Im Hinblick auf Wartungs- und Lizenzfragestellungen, Sicherheitskonzepte und Produkt-Transparenz gibt es noch wichtige Aufgaben für SAP zu lösen, besagt eine von der Deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe e. V. (DSAG) durchgeführte Mitgliederumfrage. Auf ihrem 18. Jahreskongress forderten die DSAG-Arbeitskreisleiter dies bei der SAP ein. Die SAP-Verantwortlichen zeigen sich gesprächsbereit und lieferten auch schon – teilweise.

ANGRIFFSLUSTIG zeigte sich Andreas Oczko, Stellvertretender Vorstandsvorsitzer der Deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe e. V. (DSAG) vor den über 4500 Teilnehmern am DSAG-Jahreskongress in Bremen. „Wir zahlen in der Wartung zehn Milliarden Euro pro Jahr“, berichtet Oczko, und ordnet diese Zahl ein: „Das sind 50 Prozent des SAP-Gesamtumsatzes.“ (Video ab 40:20) Dennoch habe die SAP angekündigt, den Satz für den Standard-Support auch in diesem Jahr erneut zu erhöhen, erste Verträge würden die 20 Prozent-Marke überschreiten. Oczko richtete sich daher mit deutlichen Worten an die SAP: „Es reicht jetzt!“ Der Satz für den Standard-Support der SAP ist an einen Preis-Index (Pressmitteilung der DSAG vom 18.2.2009) gebunden und könnte im schlimmsten Fall 22 Prozent erreichen.

Support-Satz-Deckel für Deutschland, Österreich und Schweiz

Die SAP hat die laute Stimme der SAP-Anwender verstanden und liefert: Das SAP-Vorstandsmitglied Michael Kleinemeier antwortete in seiner Ansprache an die SAP-Anwender auf dem DSAG-Jahreskongress direkt auf die Forderung des stellvertretenden DSAG-Vorsitzenden: „Wir erhöhen den Satz für die Standard-Support-Verträge, die bereits bei 20,5 Prozent liegen, nicht in 2019 und auch nicht in 2020“, und betont unter dem Beifall der versammelten SAP-Anwender: „Da ist der Deckel in Deutschland, Österreich und der Schweiz drauf.“ (Im Video ab 09:40)

DSAG fordert Rechtssicherheit bei Third-Pary-Lizenzierung

Auch beim Thema Third-Party-Lizenzierung kritisiert Oczko trotz einer erzielten Teilvereinbarung die SAP scharf: „Hier eiert die SAP seit Jahren herum (Siehe erstes Video oben ab 44:00).“ Das DSAG-Vorstandsmitglied stellt deshalb klare Forderungen an den Software-Lieferanten: „Das Lesen kundeneigener Daten aus Drittsystemen heraus muss kostenlos sein.“ Und darüberhinaus müsse auch der Datenaustausch zwischen Fremdsystemen und SAP-Systemen kostenlos sein. Oczko appelliert deshalb an die SAP-Verantwortlichen: „Schaffen sie Rechtssicherheit für SAP-Anwenderunternehmen.“ Der Weg dafür ist jetzt vorgegeben. Auf dem DSAG-Jahreskongress habe sich die SAP mit der SAP-Anwendergruppe darauf verständigt, dafür bis zum Jahresende eine einvernehmliche Lösung zu finden.

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Keine Doppellizenzierungen für Cloud-Lösungen

Die SAP Cloud Plattform scheint für viele DSAG-Mitglieder zudem noch eine Unbekannte zu sein: Mehr als die Hälfte billigt ihr kaum bis keine Relevanz zu, obwohl genau sie für die flexiblen digitalen Geschäftsprozesse entwickelt wurde. Und auch die anderen Cloud-Lösungen würden von den mehr als 3.300 DSAG-Mitgliedsunternehmen für die digitale Transformation kaum in Betracht gezogen. Eine Aufgabe der DSAG bestehe aber darin, kritisch zu hinterfragen, wie weit Plattformen, beispielsweise Ariba, SuccessFactors und Concur, wirklich in bestehenden IT-Umgebungen integrierbar sind und wo deren konkreter Nutzen für SAP-Anwender liegt. Außerdem sei davon auszugehen, dass die Weiterentwicklung von Zusatzprodukten um den digitalen Kern herum vornehmlich in der Cloud erfolgt. „Die Kunden haben aber bereits Lizenzen für ihre Geschäftprozessanwendungen erworben“, stellt DSAG-Oczko klar, und fordert: „Von daher muss darauf geachtet werden, dass es so nicht zu Doppellizenzierungen kommt.“ Dafür setze sich die DSAG weiterhin ein.

Vertikales SAP-Lizenzmodell befindet sich in Sichtweite

Der kontinuierliche Dialog der DSAG mit der SAP brachte hier einen ersten Erfolg . „Die SAP plant für 2018 die Einführung eines vertikalen Lizenzmodells“ (siehe Foto), berichtet Oczko. In Q3 2017 werde es auch die erste Pay-per-Use-Preislisten-Position geben.

