Die Digitalisierung bietet in der Krise eine echte Chance und die deutschen KMU nutzen sie. Laut der SMB Digital Maturity Study 2020 liegen sie im internationalen Digitalisierungsvergleich auf Rang 4. Denn nur 56 Prozent müssen die Digitalisierung ihrer Geschäftsprozesse beschleunigen, während international viel mehr Unternehmen ad-hoc aufholen müssen.
Aktuelle Herausforderungen und Chancen sowie den Zusammenhang zwischen digitaler Reife und schnellerer wirtschaftlicher Erholung – das ermittelt die von IDC und Cisco durchgeführte Studie. Sie zeigt, wie der kleine und mittelständische Unternehmen weltweit durch die Corona-Krise kommen, wie sich Geschäfts- und Investitionsprioritäten verändert haben und welche Auswirkung der Digitalisierungsgrad auf die Wirtschaftsleistung hat. Untersucht wurden 2.030 Unternehmen mit bis zu 499 Mitarbeitern in Deutschland, Frankreich, Großbritannien, USA, Kanada, Mexiko, Brasilien und Chile.
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Demnach können KMU bis 2024 das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um insgesamt 2,3 Billionen US-Dollar (1,9 Billionen Euro) erhöhen, wenn es gelingt, mehr als die Hälfte der KMU zu digitalen Herausforderern zu machen. Das deutsche BIP kann um 328 Milliarden Euro steigen. Und das ist nicht unrealistisch, denn derzeit sind bereits 38 Prozent der deutschen KMU in der dritten Phase „Herausforderer“, weitere 5 Prozent in der höchsten Stufe „Digital Native“.
Es werden folgende vier Stufen der digitalen Reife unterschieden:
- Stufe 1 – Digital Indifferent: Ein Unternehmen, das ohne digitalisierte Prozesse auf Marktveränderungen reagiert.
- Stufe 2 – Digitaler Beobachter: Ein Unternehmen, das erst in kleinen Schritten mit der Digitalisierung von Prozessen begonnen hat.
- Stufe 3 – Digitaler Herausforderer: Ein Unternehmen, das eine Strategie für den Einsatz digitaler Technologien hat und proaktiver auf den Markt reagiert.
- Stufe 4 – Digital Native: Ein Unternehmen, das eine integrierte Digitalisierungsstrategie verfolgt und sich auf die Förderung kontinuierlicher Innovation konzentriert.
„Der deutsche Mittelstand wird bei der Digitalisierung oft als Nachzügler gescholten. Dabei profitieren viele kleine und mittelständische Unternehmen von den Initiativen, die sie bereits vor der Krise auf den Weg gebracht haben“, sagt Uwe Peter, Geschäftsführer von Cisco Deutschland. „Für diejenigen, die noch eine geringe Reife zeigen, setzen das Konjunkturprogramm der Bundesregierung und Digitalisierungsprogramme auf Landesebene die richtigen Anreize.“
Deutsche KMU international gut aufgestellt
Für ein umfassendes Bild wurden beim Vergleich des Reifegrades auch 16 Länder aus dem asiatisch-pazifischen Raum einbezogen. Dabei erreichen die deutschen Unternehmen insgesamt Platz vier hinter Singapur, Großbritannien und den USA. In Deutschland gibt es die meisten KMU, die unter den derzeitigen Bedingungen wachsen oder sich neu aufstellen (66 Prozent). So muss hierzulande im internationalen Vergleich ein geringerer Anteil von KMU die Digitalisierung ihrer Geschäftsprozesse aufgrund von Corona beschleunigen (56 Prozent), da sie bereits entsprechende Strategien umsetzen. Mit Ausnahme von Großbritannien liegt der Anteil bei allen anderen Ländern über 70 Prozent. In Deutschland bleiben dagegen bei 43 Prozent der KMU die Digitalisierungspläne unverändert.
Rund um den Globus hat Corona vor allem die Arbeitsweise verändert (Homeoffice, Remote Work). In Deutschland wurde dies weniger oft genannt. Hier hat sich die Krise überdurchschnittlich stark auf die Sicherheit der Mitarbeiter (17 Prozent), die Lieferkette und Logistik (14 Prozent) sowie die Vertriebsleistung (12 Prozent) ausgewirkt.
„Wir hatten bereits vor der Krise in vielen Bereichen die neuesten Technologien parat, haben sie aber kaum genutzt. Während des Lockdowns konnten wir unser Geschäft dank Webex problemlos aufrechterhalten. Zudem haben wir den Wegfall des stationären Fachhandels durch neue, digitale Kanäle zu unseren Endkunden zumindest teilweise ausgeglichen“, erläutert Benedikt Böhm, General Manager von Dynafit, die Krisen-Digitalisierung bei einem der führenden Outdoor-Ausrüster mit Sitz in Aschheim bei München.
Auswirkungen auf Investitionen
Für 46 Prozent der deutschen KMU spielt die Digitalisierung eine wichtige Rolle und sie prüfen weitere Innovationen. Dafür investieren sie in den nächsten 18 Monaten vor allem in IT-Infrastruktur-Software (12 Prozent), Sicherheitslösungen (11 Prozent) und Workforce Performance Management (10 Prozent). Die wichtigsten Ziele sind dabei verbesserte Prozesse (21 Prozent), Marktwachstum (19 Prozent) sowie die Entwicklung neuer und die Verbesserung bestehender Produkte und Services (14 Prozent). Die größten Herausforderungen bilden dabei geringes Budget (16 Prozent), hohe Kosten (15 Prozent) und fehlende Bereitschaft (14 Prozent).
„Der deutsche Mittelstand kann auch bei der Digitalisierung weltweit führend werden“, so Katharina Jessa, Leiterin Small & Medium Enterprise, Cisco Deutschland. „Dazu müssen die KMU weiter konsequent in die Digitalisierung investieren. Am wichtigsten sind moderne Infrastrukturen und Lösungen, die Flexibilität, Effizienz und Produktivität steigern.“
Laut der SMB Digital Maturity Study 2020 investieren die KMU in den nächsten 18 Monaten vor allem in Cloud-Lösungen sowie firmeneigene Infrastruktur-Software und -Hardware. Sicherheits-, Kunden- und Collaboration-Lösungen spielen ebenfalls eine bedeutende Rolle. Die KMU mit dem höchsten Reifegrad setzen zudem auch auf Künstliche Intelligenz/Analytik, um ihre Wettbewerbsfähigkeit weiter zu steigern und manuelle Prozesse zu reduzieren.