Start Industrie Studie: Die Industrie sieht den Data Act als Chance

Studie: Die Industrie sieht den Data Act als Chance

Zwei Drittel der von Hewlett Packard Enterprise befragten deutschen Unternehmen betrachtet den Data Act als Chance. Sie wollen die Produktdaten vor allem für Effizienzsteigerung, das Training intelligenter Systeme und für datengetriebene Geschäftsmodelle nutzen. Als Herausforderung gilt der Schutz vertraulicher Informationen.

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©ipopba, istockphoto.com

Entgegen den sehr kritischen Äußerungen von Branchenverbänden im vergangenen Jahr betrachten aktuell zwei Drittel der deutschen Industrie-Unternehmen in Deutschland den EU Data Act eher als Chance, denn als Risiko. 43 Prozent der Befragten bereiten sich bereits auf das Gesetz vor, das im September 2025 zur Anwendung kommt. Allerdings hat die Industrie noch viel Arbeit vor sich, um die Chancen zu nutzen und die Risiken zu minimieren.

Die genannten Zahlen entstammen einer von Hewlett Packard Enterprise (HPE) beauftragten und vom Marktforschungs-Unternehmen YouGov Ende März durchgeführten Umfrage unter 400 Führungskräften in deutschen Unternehmen. Interviewt wurden Geschäftsinhaber/CEOs, Direktoren, Aufsichtsräte und Manager in Betrieben, von denen jeweils ungefähr ein Drittel 50 bis 499, 500 bis 4.999 und über 5000 Mitarbeiter beschäftigt. Die Branchenverteilung umfasst Produktion, Logistik/Transport, Engineering, Bauwirtschaft und IT.

„Jetzt oder nie – der Data Act kann ein entscheidender Schritt sein, um Europa zur führenden Region für die industrielle Datenwirtschaft zu machen“, berichtet Marc Fischer, Vorsitzender der Geschäftsführung bei HPE Deutschland. „Unsere Umfrage zeigt, dass die deutsche Industrie das Potenzial der Verordnung erkannt hat. Um es zu nutzen, müssen sie die Datenwertschöpfung ins Zentrum ihrer Geschäftsstrategie stellen.“ Allerdings gebe es noch viel Aufholbedarf. Nötig sei eine Transformation auf allen Ebenen.

Branchenverbände weniger optimistisch als die EU-Kommission

Der Data Act soll laut EU die Datenwirtschaft in Europa beflügeln, indem er Hersteller von vernetzten Produkten und die Betreiber der damit verbundenen Dienste dazu verpflichtet, die durch Produkte und Dienste generierten Daten den Anwendern zur Verfügung zu stellen. Privatpersonen sowie Unternehmen und Behörden dürfen diese Daten an Dritte weitergeben, die sie mit der Verwertung dieser Informationen beauftragen.

Dieses Datengesetz macht Produktdaten, die bisher allein die Hersteller kontrolliert haben, für die Wirtschaft verfügbar. Die Europäische Kommission erwartet, dass dadurch das EU-Bruttoinlandsprodukt bis 2028 um 270 Milliarden Euro steigt. Zudem soll die Echtzeitanalyse von Daten in den Sektoren Verkehr, Gebäude und Industrie Einsparungen von 10 bis 20 Prozent ermöglichen.

Branchenverbände und CEOs großer Unternehmen haben das geplante Gesetz im vergangenen Jahr scharf kritisiert. Die Verpflichtung zum Datenteilen sei eine Gefahr für die Betriebsgeheimnisse und damit der Wettbewerbsvorteile europäischer Hersteller. Der Data Act drohe daher das Gegenteil von dem zu erreichen, was er beabsichtige.

Daten schaffen die Basis für optimale Prozesse

Die aktuelle Stimmung in deutschen Industrie-Unternehmen sieht allerdings anders aus: laut der HPE-Umfrage sehen zwei Drittel (67 Prozent) den Data Act eher als Chance für ihr Geschäft. Die meisten Befragten (59 Prozent) wollen mit den neu gewonnenen Produktdaten ihre Abläufe optimieren und automatisieren.

So standen zum Beispiel Produktionsleitern die Nutzungsdaten ihrer Maschinen bisher oft nur im Rahmen der Dienste des Herstellers zur Verfügung. Künftig können die Betriebe die Daten der Maschinen von mehreren Herstellern frei miteinander vernetzen. So lassen sich komplette Abläufe mittels eines digitalen Zwillings optimieren um ein Closed-loop Manufacturing aufzusetzen.

Das mit 39 Prozent am zweithäufigsten genannte Einsatzgebiet der Produktdaten ist das Training Künstlicher Intelligenz. Die große Mehrheit der Befragten sieht aktuell in dem Mangel an Daten in ausreichender Quantität, Qualität und Vielfalt eine der größten Barrieren für den erfolgreichen Einsatz intelligenter Systeme (46 Prozent Zustimmung, 45 Prozent teilweise Zustimmung) – entsprechend große Erwartungen haben sie an das Erschließen der Datenquellen. Weitere häufig genannte Einsatzfälle sind das Optimieren der Zusammenarbeit in der Lieferkette (39 Prozent) und der Aufbau datengetriebener Geschäftsmodelle (33 Prozent).


