Microsoft hat die Produktlinien für das Customer Relationship Management (CRM) Dynamics CRM mit denen für Enterprise Resource Planning (ERP) in der neuen Anwendungs-Plattform Dynamics 365 vereint. Neben den damit verbunden Vorteilen eines einheitlichen Datenmodells birgt das aber auch Risiken – vor allem für Bestandskunden.

SEIT ANFANG November 2016 ist Microsoft Dynamics 365 verfügbar. Eine grundlegende Frage blieb auch danach offen: Gibt es künftig nur noch Dynamics 365? Was wird beispielsweise aus meiner bisherigen Dynamics CRM-Installation? In der Vergangenheit führte die Software für das Management von Kundenkontakten in gewisser Weise ein von den Microsoft ERP-Systemen Dynamics NAV und Dynamics AX losgelöstes Eigenleben. Jetzt soll sich die CRM-Software nahtlos in die Dynamics-365-Welt einfügen. Anwender, die die bisherige Microsoft Dynamics CRM Online-Seite aufrufen wollen, werden bereits seit dem 1. November automatisch auf die neue Dynamics 365-Startseite  umgeleitet. Dort zeigt Microsoft alle verfügbaren Module für Dynamics 365: Finance, Project Service Automation, Customer Service, Operations, Field Service, Sales , Customer Insights und Marketing + Adobe.

CRM und ERP vereint durch gemeinsames Datenmodell

Damit zeigt sich deutlich, dass künftig sämtliche CRM- und ERP-Funktionalitäten in einer zentralen Plattform und in einem neuen und einheitlichen Datenmodell vereint sind. Der Kunde kann ab jetzt wie bei einem Baukastenprinzip wählen, welche Module er nutzen möchte. Neben den klassischen Prozessen aus den Segmenten Vertrieb, Marketing, Kundenservice, Finanzen oder Produktionsplanung bietet Microsoft jetzt auch Module aus den Bereichen Project Service, Internet of Things (IoT) oder Field Service im Standard an. Diese können wiederum aufgrund ihrer konsequenten Modularität einzeln oder kombiniert als „eine“ einheitliche Business-Lösung eingesetzt werden. Ergänzt wird dies unter anderem durch Analysefunktionen von Cortana Intelligence sowie Power BI, um beispielsweise mögliche Cross- oder Up-Selling-Potenziale zu identifizieren und mit CRM-Funktionalitäten, wie Sentiment- und Intent-Analyse, Preemptive Services, Relationship-Insights Lead und Opportunity Scoring, nachzuverfolgen.

Modularisierung ermöglicht rollenspezifische Funktionalität

Durch die Modularisierung löst sich Microsoft einmal mehr vom bisherigen „Software pro Paket“-Ansatz und bietet stattdessen einen „Software pro Rolle des Nutzers“-Ansatz, also aufgaben- und lösungsorientiert. Dies ändert auch die bisherigen Lizenzierungsformen und soll gleichzeitig das Hinzubuchen von einzelnen Diensten leichter machen. Informationen zum neuen Lizenzierungs- und Preismodell finden sich hier.


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Marketing Automation übernimmt Adobe-Modul

Das „+ Adobe“ im Marketing-Modul bildet Ausdruck einer vertieften Partnerschaft mit Adobe Systems. Die Funktionen der Adobe Marketing Cloud und der Microsoft Dynamics 365 Plattform verschmelzen umfassend miteinander.

Gleichzeitig gab Microsoft das „Aus“ für das häufig mit Dynamics CRM verknüpfte Microsoft Dynamics Marketing (MDM) bekannt. Die Lösung für Integrated Marketing Management (IMM), die mit dem Ziel angetreten ist, Prozesse und Aktivitäten in sämtlichen Kanälen – ob digital, Social oder traditionell – durchgängig zu unterstützen, verkauft der Software-Hersteller nicht mehr offiziell.

Field Service und Project Service Automation ermöglichen End-to-End-Lösung

Ein weiterer Schwerpunkt von Dynamics 365 liegt auf dem Kundenservice und damit verbundenen Prozessen. Obwohl Tablets und Smartphones bereits heute eigentlich zum Alltag gehören, bearbeiten immer noch viele Servicetechniker im Außendienst ihre Aufträge mit Zettel und Stift. Damit soll nun endgültig Schluss sein. Mit den Dynamics-365-Modulen Microsoft Field Service und Project Service Automation, lassen sich sowohl die Tätigkeiten der Servicetechniker als auch die Abläufe in der Disposition in eine maßgeschneiderte End-to-End-Lösung integrieren. Alle relevanten Geschäftsprozesse vom Vertrieb bis hin zur Rechnungsstellung können so neu konzipiert, digital abgebildet und enorm verschlankt werden.