 

SAP muss Sicherheitskonzepte liefern

Um nötige Digitalisierungsvorhaben adäquat umzusetzen, brauchen Unternehmen laut der DSAG aber auch einen stabilen ERP-Kern, der die wesentlichen Geschäftsprozesse abbildet, sich aber schnell und einfach updaten lässt. „Da sind wir heute noch nicht“, konstatiert Marco Lenck, Vorstandsvorsitzender der Deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe e. V. (DSAG), in seiner Keynote. Zusätzlich müsse der Kern mit flexibel konfigurierbaren Lösungen ergänzt werden. Nur so lassen sich laut Lenck End-to-End-Prozesse als elementarer Bestandteil digitaler Geschäftsmodelle über Unternehmensgrenzen hinweg realisieren. „Die Lösung besteht nicht etwa, wie vielfach behauptet, in einer IT-Infrastruktur der zwei Geschwindigkeiten. Wir werden hybride Systeme einsetzen, um die Herausforderung der digitalen Transformation zu bewältigen“, erklärt Marco Lenck. „Hybride Szenarien erfordern jedoch vollumfängliche und präventive Sicherheitskonzepte. Hier muss SAP liefern.“

DSAG fordert Reifegrad-Transparenz neuer Produkte

Wie begegnen SAP-Anwenderunternehmen aktuell dieser Situation und wo steht SAP? Dazu hat die DSAG im Vorfeld des Jahreskongresses eine Umfrage unter ihren Mitgliedern durchgeführt*. 70 Prozent der Befragten messen demnach S/4HANA eine hohe bis sehr hohe Relevanz für die digitale Transformation zu. Aber auch die Business Suite ist für über die Hälfte eine Zukunftsperspektive für Digitalvorhaben. DSAG-Mitglieder setzen demnach auf beide Lösungen. „Für uns Anwender ist es wesentlich, dass SAP hinsichtlich des Reifegrads und der Leistungsumfänge der neuen Produkte mehr Transparenz schafft und auch die Weiterentwicklung der Business Suite stärker vorantreibt“, lautet der Aufruf der DSAG an SAP. (*Erhebungsgrundlage der Umfrage
Die DSAG hat im Frühsommer eine Online-Umfrage bei SAP-Anwenderunternehmen im deutschsprachigen Raum durchgeführt. Befragt wurden über 500 Entscheider aus IT- und Fachbereichen.)

SAP Leonardo noch nicht angekommen

Sehr deutlich fällt das Urteil über SAP Leonardo aus. 82 Prozent messen der neuen Marke im Bereich IoT und Künstliche Intelligenz kaum bis keine Bedeutung in ihrer Digitalen Strategie bei, was allerdings an der erst kürzlich erfolgten Markteinführung liegen kann. Dazu Marco Lenck: „Eine Voraussetzung für den Erfolg sind Aufklärungsarbeit und verständliche Informationen seitens der SAP insbesondere, dass die Digitalisierungs-Strategie der SAP für Unternehmensentscheidungen sichtbar ist.“ Denn SAP wird durchaus als wichtiger, wenn auch nicht als einziger Partner bei der Digitalisierung gesehen: 79 Prozent schreiben SAP eine wichtige Rolle zu (2016: 74 Prozent).

Internet of Things stellt SAP noch vor Herausforderungen

Die wichtigsten Herausforderungen, die SAP im Bereich Internet of Things noch meistern muss, sehen DSAG-Mitglieder bei den Themen Sicherheit und Lizenzen sowie indirekter Nutzung. Konkret bedeutet das unter anderen:
• IoT-Projekte benötigen eine durchgängige Security-Architektur bzw. entsprechende Governance-Modelle.
• Einheitliche Standards müssen geschaffen und eingehalten werden, um heterogene Landschaften zu betreiben
• Der Übergang von alten auf neue Verträge muss bestehende Ansprüche bewahren und durch ein einheitliches Preis- und Lizenzmodell unterstützt werden.
• Benötigt wird ein nachhaltiges und klares Pricing-Model, das sich am Geschäft orientiert und die Risiken überschaubar hält, auch in einer IoT-Umgebung.

Ohne die Klärung dieser und weiterer Punkte werden Digitalisierungsvorhaben sich nicht adäquat umsetzen lassen, lautet die Botschaft des DSAG-Vorstandsvorsitzenden.

Fundamentale Auswirkungen durch digitale Transformation

Klare Vorstellungen haben DSAG-Mitglieder über die nähere Zukunft: 86 Prozent erwarten bedingt durch die digitale Transformation fundamentale Auswirkungen auf Unternehmen. Auf IT-Abteilungen kommen nach Meinung von 91 Prozent der Befragten die gewichtigsten Veränderungsprozesse zu. Der IT wird damit im Rahmen der Digitalisierung eine Vorreiterrolle attestiert.

Gemäß einer Selbsteinschätzung stehen Unternehmen noch immer am Anfang der digitalen Transformation. Aus dieser Situation heraus ergibt sich für SAP folgender Auftrag, den der DSAG-Vorsitzende Marco Lenck formuliert: „SAP ist technisch auf dem Weg. Das reicht uns allerdings nicht. Von SAP brauchen wir Lösungen, die funktionieren mit einfachen Updates und Sicherheitskonzepten, verlässliche Informationen, damit Unternehmen ihre Digitalisierungsstrategie definieren können. Und last, but not least transparente Kosten mit atmenden Lizenzmodellen, die nachhaltige Business Cases ermöglichen“. An diesen Themen werden SAP und die DSAG gemeinsam in den nächsten Monaten arbeiten. hei


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