Deutsche Unternehmen erkennen laut einer aktuellen McKinsey-Studie in Industrie 4.0 größeres Potenzial als im Vorjahr – vor allem im digitalen Qualitätsmanagement und der Echzeitüberwachung der Fertigung. Unternehmensverantwortliche sehen sich in der Pflicht zur Umsetzung, aber der Fachkräftemangel und das Datenmanagement erweisen sich als große Hemmnisse.

VERANTWORTLICHE in deutschen Unternehmen sind im Vergleich zum Vorjahr deutlich optimistischer, dass sie mit Industrie 4.0 höhere Umsätze und niedrigere Kosten erreichen können: 62% der deutschen Firmen schätzen das Potenzial größer ein als noch vor einem Jahr – ähnlich wie ihre Wettbewerber in den USA (67% optimistischer als noch 2016). In China sind sogar 86% der befragten Unternehmen beim Thema Industrie 4.0 positiver gestimmt; in Japan erweist sich hingegen die Zurückhaltung als nach wie vor sehr hoch (40% optimistischer, 51% pessimistischer).

Im Schnitt erwarten Firmen innerhalb von drei Jahren mehr als 10% Umsatzwachstum und Kosteneinsparung, vor allem durch höhere Produktivität der Mitarbeiter und effizientere Maschinen. Dies ergab eine aktuelle Studie von McKinsey & Company mit dem Titel „Digital Manufacturing – Capturing sustainable impact at scale“. Für die jährliche Analyse wurden bereits zum dritten Mal 400 Entscheider aus der Industrie in Deutschland, USA, China und Japan befragt.

Hype weicht pragmatischen Optimismus

„Wie bei vielen neuen Technologien haben wir auch bei der Digitalisierung der Fertigung einen anfänglichen Hype erlebt. Nach der zwischenzeitlichen Enttäuschung über ausbleibende konkrete Verbesserungen durch Industrie 4.0 überwiegt nun pragmatischer Optimismus“, erläutert Andreas Behrendt, McKinsey-Partner im Kölner Büro. Deutsche Unternehmen sehen sich im internationalen Wettbewerb gut aufgestellt: Fast jede zweite Firma gibt an, mittlerweile eine klare Sicht auf mögliche Anwendungsfelder – wie zum Beispiel vorausschauende Wartung oder intelligente Roboter – und deren Ertrag zu haben. Dies sind mehr als in jedem anderen Land. In einem weiteren Drittel der deutschen Unternehmen gibt es zumindest einen robusten Fahrplan und erste Tests. In vielen Unternehmen ist das Thema Industrie 4.0 auf Vorstandsebene angesiedelt, oft beim Vorstandsvorsitzenden (26%) oder bei einem eigenen Chief Digital Officer (21%).

3D-Druck wird noch selten eingesetzt

Das größte Potenzial sehen Unternehmen vor allem im digitalen Qualitätsmanagement und der Echzeitüberwachung der Fertigung. Mehr als 80% der Befragten halten diese Anwendungen für relevant, in einem Drittel der Firmen werden sie schon genutzt. Fortgeschrittene Technologien wie 3D-Druck werden allerdings erst in jedem fünften Unternehmen eingesetzt.

„Klassische produzierende Unternehmen suchen nach digitalen Lösungen, um produktiver zu werden. Dabei kooperieren sie immer häufiger mit neuen Anbietern wie Technologie-Startups oder spezialisierten Softwarefirmen“, stellt der McKinsey-Experte Behrendt fest. Es gebe aber weiterhin zahlreiche traditionelle Unternehmen, zum Beispiel im Maschinenbau, die nach digitalen Anwendungsfeldern suchen. Die größte Hürde bei der Umsetzung besteht laut der Umfrage darin, die richtigen Fachkräfte zu gewinnen (21%). Fast ebenso häufig genannt werden mangelnde Fähigkeiten bei der Datensammlung und -analyse sowie unzureichende Datensicherheit (18%).

Tipps für die erfolgreiche Industrie-4.0-Transformation

„Viele Unternehmen tun sich schwer damit, erfolgreiche Testprojekte anschließend im ganzen Unternehmen umzusetzen“, berichtet Behrendt. Die Studie identifiziert drei Teilbereiche, mit denen Firmen ihre ganzheitliche Industrie-4.0-Transformation erfolgreich vorantreiben können:

  • Unternehmen sollten spezifisch für ihr Geschäftsfeld den Mehrwert durch Industrie 4.0 verstehen und entsprechende Pilotprojekte festlegen. Diese Projekte sollten dann in einem genauen Fahrplan festgehalten werden, um sich nicht in einzelnen Initiativen zu verzetteln.
  • Wenn der Fahrplan steht, sollten Unternehmen nach möglichen Partnern Ausschau halten, auch im Startup-Umfeld. Agile Arbeitsmethoden und eine intensive Beteiligung der Mitarbeiter sind notwendig, um den Wandel nachhaltig zu machen.
  • Erfolgreiche Vorreiter in Sachen Industrie 4.0 haben gemeinsam, dass der Vorstand sich das Thema zu eigen gemacht hat. Im Unternehmen sollten neue Ideen schnell ausgerollt werden können – zum Beispiel durch entsprechende Budgets – und gezielt Mitarbeiter mit zukünftig wichtigen Fähigkeiten – u.a. Datenanalyse und Robotik – angeworben werden.

Die vollständige Studie ist verfügbar unter diesem Link: https://www.mckinsey.de/files/170628_dm.pdf . hei


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