Connected Field Service überwacht vernetzte Geräte

Auch das Internet of Things IoT spielt eine bedeutende Rolle im Rahmen des Dynamics-365-Portfolios.Immer mehr Geräte sind vernetzt und gewinnen damit zunehmend an Bedeutung für das Customer Relationship Management (CRM) und die damit verbundene Customer Experience. Von Fahrzeugen über Gebäude bis hin zur Kleidung: wenn die sogenannten Wearables vielen heute auch noch ein wenig wie Science-Fiction vorkommen – der Trend zur Vernetzung ist allgegenwärtig. Dabei ist das Internet of Things (IoT) zurzeit jedoch in vielen Fällen noch eine Gratwanderung zwischen Trendwort und Nutzen bringender Integration, da sich die entsprechenden Standards noch stärker in der Industrie etablieren müssen. Es ist jedoch absehbar, dass es bald kaum eine Produktgattung geben wird, die nicht vernetzt ist. Experten schätzen, dass es bis zum Jahr 2020 mehr als eine Billion vernetzte Geräte geben wird.

Mit Connected Field Service wurde auch bereits eine erste Out-of-the-Box-IoT-Anwendung von Microsoft zur Verfügung gestellt. Damit lassen sich vernetzte Geräte überwachen, mögliche Fehlerquellen identifizieren, Warnungen automatisch an den Servicetechniker übermitteln und zum Beispiel zeitgleich ein Service-Ticket im CRM-System erstellen.

Für Kunden und Unternehmen ermöglicht dies einen Paradigmen-Wechsel in der Betreuung, von reaktiver zu vorausschauender Betreuung und Schadensbegrenzung. So können Unternehmen mit IoT ihre Teams deutlich effizienter steuern und sie dabei unterstützten, sich auf eine neue Art mit Kunden, Partnern und Mitarbeitern zu vernetzen.

Dynamics 365 bietet rollenbasierte Funktionalität

Mit Dynamics 365 geht Microsoft so einen spannenden und positiven Schritt in die Zukunft. Es ermöglicht den Nutzern , genau die Funktionen und Daten abzurufen, die sie gerade zur Erfüllung ihrer Arbeit benötigen und es quasi nicht mehr länger nur um „das“ CRM oder „das“ ERP als Einzellösung geht. Das smarte Dynamics 365 aus der Cloud ist dabei tief in Microsofts Software-Landschaft integriert.

Jedoch kommt auf Microsoft ein deutlich höherer Aufwand zu. Da nicht alle Unternehmen von heute auf morgen in die Cloud wechseln werden, wird der Software-Anbieter seine klassischen On-Premise-Versionen erst einmal weiterentwickeln müssen (siehe Faktencheck am Ende des Artikels). Microsoft wird aber seinem Mantra „Mobile first, Cloud first“ treu bleiben und einzelne Funktionalitäten erst oder ausschließlich nur den Cloud- oder Mobilen-Anwendern zur Verfügung stellen. Das sieht die Microsoft Roadmap für Dynamics365 Stand heute vor. Microsoft Dynamics 365 Deutschland soll in der ersten Jahreshälfte 2017 generell verfügbar sein.Ralf Klatt*/hei


Faktencheck Microsoft Dynamics 365:
Wird das Dynamics 365-Modul Operations (AX) sowohl aus der Cloud als auch On-Premise angeboten? Gibt es ein Hybrid-Szenario?
Microsoft bietet alle drei Betriebsmodelle an: 1) reine Cloud-Variante, 2) Hybrid-Variante (Workloads sind lokal installiert, bspw. POS, Shopfloor, aber mit Cloud-Verbindung und Datenhaltung in der Cloud, zum Beispiel PowerBI. 3) reine On-Premise-Variante

Ab wann ist Dynamics 365 bzw. sind die jeweiligen Module in Deutschland verfügbar?
Seit Mai 2016 als Dynamics AX7. Die On-Premise-Variante kündigte Microsoft als Preview für April 2017 an.

Was sieht die Roadmap für Microsoft Dynamics 365 vor?

Link zur Dynamics 365 Roadmap: https://roadmap.dynamics.com/

Wird Microsoft Dynamics CRM weiter als Stand-alone Online-Lösung und auch als Stand-alone On-Premise-Lösung angeboten?
Dynamics CRM ist in Dynamics 365 aufgegangen (Module: Sales, Service etc.) Diese bietet Microsoft auch On-Premise an

Gibt es ein Cloud- und ein On-Premise-Betriebsmodell für die Business-Edition von Microsoft Dynamics 365?
Nein, die Business Edition ist als reines Cloud-Produkt geplant. Sie ist kein Ersatz von Dynamics NAV.

Wie lange werden Microsoft Dynamics NAV-Releases weiterentwickelt und gewartet?
Es ist nicht angekündigt/geplant Dynamics NAV einzustellen. Microsoft bietet jährliche Updates zu NAV an: derzeit Dynamics NAV 2016.  Roadmap Microsoft Dynamics NAV 2016

Ab wann wird die Microsoft Deutschland Cloud mit T-Systems als Datentreuhänder für das Operations-Modul Operations in Dynamics 365 Enterprise verfügbar sein.
Microsoft visiert einen Preview für Operations (AX) in 2017 an.

 


Ralf Klatt* ist Senior Consultant CRM bei der Trovarit AG. Nach mehr als 15 Jahren erfolgreicher Mitarbeit und Leitung von zahlreichen CRM Beratungs- und Implementierungsprojekten im D-A-CH-Raum, ist er spezialisiert auf die Auswahl, Einführung und Einsatz-Optimierung von CRM-Lösungen.