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Vertrauliche und personenbezogene Daten als Herausforderung

Wenig überraschend steht bei den größten Herausforderungen durch den Data Act das Herausfiltern und der Schutz von vertraulichen und personenbezogenen Daten an erster Stelle (41 Prozent) – gefolgt von Rechtsunsicherheiten (38 Prozent). Zudem fürchten die Befragten, dass die Herausgabe der Nutzungsdaten ihrer Produkte ein Reverse Engineering ermöglichen könnte (36 Prozent).

Um die Chancen des Data Act zu nutzen und die Risiken zu minimieren, brauchen Unternehmen Kompetenzen in Bereichen wie Datenstrategie, Daten-Governance, Datensicherheit und Datentechnologie (etwa Daten-Plattformen und Künstliche Intelligenz). HPE hat diese Fähigkeiten in einem Daten-Reifegradmodell abgebildet, dessen Kriterien dazu dienen, die Fähigkeit eines Unternehmens zu bewerten, mit Daten Wertschöpfung zu betreiben. Einige dieser Kriterien wurden auch in der aktuellen Umfrage abgefragt.

Das HPE-Modell umfasst fünf Reifegradstufen, wobei 1 (genannt „Daten-Anarchie“) die niedrigste und 5 (genannt „Daten-Ökonomie“) die höchste ist. Im Schnitt erreichten die befragten Unternehmen einen Daten-Reifegrad von 2,6 – sie befinden sich damit auf der Stufe „Daten-Reporting“. Hier werden Daten vor allem dazu genutzt, rückblickend und periodisch den Erfolg der Geschäftsaktivitäten zu bewerten (etwa Absatzzahlen oder Kundenzufriedenheit). Vom höchsten Reifegrad sind Unternehmen damit noch entfernt. Auf dieser Stufe werden interne und externe Daten strategisch und effektiv für die Wertschöpfung genutzt, zum Beispiel in Form datenbasierter Produkte und Dienstleistungen).

Bislang sagen lediglich jeweils 6 Prozent der Befragten, dass ihre Datenstrategie ein Kernbestandteil ihrer Unternehmensstrategie ist, und dass datengetriebene Produkte und Dienstleistungen für ihr Geschäftsmodell strategische Bedeutung haben. Etwas besser sieht es bei den operativen Datendisziplinen aus. So haben beispielsweise 20 Prozent der Betriebe eine unternehmensweite Daten-Governance. Ebenfalls 20 Prozent nutzen Daten, um mittels vorausschauenden Analysen ihre Prozesse zu optimieren und zu automatisieren. 63 Prozent setzen Künstliche Intelligenz oder maschinelles Lernen ein.

Data Act soll den Cloud-Wettbewerb stärken

Der Data Act will den Wettbewerb im Cloud-Markt stärken und Unternehmen mehr Freiheit geben, die für ihre Daten-Strategie am besten passenden Plattformen auszuwählen und zu kombinieren. Dazu werden die Cloud-Anbieter verpflichtet, ihren Kunden den Wechsel auf andere Cloud-Plattformen zu erleichtern und nach einer Übergangsfrist auch auf Wechselentgelte (insbesondere Datenextraktionsentgelte) zu verzichten. Zudem umfasst der Data Act Maßnahmen, um die Interoperabilität von Cloud-Plattformen zu verbessern.

Laut HPE-Umfrage führen diese Regelungen zu einer erhöhten Wechselbereitschaft der Unternehmen und zu mehr Vielfalt in den Cloud-Umgebungen. Lediglich 16 Prozent der Befragten sehen im Data Act keinen Anlass für Veränderungen ihrer Cloud-Strategie. Der größte Teil der Führungskräfte (46 Prozent) gibt an, dass sich ihr Unternehmen in Richtung einer hybriden Cloud-Strategie entwickeln wird, also einer Kombination mehrerer Cloud-Plattformen mit der eigenen IT-Umgebung. Ungefähr gleiche Anteile an Unternehmen werden mehr Daten und Anwendungen in die Cloud verlagern (36 Prozent) und Daten und Anwendungen in die eigene IT-Umgebung zurückholen (31 Prozent).

Die Umfrageergebnisse decken sich mit der Strategie von HPE. Diese zielt darauf ab, Unternehmen zu helfen, den Wert aller ihrer Daten zu erschließen, unabhängig davon, wo diese erzeugt und gespeichert werden. So ermöglicht es die Hybrid-Cloud-Plattform HPE GreenLake, die passende Plattform für Daten und Anwendungen zu wählen – mit einem einheitlichen Betriebsmodell über mehrere Standorte. Jürgen Frisch