Die Chancen von Industrie 4.0 bieten sich nicht nur für produzierende Unternehmen, sondern auch für den Handel. Mit dem Internet-of-things (IoT)-Store, Design Thinking und einer Quick Implementation fördert das Retail Innovation Lab von SAP IoT-Innovationen für diese Branche. Aber noch gibt es einige Hürden auf dem Weg in die technologische Zukunft des Handels.

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Mikrobewegungen innerhalb der Filiale vom Regal in die Umkleidekabine geben Aufschluss darüber, welche Kleidungsstücke etwa fast immer nach dem Anprobieren doch nicht gekauft wurden. Ermöglicht wird das, wenn etwa ein internationaler Modekonzern Kleidungsstücke mit RFID-Chips ausstattet, um diese über den gesamten Lebenszyklus hinweg verfolgen zu können – von der Herstellung in Fernost über die Lagerung, die Lieferung ins Handlager bis in die Filiale.
Dennoch muss weiter Überzeugungsarbeit bei IT-Entscheidern für den Einsatz von Industrie4.0-Technologie im Handel geleistet werden. „Einige Hürden auf dem Weg in die technologische Zukunft des Handels gibt es noch“, räumen Michael Osthof und Hendrik Hilger, die Leiter des Retail Innovation Labs von SAP in Sankt Ingbert, ein.

1. Inselbetrachtung: Die Ansätze bei einzelnen Handelsunternehmen sind oft isolierte Engagements beispielsweise mit kleinen Startups, die sich einzelne Aspekte des Verkaufsprozesses vornehmen. „Was hilft es einem Unternehmen, Besucherströme zu analysieren, wenn diese nicht mit den aktuellen Umsätzen synchronisiert werden?“, fragt der gelernte Wirtschaftsinformatiker Hilger, und fügt hinzu: „Der geschäftliche Kontext bleibt noch zu oft auf der Strecke oder kommt erst verspätet hinzu.“

2. Zu viele Technologien: „Es gibt viele Technologien, die IoT-Szenarien unterstützen, aber nicht die eine, die alles kann“, berichtet SAP-Experte Osthof. So gibt es beispielsweise für die Erfassung von Besucherströmen in den Filialen die Möglichkeit, die WIFI-fähigen Geräte der Kunden anonymisiert mit zu verfolgen, Videoaufnahmen zu analysieren oder Bluetooth einzusetzen. Alle Technologien haben ihre Vor- und Nachteile. Über die SAP HANA Cloud Platform lassen sie sich gemeinsam analysieren. Weiterer wichtiger Aspekt: Diese konsolidierten Erkenntnisse lassen sich zusammen mit Zahlen aus dem Enterprise Resource Planning (ERP), der Warenwirtschaft, der Logistik, dem Finanzwesen betrachten. „Wir verbinden die Ist-Welt der Dinge mit dem Business-Kontext“, erklärt SAP-Manager Osthof.

 

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3. Datenschutz ernst nehmen: Bei einem Pilotprojekt in einem neuen Einkaufszentrum werden die Laufwege der Besucher über eine Videokamera in einer Heatmap dargestellt – eine anonymisierte Analyse, die letztlich wieder dem Kunden zugute kommen soll. Natürlich sind bei solchen Analysen datenschutzrechtliche Rahmenbedingungen zu berücksichtigen, die sich in unterschiedlichen Ländern stark unterscheiden. „Es ist wichtig, von vornherein offen damit umzugehen, was mit Daten gemacht wird und welchen Mehrwert sie liefern“, betont Oliver Reulmann; Strategic Architect Retail SAP HANA Platform bei SAP. Es gibt zum Teil auch eine starke Diskrepanz zwischen dem, was erlaubt und dem, was gesellschaftlich akzeptiert ist. Ein Hackathon mit 25 Studentinnen aus dem Rhein-Main-Gebiet brachte kürzlich die Idee auf, dass sich Kunden in einem Smart Fitting Room in ihrem neuen Outfit fotografieren konnten, das danach im Schaufenster des Geschäfts gezeigt wurde. „Als „Werbeikone“ zu fungieren, machte den Kunden offenbar nichts aus“, glaubt SAP-Manager Osthof.

4. Konkurrierende Projekte: Das Thema Omnichannel, also die konsolidierte Sicht auf alle Einkaufskanäle vom Online-Shop über den mobilen bis hin zum stationären Einkauf, steht derzeit noch bei vielen Unternehmen ganz oben auf der Agenda. „Deshalb fehlt aktuell noch oft die Motivation, das noch neue Thema IoT anzugehen“, berichtet Osthof.

Der Einstieg sei aber oft nicht so kompliziert, wie von IT-Verantwortlichen gedacht. „Schon nach acht bis zehn Wochen lassen sich mit einer Quick-start Implementation erste Erfolge des Einsatzes von IoT-Projekten sehen“, resümiert Hendrik Hilger, einem der Spezialisten bei SAP, die an neuen technologischen Ansätzen für den Handel tüfteln, seine Erfahrung.

Das Potenzial von Industrie4.0-Technologie im Handel

Zwei Beispiele zeigen die Möglichkeiten von Industrie4.0-Technologie im Handel auf:
1. Machine Learning am Pfandautomaten: Ein Lebensmittelhändler setzt seit kurzem Algorithmen ein, um Füllstände eines Pfandautomaten vorauszuberechnen. Die Maschine merkt sich, wann Kunden kommen, korreliert dieses Wissen mit dem Füllstand der Maschine und sagt treffsicher vorher, wann der Eingriff durch Menschenhand nötig ist. Das System nimmt wahr, wenn der Automat an bestimmten Wochentagen oder zu bestimmten Uhrzeiten immer wieder besonders gefordert ist, während zu anderen Zeiten kaum Kunden ihr Leergut abgeben. Erst wenn voraussichtlich sehr bald der Automat gefüllt sein wird, bekommt ein Mitarbeiter in der Filiale die Information, den Pfandautomaten zu leeren. Ändert sich das Verhalten der Kunden, passt sich das System automatisch an – es lernt dazu.

2. Biometrische Werbung: In ersten Vorbereitungen befindet sich ein neuartiger Ansatz, um Werbung im Laden zu personalisieren. Die Idee: Kommen junge Menschen in den Laden, zeigt ein Display ein paar Meter weiter automatisch Werbung für Teenager. Eine Videokamera – so die Vision – schließt auf Alter und Typ des Konsumenten und der passende Werbespot wird gezeigt.
„Hier ist noch Feinschliff nötig“, gibt SAP-Manager Hilger jedoch zu – auch in Anbetracht der Tatsache, dass kürzlich eine Tierhandelskette auf die Lösung aufmerksam wurde. Kommt also ein Golden Retriever mit seinem Herrchen zur Tür herein, muss die Kamera in der Lage sein, den Hund genauso zu erkennen wie einen Zwergpudel oder einen Rauhaardackel – und punktgenau das richtige Futter auf dem Werbedisplay anzeigen.
Autor: Andreas Schmitz, Quelle SAP News Center/hei


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