Twitter, Hangouts, Chats und Messenger – auch im B2B-Bereich läuft längst nicht mehr alles über Telefon und E-Mail. Die digitale Transformation unserer Kommunikation schafft zwar neue Potenziale für eine effiziente und weitreichende Produktvermarktung, stellt aber insbesondere den Vertriebsinnendienst vor neue Aufgaben und Herausforderungen.

DIGITALE INNOVATIONEN revolutionieren nicht nur Technik und Abläufe im eigenen Unternehmen. Auch Kunden und Partner verändern maßgeblich ihr Verhalten in der Informationsbeschaffung sowie im Kauf- oder im Entscheidungsprozess. Zudem sind die meisten im Umgang mit digitalen Medien geübt und über eine Vielzahl von Plattformen erreichbar. Davon betroffen ist besonders der Vertriebsinnendienst in seiner Funktion als Schnittstelle zwischen Unternehmen und Zielmärkten.

Neue Herausforderungen

Der Begriff „Inside Sales“, ursprünglich in den späten 1980er Jahren entstanden, sollte die umfangreicheren und komplexeren telefonbasierten Verkaufstätigkeiten des Vertriebsinnendienstes vom stark strukturierten und anweisungs-eingeschränkten „Telemarketing“ oder „Telesales“ unterscheiden.

Das Hauptaufgabengebiet des Innendienstes für B2C- wie für B2B-Szenarien ist klassischerweise der Direktvertrieb. Dabei qualifizieren Mitarbeiter Leads nach Potenzial und vertreiben Produkte oder Dienstleistungen im direkten Kontakt.

„Waren bisher Telefon und E-Mail das Hauptkommunikations- und damit Hauptverkaufsinstrument, so muss heute eine Vielzahl verschiedener Kanäle überwacht und auch bedient werden.“

Bei erklärungsbedürftigen und hochpreisigen Lösungen bzw. Dienstleistungen findet eher eine Vertriebsunterstützung für den Außendienst statt. Die Aufgaben umfassen Erstberatung, Terminvereinbarung und qualifiziertes Zuarbeiten. Das eigentliche Verkaufsgespräch bzw. die finale Abstimmung findet in der Regel beim Kunden vor Ort statt.

Im Kern hat sich am Aufgabenspektrum des Vertriebsinnendiensts während der letzten 30 Jahre kaum etwas geändert. Sehr verändert hat sich jedoch die Art und Weise, wie diese Aufgaben bearbeitet werden, da immer mehr digitale Tools in den Prozessablauf eingreifen.

Egal ob Direktvertrieb oder Vertriebsunterstützung: Die Kommunikationskanäle des Innendienstes haben sich über die letzten Jahre erheblich erweitert und auch verändert. Neben Telefon und E-Mail, als ursprüngliches Hauptkommunikationsinstrument und somit Hauptverkaufsinstrument, müssen heute eine Vielzahl verschiedener Kanäle analysiert und bedient werden. Insbesondere für Verkaufsgespräche und Projektabstimmungen werden Kollaborationswerkzeuge wie Skype, Hangout usw. mit der Möglichkeit des Document- und Screen-Sharings immer wichtiger.

Neben der Outbound-Kommunikation ist das Telefon heutzutage auch nicht mehr zwangsläufig die erste Wahl, wenn Kunden und Interessenten Kontakt zum Unternehmen aufnehmen wollen. Um kundenorientiert zu handeln, werden einige neue Kommunikationskanäle aus strategischer Sicht immer wichtiger und gewinnen an Bedeutung. Hierzu gehören Social Networks, wie Facebook, Xing & Co. genauso wie Social Media-Plattformen und Chat- bzw. Messenger-Anwendungen. Laut dem Branchenverband Bitkom nutzen bereits 63 Prozent der Deutschen „WhatsApp“ und immerhin 15 Prozent den „Facebook Messenger“.

Der kontinuierliche Anstieg von Messaging Diensten führt bereits jetzt dazu, dass viele Interessenten auf Email und Telefon als Kommunikationsmittel verzichten wollen. Sie wollen unabhängig von Ort und Zeit ihre Frage platzieren und erwarten eine umgehende Rückmeldung. Eine amerikanische Studie hat dazu herausgefunden das 42% der Kunden eine Antwort in 60 Minuten erwarten, während 32% der Befragten eine Antwort innerhalb von 30 Minuten (!) erwarten.

KI revolutioniert die Kommunikation

Diese Entwicklung erhöht den Druck auf Unternehmen, die ihren Kunden über diesen Kommunikationskanal eine positive Kundenerfahrung bieten möchten, gleichzeitig aber keine Ressourcen haben, um eine 24/7-Überwachung dieser Kanäle zu gewährleisten. Eine mögliche Lösung stellen Chatbots und künstliche Intelligenz (KI) dar, die derzeit als „die“ Revolution in der Kundenkommunikation gesehen werden (s. Abbildung).

„Die aktuelle Generation von Chatbots hingegen nutzt alle Vorteile von KI, was sie zu intelligenten und smarten Programmen macht, die, mit entsprechenden Daten gefüttert, eigenständig hinzulernen.“

Studien von Gartner sagen sogar voraus, dass spätestens im Jahr 2020, rund 85% aller Kundeninteraktionen über Chatbots und künstliche Intelligenz gesteuert werden und hierfür keinerlei menschliche Interaktion mehr benötigt wird.

