Standardsoftwerker proALPHA erklärt, wann sich dieses Verfahren eignet.
Zeit ist Geld: Dieser über 200 Jahre alte Ratschlag Benjamin Franklins an junge Kaufleute gilt nach wie vor. Insbesondere Mittelständler versuchen daher, die Implementierung betriebswirtschaftlicher Standardsoftware (ERP) zu verkürzen. Einen interessanten Ansatz, um einen ERP-Launch zu beschleunigen, stellt das Prototyping dar.
Mit Modellen schneller ans Ziel
Zwei Bausteine kommen beim Prototyping zum Tragen: Der erste ist ein auf Templates basierendes Prozessdesign, das auf End-to-End-Prozessen basiert. Dabei werden Branchenunterschiede nicht unter den Teppich gekehrt – im Gegenteil. Schließlich agiert ein Großhändler völlig anders als ein Maschinen- und Anlagenbau oder ein Hightech- und Elektronikfertiger. Zweiter Kernbaustein der Methode ist die Arbeit mit vorbereiteten Prototypen für die Prozesse. Sie verfügen bereits über wesentliche Parametrisierungen sowie Hilfs- und Stammdaten. Auch einige Formulare sind schon vorkonfiguriert. Ein Import von Referenzstammdaten des jeweiligen Unternehmens macht dann schon den ersten Prototypen praktisch erlebbar.
In der Gesamtschau bringt das Verfahren des Prototypings-Unternehmen sieben Vorteile:
1. Alle Elemente sind aus einem Guss
Die gesamte Projektarbeit basiert auf einer umfassenden Vorlage. Diese garantiert eine einheitliche und durchgängige Konzeption. Denn es ist nicht nur wichtig, dass eine ERP-Lösung über bestimmte Funktionalitäten verfügt. Die Berater sollten auch modellhafte Branchen- und Standardprozesse im Gepäck haben. Wer sich aus einer solchen Bibliothek bedient, der stellt sicher, dass er keinen wesentlichen Ablauf übersieht.
2. Bewährte Modelle sparen Aufwand
Die Orientierung an marktüblichen Prozessen bietet Unternehmen die Chance, ihr IT-System schnell und mit hoher Qualität zu implementieren – gerade auch an den Stellen, wo es um branchenspezifische Abläufe geht. Schließlich muss man das Rad nicht immer neu erfinden.
3. Anpassungen nur an wichtigen Stellen
Prozesslandkarten auf Basis von Erfahrungswerten ermöglichen es, die Alleinstellungsmerkmale eines Unternehmens schnell aufzuspüren. So beschränken sich die Programmanpassungen auf das Wesentliche. Das Unternehmen differenziert sich an den wettbewerbsrelevanten Stellen und investiert nur dort in die nötigen Anpassungen.
4. Sparsamer Einsatz von Ressourcen
Durch das Prototyping entfällt die in klassischen Projekten übliche Designphase. Hochqualifizierte Key User müssen nicht viele Stunden mit Prozess- und Anforderungsdesign verbringen. Dadurch verkürzt sich zum einem die Projektlaufzeit. Zum anderen schont das Prototyping Ressourcen.
5. Vereinfachte Wissensvermittlung
Templates liefern noch einen weiteren Vorteil: Das Prozess- und Applikations-Know-how lässt sich schnell transportieren. Auch das trägt zu einer verkürzten Implementierung bei.
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6. Kürzere Dokumentationszeiten
Vor- und Nachbereitungszeiten verkürzen sich durch umfangreiche Vorlagen und die Nutzung eines Prozessdesigners deutlich. Nicht nur, weil sich darin kleine Anpassungen und deren Auswirkungen sofort visualisieren und verstehen lassen. Der Export der definierten Abläufe legt die Grundlage für eine Verfahrensdokumentation.
7. Geringere Projektrisiken
Damit ein Projekt weder von den Kosten her noch zeitlich aus dem Ruder läuft, sollte ein Statement of Work den Umfang aller Arbeiten klar definieren. Die Präsentationen der aufeinander folgenden Prototypen bilden dabei die Meilensteine des Projekts. Zwischen den Präsentationen bespricht das Projektteam Geschäfts-, Teil- und Hilfsprozesse im Prozessdesigner, beschreibt sie und legt im ERP-System die prozessrelevanten Stammdaten an. Die Projektarbeit und ihre Ergebnisse werden so schnell transparent und sind nahe an der Realität.
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Trotz aller Vorteile ist das Prototyping keine „eierlegende Wollmilchsau“. In Unternehmen, deren Geschäftsabläufe stark vom Üblichen abweichen, hilft diese Methode nicht weiter. In solchen Betrieben bestimmt nach wie vor eine fundierte Designphase über den Erfolg einer ERP-Einführung. Für alle anderen Unternehmen allerdings lohnt sich der Weg über Best Practices und Prototyping. Die größten Vorteile ergeben sich, wenn es sich bei den Prototypen um End-to-End-Prozesse handelt. Damit gelingen sowohl die Migration auf ein neues ERP-System als auch das Upgrade auf eine höhere Version deutlich schneller als mit den bisher üblichen Verfahren. jf
Der Autor
Jörg von Ploetz ist Head of Consulting beim Standardsoftwerker proALPHA.