Einer der ersten Vorläufer der heutigen Chatbots war die sprechende Büroklammer „Clippy“ in Microsoft Office, an die sich viele noch ungern erinnern werden. Dieser digitale Assistent wurde von den meistern Nutzern eher als Nervensäge denn als Hilfe empfunden, was ganz einfach daran lag, dass damals noch keine „wirkliche“ künstliche Intelligenz zur Verfügung stand und alle Fragen und Probleme über passende Antworten im Voraus definiert werden mussten. Die aktuelle Chatbot-Generation hingegen nutzt alle Vorteile von KI, was sie zu intelligenten und smarten Programmen macht, die, mit entsprechenden Daten gefüttert, eigenständig hinzulernen. Der Gedanke dahinter ist, dass Applikationen so stets intelligenter werden, sich an neue Herausforderungen anpassen und somit Nutzern die Arbeit fortschreitend erleichtern.

Durch die Einbindung in die Kommunikationskanäle werden Chatbots zu „Action“-Bots, die als zusätzliche Funktion Aktionen ausführen können. Der Kunde kann über die Chatbots beispielsweise eine Probefahrt vereinbaren, den günstigen Preis für eine Reise suchen und buchen oder sich bei Bankgeschäften beraten lassen.

Dabei sind Chatbots nicht nur für den Einsatz im B2C-Segment geeignet, sondern können auch sinnvoll in B2B-Szenarien wie z.B. dem Kundensupport, Produktrecherchen, FAQ, usw. eingesetzt werden.

Dennoch ist der vollständig „autonome“ Chatbot derzeit noch Zukunftsmusik, da er in den meisten Fällen wirtschaftlich betrachtet noch zu kostenintensiv wäre. In den meisten Szenarien gibt es daher ein Zusammenspiel von Chatbot und Mensch: Sollte der Chatbot nicht in der Lage sein, bei einem Anliegen zu helfen oder die Eingaben des Kunden zu verstehen, bietet er in der Regel die Möglichkeit, umgehend an einen „menschlichen“ Ansprechpartner zu übergeben.

Trotz Hang zur Automatisierung ist ein Aspekt in der Kommunikation nach wie vor sehr wichtig: die persönliche und individuelle Kundenansprache. Denn diese ist auch in den neuen Kanälen eine grundlegende Strategie für nachhaltige Kundenbindung. Zudem sind Kunden durch vielfältige Möglichkeiten der Informationsbeschaffung immer besser informiert.

„Die persönliche und individuelle Kundenansprache ist auch in den neuen Kanälen eine grundlegende Strategie für nachhaltige Kundenbindung.“

Dadurch ergeben sich auch höhere Anforderungen an die internen Vertriebsmitarbeiter bezüglich Ansprache und Beratung: Reaktionszeiten verkürzen sich, Prozesse werden zunehmend in die digitale Welt verlagert und Mitarbeiter müssen organisierter, flexibler und kommunikativer sein als bisher.

Ziele für Inside Sales Abteilungen bleiben unverändert

Die direkten Ziele für den Vertriebsinnendienst sind dabei nach wie vor die gleichen geblieben und recht einfach formuliert. Im Direktvertrieb werden pro Mitarbeiter und Abteilungen hauptsächlich Umsatzziele definiert. Dazu kommen weitere quantitative Kennzahlen, wie Anrufe, Anrufdauer oder die Anzahl an qualifizierten Kontakten. Erweitert werden diese Kennzahlen um Größen wie z.B. Anzahl und Dauer von Chats.

Ebenso unverändert sind die Ziele für die Vertriebsunterstützung. Hier stehen die Anzahl der generierten, vertriebsrelevanten Verkaufschancen sowie quantitative Kennzahlen wie z.B. Transformationsquote von Lead zu Kunde, Anzahl der „Prio A“-Kunden oder Anzahl anberaumte Vorort-Termine im Fokus. In Zukunft sind aber auch Kennzahlen interessant, die sich beispielsweise auf die Anzahl der terminierten Webcasts bzw. Websessions beziehen.

Alle Kennzahlen sind unternehmerisch relevant und müssen daher entsprechend überwacht und ausgewertet werden. Die Verwaltung solcher Kennzahlen ist darum ein wesentlicher Bestandteil moderner CRM-Lösungen, da das Arbeiten mit Excel oder anderen „Notlösungen“ den Vertrieb nur unnötig ausbremst.

Durch diese schnelle und effiziente Art der Kommunikation rücken insbesondere bei der Vertriebsunterstützung die Innenvertriebler immer näher an den Kunden bzw. das Projekt heran und die Übergabe an den Vertriebsaußendienst erfolgt später und fließender. Zum Teil auch vom Außendienst übernommen, erhält der Vertriebsinnendienst dadurch mehr Aufgaben und somit innerhalb des Sales-Prozesses immer mehr Gewicht und Größe. Nicht zuletzt deshalb, wird der Informationsaustausch und die Zusammenarbeit zwischen den Bereichen immer wichtiger.

Für ein gut funktionierendes Vertriebsteam sind gut strukturierte, automatisch ablaufende und daher auch gut messbare Workflows extrem wichtig. Feedback in beide Richtungen ist die entscheidende Grundlage, um gemeinsame Vertriebsziele zu erreichen. Denn: Je besser die Vertriebsunterstützung, z.B. durch entsprechend qualifizierte Verkaufschancen und Dokumentation der Kundenkommunikation, umso erfolgreicher ist der Sales Manager im Erreichen von Abschlüssen. vf